Inhaltliche Einigung über Fünfer-Koalition in Südtirol erzielt
In den kommenden Tagen sollen Gespräche über Größe der Landesregierung, Zuständigkeiten sowie der Ressortverteilung erfolgen.
Bozen – In Südtirol wurden am Donnerstagabend die Koalitionsverhandlungen zwischen der Südtiroler Volkspartei (SVP), den Freiheitlichen, den postfaschistischen Fratelli, der rechten Lega und der Bürgerliste La Civica abgeschlossen. Bei den Sachthemen konnte eine Einigung erzielt werden.
Bereits am Montag will der Parteiausschuss der SVP über das heftig kritisierte Bündnis abstimmen. Mit einer im Koalitionsabkommen verankerten Präambel will Landeshauptmann Arno Kompatscher auch die Kritiker in den eigenen Reihen überzeugen, die der Koalition mit der extremen Rechten ablehnend gegenüberstehen. Werte wie Europa, die Autonomie, Nachhaltigkeit und Nicht-Diskriminierung gelten für die SVP als unverrückbar. Die Landesregierung könnte von acht auf neun oder elf Mitglieder aufgestockt werden.
Die Verhandlungen dauerten rund einen Monat lang und hatten sich zuletzt etwas in die Länge gezogen. Eigentlich hatte man ursprünglich vor Weihnachten fertig sein wollen, doch gab es offenbar noch einige schwere Verhandlungsbrocken, die zur Seite geräumt werden mussten.
Der Landtag muss jedenfalls fristgerecht einberufen werden. Für den 16. Jänner ist die Wahl von Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) im Landesparlament avisiert.
Das angestrebte Bündnis hatte der "Sammelpartei" SVP zuletzt einigen Gegenwind aus der Zivilgesellschaft eingehandelt. 224 Wissenschafter der autonomen Provinz waren mit einem "Offenen Brief" gegen die Koalition mit den Rechtsparteien auf die Barrikaden gegangen. Auch rund 200 Künstlerinnen und Künstler wandten sich gegen eine Regierungsbeteiligung von Fratelli d'Italia, der Partei von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Die SVP-Parteibasis schien aber mehrheitlich hinter dem Kurs von Kompatscher und Obmann Philipp Achammer zu stehen.
Präambel als Teil des Koalitionsabkommens
Kompatscher war bemüht, den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen bzw. sie zu beruhigen. Er betonte unter anderem, dass es an der SVP liege, "dafür zu garantieren, dass eine Koalition eine klare Ausrichtung der Mitte hat." Man sei schließlich die Partei, die "die Mitte vertritt und deren Politik eindeutig mittig ist."
Teil des Koalitionsabkommens soll zudem eine Präambel sein, in der sich die Partner zu Werten wie Europa, Autonomie, Nachhaltigkeit und Nicht-Diskriminierung bekennen. Die Präambel sowie die Autonomie-Frage - Südtirol will sich hier verloren gegangene Kompetenzen aus Rom zurückholen - sollen unter anderem noch zu lösende Knackpunkte im Verhandlungsfinale gewesen sein, von dem inhaltlich wenig bis nichts nach außen drang. Auch die parteiintern nicht gerade einigen Freiheitlichen dürften vehement auf ihre Kernforderungen, vor allem im Migrations- und Sicherheitsbereich, gedrängt haben, vernahm man.
Die SVP-Gremien hatten sich Anfang Dezember mehrheitlich für die Mitte-Rechts-Variante und gegen eine solche links der Mitte ausgesprochen. Kommt es zu einem positiven Abschluss der Verhandlungen, weist das neue Bündnis 19 von 35 Mandaten im Südtiroler Landtag auf und verfügt damit über eine deutliche Mehrheit. Von vornherein war klar gewesen: Die "Sammelpartei" braucht nach ihrer Niederlage bei der Landtagswahl Ende Oktober zwei weitere Koalitionspartner, um auf eine Landtagsmehrheit zu kommen bzw. jedenfalls auch einen deutschsprachigen Partner. Ein Novum in der Südtiroler Geschichte. Zuletzt regierte man nur mit der Lega. Dass eine italienischsprachige Partei bzw. deren Proponenten in einer Landesregierung vertreten sind, ist ohnehin zwingend vorgeschrieben.
Bei der Landtagswahl am 22. Oktober hatte die Südtiroler Volkspartei eine empfindliche Niederlage erlitten und war nur noch auf 34,5 Prozent (2018: 41,9 Prozent) und 13 von 35 Mandaten im Landesparlament gekommen. Hinter der SVP den zweiten Platz eroberte das Team K, nach dem Überraschungserfolg bei der letzten Wahl. Die Gruppierung landete bei 11,1 Prozent und vier Mandaten. Einer der deutlichen Gewinner dieser Wahl war die Oppositionspartei Süd-Tiroler Freiheit. Sie kam bei 10,9 Prozent auf dem dritten Platz zu liegen (2018: 6 Prozent) und zählt damit vier statt bisher zwei Mandate. (pn, APA)