Chance für Tusk

Polen vor Machtwechsel: Regierungschef Morawiecki stellt Vertrauensfrage

Der derzeitige Ministerpräsident Polens Mateusz Morawiecki (l.) der nationalkonservativen PiS-Partei will am Montag die Vertrauensfrage stellen – und wird damit wohl scheitern. Damit ist der Weg für Herausforderer Donald Tusk frei.
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Knapp zwei Monate nach dem Sieg der Opposition bei der Parlamentswahl in Polen geht es voran. Der amtierende Regierungschef Morawiecki will im Parlament die Vertrauensfrage stellen - und dürfte scheitern. Dann schlägt die Stunde von Donald Tusk.

Warschau – Polens amtierender Ministerpräsident Mateusz Morawiecki will am Montag um 10 Uhr eine Regierungserklärung abgeben und am Nachmittag die Vertrauensfrage für sein neues Kabinett stellen. Da die nationalkonservative PiS keine Mehrheit im Parlament hat, dürfte Morawieckis Kabinett bei der Vertrauensabstimmung durchfallen. Dies wiederum macht den Weg frei für einen Machtwechsel in Polen, den die PiS lange hinausgezögert hat. Bereits am Montagabend wird das Parlament voraussichtlich den ehemaligen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk mit der Regierungsbildung beauftragen.

Bei der Parlamentswahl am 15. Oktober hatten drei proeuropäische Parteien der bisherigen Opposition von Tusk eine klare Mehrheit von 248 der insgesamt 460 Sitze im Sejm errungen. Ein Koalitionsvertrag wurde bereits vor Wochen unterschrieben, auch die Ressortverteilung ist geklärt. Die PiS erhielt nur 194 Sitze und hat keinen Koalitionspartner.

Wende für Außenpolitik

Der bevorstehende Regierungswechsel in Warschau dürfte auch eine Wende in der polnischen Außenpolitik bringen. Die PiS lag wegen einer Justizreform im Dauerstreit mit Brüssel. Das Verhältnis zu Berlin befand sich auch wegen Forderungen nach Weltkriegsreparationen in Höhe von 1,3 Billionen Euro auf einem Tiefpunkt. Die drei Oppositionsparteien stehen für einen proeuropäischen Kurs und eine versöhnlichere Politik gegenüber Deutschland. Der 66-jährige Tusk war schon von 2007 bis 2014 Polens Regierungschef.

Jedoch hatte Präsident Andrzej Duda, der aus den Reihen der PiS stammt, den Wechsel lange hinausgezögert. Den Mehrheitsverhältnissen im Parlament zum Trotz hatte er Morawiecki mit der Regierungsbildung beauftragt und dessen Kabinett Ende November vereidigt. Die Verfassung sieht vor, dass der Regierungschef innerhalb von 14 Tagen nach der Vereidigung die Vertrauensfrage im Parlament stellen muss. Dies wird Morawiecki nun mit Ablauf dieser Frist am Montag tun - ein praktisch chancenloses Unterfangen.

Erst wenn Morawiecki mit der Vertrauensabstimmung gescheitert ist, kommt das Parlament an die Reihe. Es kann nun im zweiten Schritt aus seiner Mehrheit heraus eine Regierung bestimmen. Voraussichtlich werden die Abgeordneten des Dreierbündnisses noch am Montagabend den Auftrag zur Regierungsbildung an Tusk vergeben - beim zweiten Durchgang erfolgt die Vergabe nicht durch den Präsidenten.

Tusk stellt am Dienstag Vertrauensfrage

Tusk hat angekündigt, dass er am Dienstagmorgen eine Regierungserklärung abgeben und nachmittags seinerseits die Vertrauensfrage stellen will. Da das Dreierbündnis eine solide Mehrheit hat, wird Tusk die Abstimmung voraussichtlich bestehen.

Danach ist wieder Präsident Andrzej Duda am Zuge - er muss die Regierung Tusk vereidigen. Doch auch hier zeigt sich, dass der Präsident alles mögliche tut, um Tusk Steine in den Weg zu legen. Zwar hieß es aus Dudas Kanzlei dazu am Samstag, der Präsident beabsichtige «keine Verzögerung», die neue Regierung könne daher am Mittwochvormittag vereidigt werden. Doch auch dieses Timing ist ein Schlag gegen Tusk, da das Datum historisch belastet ist. Am 13. Dezember 1981 verhängte das damalige kommunistische Regime in Polen das Kriegsrecht - ein schwarzer Tag in der Geschichte des Landes. (dpa)

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