COP28 endet mit Kompromiss: Klimakonferenz brachte statt Ende Fossiler nur Abkehrbekenntnis
Erstmals ruft die Weltgemeinschaft bei einer UN-Klimakonferenz zur Abkehr von fossilen Brennstoffen auf. Der zuvor von mehr als 100 Staaten geforderte klare Ausstieg („Phase out") kommt in dem am Mittwoch in Dubai verabschiedeten Abschlusstext jedoch nicht vor.
Dubai – Die UNO-Klimakonferenz in Dubai hat mit einem Kompromiss auf ein Schlussdokument ein Ende gefunden, in dem erstmals die Abkehr von den fossilen Energiequellen Kohle, Öl und Gas Erwähnung findet. Der Präsident der COP28, Sultan Al Jaber von den Vereinigten Arabischen Emiraten, bezeichnete die Einigung als „historisch". „Der Hammer ist gefallen, der Beschluss ist gefasst", sagte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne).
📽️ Video | „Übergang" weg von fossilen Energien beschlossen
Der Abschlusstext zum „Global Stocktake" würde die Pariser Klimaziele in Reichweite halten, die Erderwärmung bis 2050 auf 1,5 Grad zu begrenzen. „Wir haben die Grundlage für einen transformativen Wandel", sagte Al Jaber unter dem Beifall der Delegierten. Nach einer zweiten Verhandlungsnacht hatte der COP-Präsident Mittwochfrüh den überarbeiteten zentralen Beschlusstext vorgelegt. Er ruft zu einem „Übergang weg von fossilen Energieträgern in den Energiesystemen" auf und ist damit der erste Beschluss einer UNO-Klimakonferenz, der die Zukunft aller fossilen Energien betrifft – neben Kohle also auch Erdöl und Erdgas.
📽️ Video | Entwurf für die Abschlusserklärung
Inselstaaten fühlen sich übergangen
Die besonders vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Inselstaaten fühlen sich beim Beschluss der Weltklimakonferenz allerdings übergangen. Eine Vertreterin Samoas sagte am Mittwoch vor dem Plenum in Dubai, die Gruppe der Inselstaaten habe sich noch koordinieren müssen und sei nicht rechtzeitig im Raum gewesen, um Stellung zu beziehen.
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres begrüßte den Beschluss der Weltklimakonferenz zur Abkehr von Kohle, Öl und Gas. „Die Wissenschaft sagt uns, dass eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad ohne den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen unmöglich ist. Dies wurde auch von einer wachsenden und breiten Koalition von Ländern auf der COP28 anerkannt", schrieb Guterres auf X, vormals Twitter. „Das Zeitalter fossiler Brennstoffe muss enden – und es muss mit Gerechtigkeit enden."
UNO-Klimachef Simon Stiell würdigte den Beschluss, er reiche jedoch nicht ganz aus. Das Treffen der knapp 200 Staaten habe ein Signal setzen müssen, um dem zentralen Klimaproblem der Menschheit ein hartes Stoppzeichen zu setzen, den fossilen Brennstoffen und deren Verschmutzung, die den Planeten verbrennt, sagte er. „Auch wenn wir das Zeitalter der fossilen Brennstoffe in Dubai nicht beendet haben, ist dieses Ergebnis der Anfang vom Ende."
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sah in dem Ergebnis „eine gute Nachricht für die ganze Welt", da nun ein multilaterales Abkommen vorliegen würde, dass die Emissionsreduzierung bis 2050 auf null beschleunigen würde, „mit dringenden Maßnahmen in diesem kritischen Jahrzehnt", sagte von der Leyen in einer Erklärung. Die EU-Staaten konnten damit jedoch ihre Forderung, eine weltweite Abkehr von allen fossilen Energien zu vereinbaren, nicht gegen den erbitterten Widerstand von Ölstaaten wie Saudi-Arabien durchsetzen, äußerte sich aber dennoch zufrieden. „Zum ersten Mal nach 30 Jahren könnten wir jetzt den Anfang vom Ende der fossilen Energieträger erreichen", sagte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra auf dem Weg in den Plenumssaal.
