Angriffe auch aus dem Libanon

Israel setzt Angriffe im Gazastreifen fort

Israels Angriffe auf den Gazastreifen gehen mit unverminderter Härte weiter. Sonntag kam es zudem zu Gefechten an der Grenze zum Libanon.
© MENAHEM KAHANA

Auch am Sonntag setzt die israelische Armee ihre Angriffe gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen mit unverminderter Härte fort. Während US-Präsident Joe Biden mehr Schutz für die Zivilbevölkerung in Gaza fordert, wird der Krieg laut Israels Regierungschef Netanyahu noch „lange“ dauern.

Jerusalem, Gaza – Die israelische Armee setzt ihre Angriffe gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen mit unverminderter Härte fort und konzentriert sich dabei zunehmend auf den Süden des Gebiets. Nach den Kämpfen in der Stadt Gaza im Norden würden die Haupteinsätze nun „auf eine andere Bastion der Hamas, Chan Junis“, ausgerichtet, sagte Armeesprecher Jonathan Conricus dem US-Sender Fox News. Regierungschef Benjamin Netanyahu erklärte am Sonntag, der Krieg werde noch „lange" dauern.

Auch wenn sich die israelischen Einsätze jetzt auf den Süden des Gazastreifens konzentrierten, würden die Kämpfe auch im Norden weitergehen, „vielleicht mit einer geringeren Intensität“, sagte Conricus. Netanyahu sagte in einer Sitzung seines Kabinetts: „Der Krieg wird lang sein.“ Er räumte zugleich ein, dass der Krieg von Israel „einen sehr hohen Preis“ fordere.

Zahlreiche Tote zu vermelden

„Das ist ein sehr schwieriger Morgen nach einem sehr schwierigen Tag der Kämpfe in Gaza", sagte Netanyahu am Sonntag unter Bezug auf die von der israelischen Armee zuletzt erlittenen Verluste. „Aber wir haben keine andere Wahl, als weiter zu kämpfen“. Israel werde „mit voller Kraft bis zum Ende weitermachen, bis zum Sieg, bis wir alle unsere Ziele erreicht haben“.

Zuvor hatte die israelische Armee mitgeteilt, dass allein seit Freitag 14 ihrer Soldaten im Gazastreifen getötet worden seien. Zehn von ihnen seien am Samstag getötet worden - eine der höchsten Zahlen eines einzigen Tages seit dem Beginn des israelischen Bodeneinsatzes in dem Palästinensergebiet am 27. Oktober. Insgesamt wurden den israelischen Angaben zufolge seit Kriegsbeginn 153 Soldaten im Gazastreifen getötet.

Die Hamas meldete am Sonntag neue israelische Angriffe im Gazastreifen. Dabei seien sowohl Jabalija und die Stadt Gaza im Norden als auch Chan Junis im Süden getroffen worden. Die israelische Armee teilte mit, sie habe in den vergangenen 24 Stunden 200 Ziele im Gazastreifen angegriffen. Bei der Durchsuchung einer nahen Schule, einer Moschee und Klinik gelegenen Anlage seien unter anderem speziell für Kinder angepasste Sprengstoffgürtel sowie hunderte Granaten gefunden worden.

Islamischer Jihad zu Gesprächen in Ägypten

Eine Delegation der Terrororganisation Islamischer Jihad ist Medienberichten zufolge zu Gesprächen über den Gaza-Krieg in Ägypten eingetroffen. Der staatsnahe ägyptische Fernsehsender Al-Kahira News berichtete am Sonntag auf X (ehemals Twitter), dass auch der Anführer, Ziad Al-Nakhaleh, dabei sei.

Die Gruppe Islamischer Jihad hatte sich an dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas am 7. Oktober auf Israel beteiligt und nach eigenen Angaben auch Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Hamas-Anführer Ismail Hanija war zuvor bereits mit einer Delegation zu Gesprächen in Ägypten. Arabischen Medien zufolge ist er am Samstag wieder zurück nach Katar gereist. Er ist eine der wichtigsten Führungsfiguren der Hamas und lebt in Katar.

Unter der Vermittlung Katars, Ägyptens und der USA hatten sich Israel und die islamistische Hamas Ende November auf eine mehrtägige Feuerpause im Gaza-Krieg geeinigt, was zur Freilassung von Geiseln und zur Entlassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen führte.

Biden verlangt mehr Schutz der Zivilbevölkerung

US-Präsident Joe Biden rief unterdessen Israel erneut zum Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung auf. Nach Angaben des Weißen Hauses unterstrich Biden in einem Gespräch mit Netanyahu die "Notwendigkeit", die Zivilbevölkerung zu schützen und den Menschen zu erlauben, sich vor den Kämpfen in Schutz zu bringen. Auch müssten jene geschützt werden, die an humanitärer Hilfe für das Palästinensergebiet beteiligt seien.

Netanyahus Büro erklärte zu dem Gespräch mit Biden, der israelische Regierungschef habe klar gemacht, dass Israel den Krieg fortsetzen werde, „bis alle Ziele erreicht“ seien.

Der UN-Sicherheitsrat hatte am Freitag in einer Resolution zum Gazakrieg gefordert, eine „sichere und ungehinderte Lieferung von humanitärer Hilfe in großem Umfang“ zu ermöglichen. Ein direkter Aufruf zu einer Feuerpause fehlt aber in dem Text, über den tagelang intensiv verhandelt worden war.

Rund 50.000 Schwangere im umkämpften Gazastreifen

Im Gazastreifen leben nach UN-Schätzungen gegenwärtig rund 50.000 Schwangere. Es gebe jeden Tag mehr als 180 Geburten, teilte das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA am Sonntag auf der Plattform X mit.

Die Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist vielerorts sehr schlimm. Menschen kampieren in provisorischen Zeltlagern oder im Freien, bei zunehmend schlechtem Wetter.

Nach Angaben des UN-Nothilfebüros sind im Gazastreifen inzwischen mehr als 1,9 Millionen Menschen Binnenflüchtlinge, also etwa 85 Prozent der Bevölkerung. Viele davon haben in überfüllten UNRWA-Einrichtungen Schutz gesucht.

Neuer Beschuss an Libanons Grenze

An Israels Grenze zum Libanon ist es zudem am Sonntag ebenfalls erneut zu gegenseitigem Beschuss gekommen. Es seien mehrere Geschosse vom Libanon aus auf Israel abgefeuert worden, teilte die israelische Armee mit. Das Militär habe mit Artillerie- und Panzerfeuer auf die Orte reagiert, von denen aus geschossen worden sei. Zuvor habe ein israelischer Kampfjet Infrastruktur der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah angegriffen. (APA, dpa)

Verwandte Themen