Duell der Weltmächte

Wahlen in Taiwan: China blickt mit Argusaugen auf die Insel

Taiwans Vizepräsident und Präsidentschaftskandidat der regierenden Fortschrittspartei (DPP), William Lai, warf Peking Einmischung in die Wahlen vor.
© AFP/Cheng

In Taiwan geht es auch um das Duell der beiden Weltmächte USA und China, das die Inselrepublik für sich beansprucht.

Taipeh – Taiwan ist etwa so groß wie das deutsche Bundesland Baden-Württemberg, doch die Präsidenten- und Parlamentswahl in dem Inselstaat vor Festlandchina ist weltpolitisch von großer Bedeutung. Wie die Menschen kommenden Samstag in dem Land mit mehr als 23 Millionen Einwohnern abstimmen, wird das schwierige Verhältnis zwischen den beiden Weltmächten USA und China stark beeinflussen und entscheiden, ob die bereits erheblichen Spannungen in der Region zunehmen. Fast täglich fliegen jetzt schon chinesische Kampfjets Richtung Taiwan. China demonstriert damit militärische Macht vor der Insel, die es für sich beansprucht.

Die Taiwan-Frage hat schon mehrfach für Krisenstimmung zwischen den China und den USA gesorgt: Staats- und Parteichef Xi Jinping hat die Wiedervereinigung mit der Insel zu einer seiner Prioritäten erkoren. Auf der anderen Seite haben sich die USA, die wie andere westliche Länder Taiwan nie als eigenständigen Staat anerkannt haben, der Verteidigungsfähigkeit der Insel verpflichtet. Sie liefern Waffen und lehnen jede gewaltsame Veränderung des Status quo ab. US-Präsident Joe Biden hat sogar zugesichert, Taiwan im Konfliktfall bei der Verteidigung zu helfen. Aus US-Sicht hat die Insel im Indopazifik eine strategisch wichtige Lage, auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Taiwan ist einer der größten Hersteller von Halbleitern für die Elektroindustrie und die Meerenge zwischen China und Taiwan ist weltweit eine der wichtigsten Handelsrouten.

China betont zwar, eine friedliche Wiedervereinigung zu wollen, droht aber, diese auch mit Gewalt zu erzwingen. Das könne eintreten, falls Taiwan offiziell seine Unabhängigkeit erklären würde, heißt es.

Bei der Wahl in Taiwan haben drei Parteien eine echte Siegeschance. Für die regierende Demokratische Fortschrittspartei (DPP), die für eine Unabhängigkeit Taiwans steht, kandidiert William Lai um das Präsidentenamt. Im Wahlkampf konzentrierte er sich auf die Gefahr durch China. Eine offizielle Unabhängigkeitserklärung hält er jedoch nicht für nötig. Die bisherige Präsidentin Tsai Ing-wen darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Vergangenen Dienstag warf Lai China offen „Einmischung“ vor. Peking habe „zu allen Mitteln gegriffen, um diese Wahl zu stören“, erklärte er. Neben „politischer und militärischer Einschüchterung“ setze China auf „wirtschaftliche Mittel“ sowie „Desinformation“ und „Drohungen“. Er warnte die Wähler vor einer Situation wie in Hongkong, wo Peking seinen Einfluss drastisch ausgeweitet hat. „Wir dürfen uns keine Illusionen über den Frieden machen“, sagte Lai. Das Ein-China-Prinzip zu akzeptieren, sei „kein echter Frieden“. Die DPP ist den kommunistischen Machthabern in Peking jedenfalls ein Dorn im Auge.

Aus der Opposition machen die chinafreundliche konservative Kuomintang (KMT) und die erst 2019 gegründete Taiwanische Volkspartei (TPP) Lai wohl am meisten Konkurrenz. KMT-Kandidat Hou Yu-ih will die Demokratie in Taiwan verteidigen, aber nicht die Unabhängigkeit erklären. Die TPP schickt Ko Wen-je ins Rennen. Er sieht Taiwan als Brücke zwischen China und den USA und hat baut damit auf einen diplomatischeren Ansatz. In einer letzten Umfrage der Zeitung United Daily News führt der bisherige Vizepräsidenten Lai noch mit 32 Prozent der Stimmen vor dem Konkurrenten der Kuomintang-Kandidaten (27 Prozent). Ko Wen-je von der TPP kam demnach auf 21 Prozent. Taiwan wählt auch ein neues Parlament. Bisher hatte die DPP dort die absolute Mehrheit. Wahlberechtigt sind 19,5 Mio. Menschen im In- und Ausland. (TT, dpa)

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