Paukenschlag in Paris

Frankreichs Premierministerin Elisabeth Borne tritt zurück – Nachfolge offen

Das Kabinett der französischen Premierministerin Élisabeth Borne ist am Montag zurückgetreten. Ein herber Schlag für Präsident Emmanuel Macron. Wann eine neue Regierung steht und wer sie anführt ist derzeit noch unklar.
© ALAIN JOCARD

Der Streit um das Immigrationsgesetz in Frankreich setzte auch dem Regierungslager von Präsident Macron zu. Nach internen Querelen tritt die Regierung nun zurück. Macron will wohl mit neuen Gesichtern weitermachen.

Paris – Die französische Mitte-Regierung von Premierministerin Élisabeth Borne ist zurückgetreten. Das teilte der Präsidentenpalast in Paris am Montag mit. Es war erwartet worden, dass Präsident Emmanuel Macron nach den jüngsten Schwierigkeiten mit dem Immigrationsgesetz die Regierung neu aufstellt. Wann eine neue Regierung steht und wer sie anführen wird, war zunächst unklar. Borne hatte das Amt der Premierministerin seit Mitte Mai 2022 inne.

Der Streit um das Immigrationsgesetz Mitte Dezember hatte Macron unter Druck gesetzt. Das Schlüsselvorhaben Macrons wurde in einer Zitterpartie verabschiedet, nachdem die Regierung den konservativen Républicains massive Zugeständnisse gemacht hatte. Der verschärfte Gesetzestext sorgte aber für heftige Spannungen innerhalb des Macron-Lagers. 20 Abgeordnete aus Macrons Reihen stimmten gegen den Text, 17 enthielten sich. Gesundheitsminister Aurélien Rousseau trat im Anschluss zurück. Gerüchten zufolge hatten vor dem Votum auch weitere Kabinettsmitglieder des linken Flügels erwägt, die Regierung wegen des Textes zu verlassen.

Kandidaten stehen in den Startlöchern

Wer Borne nachfolgt ist noch offen. Als Favorit gilt Bildungsminister Gabriel Attal. Bei einer Ernennung wäre der 34-Jährige der jüngste Regierungschef Frankreichs. Der aufstrebende Politiker ist ein enger Vertrauter Macrons und hatte schon mehrere Posten in der Regierung inne. Er wäre außerdem der erste offen homosexuelle Premierminister Frankreichs.

Gabriel Attal gilt als möglicher Nachfolger von Premierministerin Elisabeth Borne.
© LUDOVIC MARIN

Attal ist mit Stéphane Séjourné, dem Fraktionsvorsitzenden der liberalen Gruppe Renew Europe im Europaparlament, liiert. Borne war nach Edith Cresson, die 1991 für ein knappes Jahr im Amt war, erst die zweite Frau an der Spitze der französischen Regierung.

Im Gespräch sind auch der ehemalige Landwirtschaftsminister Julien Denormandie und Verteidigungsminister Sébastien Lecornu, beide ebenfalls Vertraute des Präsidenten. Während Lecornu und Denormandie als enge, aber diskrete Vertraute des Präsidenten gelten, könnte der weithin beliebte Attal mittelfristig ein Konkurrent für Macron werden. Macron hatte sich von seinem ersten Premierminister Edouard Philippe getrennt, als dieser in Umfragen beliebter wurde als er selber.

Es wird damit gerechnet, dass der nächste Premierminister auch zahlreiche Kabinettsmitglieder auswechselt, unter ihnen auch Außenministerin Catherine Colonna. Macron blickt auf ein schwieriges Jahr zurück, in dem seine Regierung eine äußerst unpopuläre Rentenreform durchsetzte und im Sommer mit Unruhen wegen der Tötung von Jugendlichen durch Polizisten konfrontiert war. (Apa, dpa)

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