Heftige Kämpfe auch im Süden Gazas, Spitäler am Rande des Kollaps
Israel fliegt nun massive Angriffe auch im Süden des Gazastreifens. Ärzte ohne Grenzen (MSF) fordert eindringlich ein Ende der Belagerung, weil Krankenhäusern die Vorräte ausgehen würden.
Gaza – Israels Armee ist nach eigenen Angaben "ins Herz" von Khan Younis, der größten Stadt im Süden des Gazastreifens, vorgestoßen. Nach Aufforderung der Armee waren Hunderttausende Schutzsuchende aus dem zuvor heftiger umkämpften Norden in den Süden des Gebiets geflüchtet. Im Laufe des vergangenen Tages seien etwa 250 "Terrorziele" angegriffen worden, teilte die Armee am Mittwoch mit. Ärzte ohne Grenzen (MSF) forderte indes ein Ende der Belagerung des Gazastreifens.
Im Al-Aksa-Krankenhaus in der Mitte des Gebiets seien die Vorräte an Treibstoff und medizinischem Material inzwischen auf einem kritischen Niveau, teilte die Hilfsorganisation am Mittwoch auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) mit. Grund dafür seien Straßensperrungen. "Die Belagerung muss aufgehoben werden, medizinische Hilfsgüter müssen dringend in den gesamten Gazastreifen geliefert werden", so Ärzte ohne Grenzen.
Seit Wiederaufnahme der Kämpfe am 1. Dezember sind nach MSF-Angaben täglich durchschnittlich 150 bis 200 Menschen mit Kriegsverletzungen in das Krankenhaus gekommen. "Es gibt derzeit 700 Patienten in dem Krankenhaus, ständig kommen neue. Uns gehen die grundlegenden Vorräte aus, um sie zu behandeln", sagte Nothilfekoordinatorin Marie-Aure Perreaut Revial der Mitteilung zufolge.
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Der Mangel an Medikamenten und Treibstoff könnte dazu führen, dass das Krankenhaus keine lebensrettenden Operationen und intensivmedizinische Behandlungen mehr durchführen könne, warnte die Organisation. Ohne Elektrizität könnten keine Beatmungsmaschinen betrieben werden, keine Bluttransfusionen stattfinden, und die Sterilisation von chirurgischen Instrumenten sei unmöglich. Das Krankenhaus benötige dringend Operationsbesteck, Vorrichtungen, um gebrochene Knochen zusammenzuhalten und grundlegende Medikamente, einschließlich solcher für chronische Krankheiten, so Perreaut Revial.
Israelische Regierung: Hamas verliert Kontrolle über Gebiet
Die israelischen Truppen seien weiter dabei, Waffen, Tunnelschächte, Sprengstoff und weitere militärische Infrastruktur zu lokalisieren, erklärte indes die Armee am Mittwoch in der Früh. Ein Kampfflugzeug habe im Verbund mit den Bodentruppen zwei Raketenabschussrampen getroffen, von denen aus Terroristen ein Sperrfeuer von Raketen auf das Zentrum Israels abgeschossen hätten.
Die israelischen Streitkräfte haben im Gazastreifen nach den Worten von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu inzwischen rund die Hälfte aller Bataillonskommandanten der islamistischen Hamas getötet. Das sagte er auf einer Pressekonferenz am Dienstagabend. Die Hamas verliere allmählich die Kontrolle über den abgeriegelten Küstenstreifen, fügte sein Verteidigungsminister Yoav Galant hinzu.
US-Regierung geht von massiver Bodenoffensive bis Jänner aus
In der US-Regierung wird laut einem Medienbericht davon ausgegangen, dass Israels massive Bodenoffensive im Süden noch bis zum Jänner andauert. Wie der US-Sender CNN unter Berufung auf mehrere ranghohe US-Regierungsbeamte berichtete, könnte Israel demnach in einigen Wochen zu einer "weniger intensiven, stark lokalisierten Strategie übergehen", die auf bestimmte Hamas-Terroristen und -Führer abziele.
Das Weiße Haus sei "zutiefst besorgt" darüber, wie sich die israelischen Operationen in den nächsten Wochen entwickeln werden, wurde ein Beamter zitiert. Die Meinung der Weltöffentlichkeit wende sich zunehmend gegen die gegenwärtige Bodenoffensive, bei der Tausende von Zivilisten getötet werden, berichtete der Sender weiter. Sorge bereiten auch die wachsenden Spannungen im Westjordanland. Als Reaktion darauf erlässt die US-Regierung Einreisebeschränkungen, die sich unter anderem gegen extremistische israelische Siedler richten. Es habe einen alarmierenden Anstieg an Gewalttaten gegeben, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, am Dienstag.
Angeblich mehr als 16.000 Menschen in Gaza getötet
Das UNO-Menschenrechtsbüro beklagte, dass die israelischen Angriffe, die auf zivile Infrastruktur abzielten oder diese träfen, "Anlass zu ernsten Bedenken hinsichtlich der Einhaltung des humanitären Völkerrechts" gebe und "das Risiko von Gräueltaten" erheblich erhöhe. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums sind inzwischen mehr als 16.200 Menschen in Gaza getötet worden. Unabhängig lässt sich dies gegenwärtig nicht überprüfen, die UNO und Beobachter weisen aber darauf hin, dass sich die Zahlen der Behörde in der Vergangenheit als insgesamt glaubwürdig herausgestellt hätten.
Netanyahu kritisierte unterdessen Menschenrechtsorganisationen und die UNO dafür, sich nicht zu den sexuellen Verbrechen der Hamas gegen Frauen geäußert zu haben. Auslöser des Gaza-Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der islamistischen Hamas sowie anderer Terrorgruppen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt hatten. Mehr als 1200 Menschen wurden getötet. Nach neuesten Angaben der israelischen Armee sind derzeit noch 138 Geiseln in der Gewalt der Hamas und anderer extremistischer Gruppen. (APA/dpa)
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