Nach wochenlangen Verhandlungen

Haushaltsstreit beendet: Deutsche Ampelkoalition einigt sich auf Budget für 2024

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) haben sich auf einen Haushalt für das Jahr 2024 geeignet.
© IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Die deutsche Koalition aus SPD, Grüne und FDP haben sich nach längerem Ringen auf ein Budget für 2024 geeignet. Unter anderem wird eine Kerosinsteuer für innerdeutsche Flüge angedacht.

Berlin – Die Spitzen der deutschen Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grüne haben in ihren Gesprächen über das Bundesbudget für 2024 eine Einigung erzielt. Wie es am Mittwoch aus Regierungskreisen weiter hieß, ist für 12 Uhr ein Pressestatement im Bundeskanzleramt in Berlin geplant. Durch ein Urteil des Verfassungsgerichts in Karlsruhe vor fast vier Wochen musste im Etat 2024 eine zweistellige Milliardenlücke geschlossen werden.

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Durch ein Urteil des Verfassungsgerichts in Karlsruhe vor fast vier Wochen musste im Etat 2024 eine zweistellige Milliardenlücke geschlossen werden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatten seitdem beraten, wie ein 17 Milliarden Euro großes Loch im Etat für das kommende Jahr gestopft werden kann.

Schuldenbremse als Diskussionspunkte

Die SPD hatte bis zuletzt gefordert, auch im kommenden Jahr die Schuldenbremse auszusetzen. Dies lehnten die Liberalen aber strikt ab. SPD und Grüne hatten gefordert, wegen des Ukraine-Kriegs erneut eine Notlage zu erklären und etwa für die direkten Unterstützungsleistungen des von Russland angegriffenen Lands Kredite aufzunehmen. Dies ist nun vorerst nicht geplant. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll aber noch geprüft werden, Fluthilfen für das Ahrtal ähnlich wie in diesem Jahr auszunehmen.

Außerdem ging es in den Verhandlungen darum, wie Investitionen in den Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft trotz des Urteils möglich gemacht werden können. Denn es fehlen 60 Milliarden Euro im sogenannten Klima- und Transformationsfonds, die für Vorhaben in den nächsten Jahren schon fest eingeplant waren. Allein für das kommende Jahr geht es hier um 13 Milliarden Euro.

Mehrere mit den Plänen Vertraute machten deutlich, die Vorhaben im Klima- und Transformationsfonds (KTF) würden im Wesentlichen weiter finanziert. So sollten etwa Bürger und Unternehmen von den Kosten der Förderung Erneuerbarer Energien entlastet werden und die Hilfen für die Industrie für die grüne Transformation nahezu wie geplant fließen.

Die Karlsruher Richter hatten eine Umwidmung im Etat von 2021 für nichtig erklärt und entschieden, dass die deutsche Regierung Notlagenkredite nicht für spätere Jahre zurücklegen darf.

Am Dienstagvormittag waren Scholz, Lindner und Habeck erneut im Kanzleramt zusammengekommen, nachdem sie ihr Gespräch in der Nacht zuvor zum wiederholten Mal vertagt hatten. Später holten sie die Ampel-Fraktionschefs dazu, gingen selbst in ihre Fraktionen und zogen sich dann wieder im kleinen Kreis ins Kanzleramt zurück. Am Ende war offenkundig eine Nachtsitzung nötig. Die Einigung kam Mittwoch in der Früh, gerade rechtzeitig, damit Scholz um 13 Uhr seine Regierungserklärung abgeben und wohl auch noch am Abend nach Brüssel abreisen kann. Dort findet bis Freitag der EU-Gipfel statt.

Kerosinsteuer für innerdeutsch Flüge steht im Raum

Die Spitzen der deutschen Ampel-Koalition streben zudem laut dpa-Informationen eine Kerosinsteuer für innerdeutsche Flüge an. Zudem sollen Steuervergünstigungen für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft gestrichen werden, der sogenannte Agrardiesel.

Bisher ist im gewerblichen Luftverkehr eingesetztes Kerosin von der Energiesteuer befreit. Betriebe der Land- und Forstwirtschaft können sich einen Teil der für ihren Kraftstoffverbrauch gezahlten Energiesteuer auf Antrag zurückerstatten lassen.

