Doppelmord-Prozess in Graz: Oberösterreicher vor Gericht
Gleich zwei Leben soll ein 29-jähriger Oberösterreicher im April 2023 in Graz ausgelöscht haben: Nachdem er seine Lebensgefährtin durch Messerstiche getötet haben soll, raste er in - laut Anklage suizidaler Absicht - gegen einen Pkw, dessen Lenker starb. Am Freitag musste er sich vor einem Geschworenensenat verantworten. Sein Verteidiger sah eine "Tötungshandlung im Affekt" und "grob fahrlässiger Tötung", er nannte als Motiv seine Enttäuschung über seine Freundin.
"Am 22. April 2023 hat er zwei Leben beendet", stellte Staatsanwältin Katharina Tauschmann zu Beginn ihres Eröffnungsplädoyers fest. Sie beschrieb, wie die Beziehung des Mannes zu seiner Freundin "auf der Kippe gestanden ist". Als sie zu ihm sagte, er könne sofort gehen, kam es zur Eskalation. Laut Anklägerin habe es sich um eine Situation gehandelt, die für einen Femizid typisch sei: "Der Mann ist in einer emotionalen Trennungssituation, gekränkt, wütend, überfordert. Weil er die Trennung nicht akzeptieren konnte, musste sie sterben".
Zum Streit war es gekommen, weil der 29-Jährige immer wieder eifersüchtig auf einen anderen Mann war. Er hatte seine Lebensgefährtin Anfang 2023 als Domina in einem Laufhaus kennengelernt und zu ihr dann auch eine private Beziehung aufgebaut. Die beiden wohnten zusammen und hatten ein seinen Neigungen entsprechendes Verhältnis, in dem sie der bestimmende Teil war. Als es zum Streit kam wegen ihrer Kontakte zu anderen Männern, eskalierte die Situation. Er holte ein Küchenmesser und soll immer wieder auf sie eingestochen haben. Anschließend setzte er sich in sein Auto und krachte nach kurzer Fahrt mit hoher Geschwindigkeit gegen einen entgegenkommenden Pkw.
"Die Fakten können sehr unterschiedlich gesehen werden, es kommt auf die Perspektive an", meinte Verteidiger Gerald Ruhri. "Er ist kein Mörder, er hat aus einem Affekt heraus gehandelt", war der Jurist überzeugt. Die Beziehung der beiden sei geprägt gewesen von "Überordnung und Unterordnung", aber "sie war der Mittelpunkt seines Lebens".
Der Angeklagte fühlte sich schuldig des Totschlags im Affekt und der grob fahrlässigen Tötung. Er erzählte stundenlang von seinem Verhältnis zu der Frau und betonte, dass es weit mehr als nur eine BDSM-Beziehung gewesen sei. Er selbst dachte schon an Heirat, doch dann - drei Wochen nachdem er zu ihr gezogen war - kriselte es in der Beziehung. Am frühen Morgen des 22. April hatte er eine Panikattacke, doch er bekam nicht die gewünschte Unterstützung: "Nicht mein Problem, mir geht es selber Scheiße", soll sie gesagt haben. "Ich war einfach voll enttäuscht", beschrieb er seine Gefühle. Nach einem kurzen Gerangel schrie sie ihn an, er solle gleich verschwinden. "Ich wollte nur weg", meinte er, doch dann sah er das Messer. Ich hab' dann auf sie eingestochen, wohin, kann ich nicht sagen", schilderte er.
Als er realisierte, dass er sie getötet hatte, kam ihm der Gedanke "damit kann ich nicht leben". Also stieg er ins Auto und wollte nach seinen Angaben im Plabutschtunnel gegen eine Wand fahren. Doch dazu kam es nicht, denn schon kurz nach Beginn der Fahrt krachte er mit 130 km/h frontal gegen einen entgegenkommenden Pkw. Nicht mit Absicht, wie er betonte, er konnte nur den Arm wegen einer Verletzung nicht mehr bewegen.
Für den Nachmittag war noch die Befragung einiger Zeugen geplant, möglicherweise auch die Gutachtenerstattung des Verkehrssachverständigen und der Gerichtspathologin. Mit weiteren Gutachten wird dann am 26. Jänner fortgesetzt.