Blinken auf Nahost-Besuch

Was kommt nach dem Krieg? Zukünftige Rolle der Hamas bleibt umstritten

Wütende palästinensische Demonstranten empfingen US-Außenminister Blinken gestern in Ramallah. Die USA decken weiterhin Israels Krieg gegen die Hamas.
© AFP/Longari

Ramallah – Während der Gaza-Krieg weiter tobt, arbeiten die USA längst an einem Plan für die Zeit danach. Die aktuelle Nahost-Reise von US-Außenminister Antony Blinken dient dem Bemühen, alle wichtigen Akteure der Region an Bord zu bringen. Gestern besuchte der Minister den Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas. Auf seinem Reiseplan stehen insgesamt fast ein Dutzend Länder.

Die US-Regierung will, dass nach dem Krieg die Autonomiebehörde von Abbas eine führende Rolle im Gazastreifen übernimmt, unterstützt vermutlich durch eine internationale Truppe. Damit hätten die Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen wieder eine gemeinsame politische Struktur – was als Voraussetzung für einen eigenen Staat gilt.

Es gibt aber noch große Hürden. Die israelische Regierung von Premier Benjamin Netanjahu lehnt einen Palästinenserstaat ab. Sie will auch nicht, dass die Autonomiebehörde in den Gazastreifen zurückkehrt. Und sie hat angekündigt, selbst die Sicherheitsverantwortung in der Palästinenser-Enklave zu behalten. Einen konkreten Plan hat sie nicht vorgelegt.

Blinken sieht keine Zukunft für Hamas, Experten zweifeln

Ungeklärt ist auch die Frage nach der Zukunft der Hamas. Israel hat das Kriegsziel ausgegeben, die Terrororganisation zu zerstören. Auch Blinken hat gegenüber der Hamas-freundlichen Türkei klargestellt, dass für die Islamisten keine Rolle vorgesehen ist. Aber Experten bezweifeln, dass es möglich ist, die Hamas mit militärischen Mitteln auszulöschen. Selbst wenn es gelingt, ihre Führungsebene und den militärischen Arm zu zerschlagen, bleiben die Ideologie sowie Zehntausende Mitglieder und Sympathisanten ein Faktor.

Ohne Aussöhnung mit der Hamas werde es der Autonomiebehörde schwerfallen, den Gazastreifen zu regieren, zitierte die New York Times den palästinensischen Analysten Jehad Harb. Das dürfte aber für Israel tabu sein. Und auch die arabischen Staaten sollen intern noch nicht einig sein, was die Strategie betrifft. Vorläufig fordern sie vor allem einen Waffenstillstand.

Die USA decken vorläufig weiter Israels Krieg gegen die Hamas. Zugleich versuchen sie, die Kämpfe und die humanitäre Krise einzudämmen. Blinken zufolge hat Netanjahu einer UNO-Mission zugestimmt. Diese solle die Lage im nördlichen Gazastreifen bewerten sowie festlegen, „was getan werden muss, damit vertriebene Palästinenser sicher in ihren Norden zurückkehren können“.

Blinken will Israel außerdem aufgefordert haben, „keine Maßnahmen mehr zu ergreifen, die die Fähigkeit der Palästinenser untergraben, sich selbst zu regieren“. Ein Hinweis darauf, wie sehr die aktuelle Kriegsführung und die Frage nach der Zukunft zusammenhängen.

Raketenhagel im Roten Meer

Sanaa – Die Houthi-Rebellen im Jemen verstärken ihre Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer. Einheiten der USA und Großbritanniens hätten am Mittwoch 21 Drohnen und Raketen abgeschossen, die in Richtung Schifffahrtsrouten abgefeuert worden seien, teilte das US-Militär mit. Demnach handelte es sich um den 26. Angriff der Houthis.

Zehn Prozent des Welthandels laufen über das Rote Meer. Um die Route zu schützen, haben die USA, Großbritannien und acht weitere Länder Kriegsschiffe in die Region beordert.

Großbritanniens Verteidigungsminister Grant Shapps drohte den Houthis gestern mit Konsequenzen, falls sie die Angriffe fortsetzen. „Wir werden die nötigen Maßnahmen ergreifen, um unschuldige Leben und die weltweite Wirtschaft zu schützen“, schrieb er auf X.

Wenig später teilte ein Houthi-Sprecher mit, es sei ein weiteres amerikanisches Schiff angegriffen worden. Details blieben zunächst unklar. Die Rebellen erklären die Angriffe als Solidarität mit den Palästinensern. (TT, dpa, APA)

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