Jost Lammers, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, kritisierte die Pläne zum Kerosin. „Bereits heute hängt Deutschland in der Wiederbelebung des Luftverkehrs seit der Pandemie deutlich hinter fast allen anderen europäischen und außereuropäischen Ländern zurück“, sagte er laut einer Mitteilung. „Die staatlichen Standortkosten in Deutschland sind bereits jetzt die höchsten im europäischen Vergleich. In dieser Situation verteuert die Bundesregierung mit dem nationalen Alleingang einer innerdeutschen Kerosinbesteuerung den Zubringerverkehr zu deutschen Drehkreuzen und verschiebt damit Verkehre ins europäische und internationale Ausland.“

Die Kostenpunkte im Überblick

Schuldenbremse

Die Schuldenbremse soll im nächsten Jahr weitgehend greifen, nachdem sie vier Jahre in Folge ausgesetzt wurde – mit Ausnahme der Folgen der Flutkatastrophe im Ahrtal und einer weiteren möglichen Eskalation des Kriegs in der Ukraine. Für die Fortsetzung des Fluthilfefonds aus 2021 will die Regierung laut Scholz eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse vorschlagen. Dabei gehe es um eine Summe von 2,7 Milliarden Euro. Auch für den Fall einer Verschärfung der Lage im Ukraine-Krieg könnte später eine Notlage nach Artikel 115 des Grundgesetzes erklärt werden.

Klima- und Transformationsfonds

Die Ausgaben des Fonds sollen im nächsten Jahr um zwölf Milliarden Euro und bis 2027 um rund 45 Milliarden Euro gekürzt werden. Insgesamt soll er bis 2027 nun 160 Milliarden Euro betragen.

Kaufprämien für E-Autos laufen früher aus

Die Prämien für den Kauf eines E-Autos sollen früher als bisher geplant beendet werden. Einen Zeitpunkt nannte Habeck nicht. Nach jetzigem Stand würde der sogenannte Umweltbonus bis Ende 2024 laufen.

CO2-Preis soll schneller steigen

Die Ampel will die CO2-Abgabe für Sprit, Heizöl oder Gas schneller als zuletzt geplant anheben. Derzeit beträgt der Preis 30 Euro pro Tonne, ab 2024 soll er nun 45 Euro statt der geplanten 40 Euro betragen. Benzin wird so etwa um 4,5 Cent pro Liter teurer. Die Staatseinnahmen würden so voraussichtlich um gut eine Milliarde Euro höher ausfallen.

Solarförderung wird gekürzt

Habeck will auch bei der Solarförderung kürzen, nannte aber keine Einzelheiten. "Das tut mir weh, aber das ist der Preis dafür, dass die zentralen Bestandteile, die Säulen des Klima- und Transformationsfonds, erhalten bleiben." Dazu gehörten auch die Hilfen für den Austausch von Heizungen.

Klimaschädliche Subventionen

Diese sollen im Umfang von drei Milliarden Euro abgebaut werden. Dazu gehört die Plastikabgabe. Bisher zahlte der Bundeshaushalt 1,4 Milliarden Euro für das umweltschädliche Plastik an die EU. Jetzt sollen die Firmen, die Plastik in Umlauf bringen, die Kosten übernehmen und den Bundeshaushalt so entlasten. Weitere seit Jahren umstrittene Subventionen gelten für Diesel in der Landwirtschaft oder die Steuerfreiheit von Flugbenzin.

Bahn

Aus dem Klima- und Transformationsfonds sollte auch die Sanierung des Schienennetzes der Deutschen Bahn finanziert werden. Bis 2027 sollten rund 12,5 Milliarden Euro daraus fließen. Diese Summe werde jetzt anders aufgebracht. Laut Lindner soll dabei der Verkauf von Bundesbeteiligungen eine Rolle spielen. Die Bahn selbst will ihre Tochter Schenker verkaufen. Weitere Bundesbeteiligungen sind Anteile an der Deutschen Post, Deutschen Telekom oder Uniper. Zusammen sind diese Beteiligungen an der Börse aktuell mehr als 80 Milliarden Euro wert.

Soziales

Lindner kündigte auch Einsparungen im Etat von Arbeitsminister Hubertus Heil in Höhe von 1,5 Milliarden Euro an. Dabei gehe es um eine höhere Treffsicherheit von Sozialleistungen, etwa bei der Vermittlung ukrainischer Geflüchteter in den Arbeitsmarkt. (APA/dpa/Reuters/AFP)

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