US-Klimabeauftragter John Kerry gab sich ebenfalls zufrieden über den Beschluss der Weltklimakonferenz, auch wenn sich seine Regierung dazu klarere Formulierungen im Abschlusstext gewünscht hätte. Kerry erinnerte an die Erkenntnisse der Wissenschaft: Um das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel bei der Erderwärmung zu halten, müssen die Menschheit die Emissionen bis 2030 um mindestens 43 Prozent und bis 2035 um 60 reduzieren. Kerry kündigte zudem zusammen mit der chinesischen Delegation an, dass beide Staaten ihre langfristigen Klimaschutzstrategien erneut aktualisieren wollen. China und die USA sind die beiden größten Verursacher klimaschädlicher Treibhausgase.
Macron spricht von „wichtigem Schritt“
Der französische Präsident Emmanuel Macron würdigte den Beschluss als wichtigen Schritt. Die Welt werde an einen Übergang ohne fossile Energien gebunden, indem die Erneuerbaren Energie verdreifacht werden und die Schlüsselrolle der Kernkraft anerkannt werde, schrieb Macron am Mittwoch auf der ehemals als Twitter bekannten Online-Plattform X. „Das ist eine Premiere und ein Fortschritt für das Einhalten des Pariser Abkommens." Macron rief auf: „Lasst uns beschleunigen!"
Gewessler: „Der Hammer ist gefallen"
„Die Welt verabschiedet sich von den fossilen Energien. Das ist ein riesiger Schritt nach vorne", hielt Gewessler in einem ersten Statement nach der erstmaligen Einigung auf den „Umstieg weg von fossilen Energien" fest. Diese Worte würden eine neue Ära im globalen Klimaschutz einleiten, denn erstmals benenne die Weltklimakonferenz die Ursache der Klimakrise konkret und unmissverständlich: „Der Hammer ist gefallen, der Beschluss ist gefasst. Die Welt verabschiedet sich von den fossilen Energien. Das ist ein riesiger Schritt nach vorne", freut sich Klimaschutzministerin Leonore Gewessler nach dem Beschluss. „Nach 28 Weltklimakonferenzen, nach unzähligen Verhandlungstagen ist heute beschlossene Sache: Die Welt muss weg von den fossilen Energien", erklärte die Ministerin die Arbeit der letzten Tage.
Die globale Bestandsaufnahme („Global Stocktake") umfasst neben den deutlichen Entscheidungen zu den fossilen Energien, auch den Beschluss des Fonds für Verluste und Schäden und eine laut Umweltministerium „faire Einigung" bei der Anpassung und entsprechende finanzielle Beiträge von vielen Seiten. Die Allianz für Klimagerechtigkeit, eine Plattform von 27 zivilgesellschaftlichen Organisationen in Österreich, begrüßt zwar den entscheidenden Appell zum Ende der fossilen Energie auf der COP28 und ortete aber auch „gefährliche Scheinlösungen", welche ebenfalls Eingang in den Beschluss gefunden hätten. Die notwendige Unterstützung für besonders von der Erderhitzung betroffene und geschädigte Menschen wird anerkannt, reicht jedoch bei weitem noch nicht für die Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte, die Ziele für Anpassungsmaßnahmen seien „zahnlos".
Greenpeace: „Hoffnungsschimmer am Horizont"
„Die fossile Industrie, die mit ihrem skrupellosen Handeln das Klima zerstört und Menschenleben bedroht, hat ein Ablaufdatum erhalten. Das ist ein wichtiger Schritt nach vorne und ein echter Hoffnungsschimmer am Horizont", zieht Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich Bilanz. Besorgniserregend sei jedoch, dass das Abschlussdokument Schlupflöcher enthält, auch Greenpeace kritisiert, dass so „Scheinlösungen wie der Kohlenstoffspeicherung oder Atomkraft Tür und Tor" geöffnet würde.