Ex-Kanzler Gusenbauer tritt als Strabag-Aufsichtsrat zurück
Der ehemalige SPÖ-Chef und aktuelle Aufsichtsratsvorsitzende der insolventen Signa Holding Alfred Gusenbauer hat am Dienstag bekannt gegeben, dass er als Aufsichtsratsvorsitzender beim Baukonzern Strabag zurücktreten wird. Gusenbauer will damit laut eigener Aussage einen möglichen „Reputationsschaden“ vom Konzern abwenden. Auch sein Mandat im Signa-Holding-Beirat könnte der Ex-Kanzler verlassen.
Wien – Der ehemalige SPÖ-Chef und aktuelle Aufsichtsratsvorsitzende der insolventen Signa Holding, Alfred Gusenbauer, legt sein Mandat aus Aufsichtsratschef des größten österreichischen Baukonzerns Strabag mit Ablauf des heurigen Jahres zurück. Seine Nachfolgerin wird Kerstin Gelbmann, wie die Strabag Dienstagnachmittag mitteilte. Auslöser seien „persönliche Gründe“ im Kontext mit Signa sowie Rücksichtnahme auf seine Gesundheit.
In einer „persönlichen Erklärung“ meinte Gusenbauer: „Die öffentliche Diskussion über einzelne in Schieflage geratene Signa Gesellschaften, deren Aufsichtsratsvorsitzender ich bin, veranlasst mich, das Aufsichtsratsmandat und damit auch den Vorsitz der Strabag SE per 31.12.2023 zurückzulegen. Ich will vermeiden, dass irgendein Reputationsschatten auf die Strabag fällt, die im Übrigen keine besonderen Geschäftsbeziehungen mit der Signa unterhält.“
Weiters hielt der SPÖ-Chef schriftlich fest: „Außerdem fühle ich mich auch gesundheitlich nicht in der Lage, dem enormen Druck und der Verantwortung, die damit verbunden sind, standzuhalten.“ Er bedanke sich bei den Aktionären der Strabag, „die mir über 13 Jahre ihr Vertrauen geschenkt haben“ und wünsche Kerstin Gelbmann „viel Glück und Erfolg“.
Wohl auch Rücktritt von Signa Mandat
Laut einem Bericht der Kronen Zeitung vom Dienstagabend wird Gusenbauer wohl auch aus dem Beirat der Signa Holding ausscheiden. Eine Bestätigung seitens des Sanierungsverwalters gab es auf APA-Anfrage dazu noch nicht.
Honorare über sieben Millionen Euro
Das Engagement von Gusenbauer bei der Signa des Tiroler Investors René Benko war zuletzt mehr als umstritten, erst recht als das Magazin "News" berichtete, dass der Ex-SPÖ-Chef für die Jahre 2020 bis 2022 Beraterhonorare in Höhe von gut 7 Mio. Euro in Rechnung gestellt habe. Für Florian Beckermann, Vorstand des Interessenverbands für Anleger (IVA), nimmt Gusenbauer mit seinem Schritt Druck von der Strabag im Kontext mit der Signa - denn beim Reich von Benko sein man erst am Anfang der Aufklärung.
Gusenbauers Nachfolgerin Gelbmann habe jedenfalls Aufsichtsratserfahrung und sei der Gruppe rund um Strabag-Gründer Hans Peter Haselsteiner - der auch an der Signa beteiligt ist - und dem Sanierer Erhard Grossnigg zuzurechnen. Letzterer ist seit kurzem Sprecher des Vorstandes in den beiden aktuell nicht insolventen Benko-Immobiliengesellschaften Signa Prime Selection und in Signa Development Selection.
Heute war auch bekannt geworden dass der umstrittene russische Strabag-Großaktionär Oleg Deripaska seinen 27,8-Prozent-Anteil an der Strabag an eine russische Aktiengesellschaft namens Iliadis JSC übertragen hat. Der Vorstand der Strabag sei heute darüber informiert worden, dass ein Kaufvertrag über sämtliche Anteile der von Deripaska kontrollierten MKAO "Rasperia Trading Limited" (Rasperia) abgeschlossen worden sei, teilte der Konzern mit. Für Kleinanleger-Vertreter Beckermann sind hier noch einige Fragen offen, aber immerhin sei es das erste Mal, "dass wir einen aktiven Schritt von Deripaska sehen", sagte er zur APA.
Gusenbauer war nicht einmal zwei Jahre Bundeskanzler als er 2008 seinen Hut nahm. Innerparteilicher Druck zwang den Niederösterreicher, das Heft an Werner Faymann zu übergeben. Gusenbauer, Jahrgang 1960, startete in den 80er-Jahren eine klassische Parteikarriere. 1984 bis 1990 legte er als Vorsitzender der Sozialistischen Jugend die Basis für seine spätere Rolle und schuf sich das politische Standbein. Das berufliche Standbein bildete daneben die SP-dominierte Arbeiterkammer Niederösterreich, für die der Doktor der Politikwissenschaft lange Jahre tätig war. (APA)