Verschuldung junger Menschen bereitet Plakolm Sorgen
Im letzten Jahr der Schwarz-Grünen Regierung will Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) mehrere Digital-Initiativen umsetzen. Vor Sommer soll die Kinderschutz-Fachstelle gegen sexuelle Gewalt im Internet ihre Arbeit aufnehmen und ein Projekt gegen Radikalisierung im Netz an den Start gehen. Sorgen bereitet ihr die Verschuldung junger Menschen. Bei der EU-Wahl werden für die ÖVP viele Junge "an aussichtsreichen Plätzen" antreten, versicherte sie im APA-Interview.
"Es ist alarmierend, wenn man die Zahlen sieht, wie sehr Extremismus und Antisemitismus zunehmen und auf Österreichs Straßen der Terror der Hamas auf Israel seit Monaten bejubelt wird." Radikalisierung passiert oft im Internet, allen voran auf Social Media. Im Kampf gegen fundamentalistische Online-Prediger setze man auf Aufklärung. Derzeit arbeite man mit unterschiedlichen Fachstellen und der Jugendarbeit an Videos und Lernmaterialien, um Jugendliche "geistig dagegen zu wappnen." An den Start gehen soll die Initiative in den nächsten Monaten.
Zwar sollen durch den Digital Service Act der EU, der ab 17. Februar anzuwenden ist, Entfernungsanordnungen bei Fällen von Hass im Netz besser durchsetzbar sein, die Löschfristen seien dabei aber sehr vage. "Aus dem Grund sage ich, wir müssen jungen Menschen das Rüstzeug mitgeben, damit sie die Strategien durchschauen, mit denen Influencer Preacher arbeiten."
Zur Republik Österreich, ihrer Verfassung und Institutionen sowie gegen Verhetzung und Antisemitismus müssen sich seit Jahresanfang Organisationen bekennen, die sich um finanzielle Unterstützung aus der Bundesjugendförderung bemühen. Das Antragsformular wurde um eine entsprechende Passage erweitert. Durch die Bundesjugendförderung wird außerschulische Jugendarbeit in Österreich - darunter etwa die Pfadfinder, die Rotes-Kreuz Jugend und die Blasmusik, aber auch konfessionelle und politische Jugendorganisationen - gefördert. Im Jahr 2024 soll sie um 9,7 Prozent erhöht werden.
Ebenfalls vor dem Sommer an den Start gehen soll die Kinderschutz-Fachstelle gegen sexuelle Gewalt im Internet. Strafverschärfungen sowie ein Berufsverbot für Täter - wie im im Herbst präsentierten "Kinderschutzpaket" der Bundesregierung enthalten - dürften nicht "das Ende unserer Bemühungen" sein. "Für mich ist wichtig, dass wir Präventionsmaßnahmen im selben Tempo weiter ausbauen." Dafür werde man die bestehende Struktur von saferinternet.at nutzen, "einer anerkannten Organisation, die schon jetzt extrem viel Wissen hat und die Vernetzung in diesem Bereich vorantreibt."
Die Stelle soll Informationen und Fortbildungen zum Thema sexualisierte Gewalt bündeln und eine Anlaufstelle sein für Menschen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. "Kindesmissbrauch fängt oft mit sexueller Belästigung und Gewalt im Internet an." Zuerst müsse man verstehen, "wie Messenger-Dienste funktionieren, wo Kinder und Jugendliche angeschrieben werden, was die Trends sind und warum da junge Menschen überhaupt mitmachen", damit man dann mit den passenden technischen und pädagogischen Mitteln intervenieren könne. Neben der Jugend- oder Schulsozialarbeit soll die Stelle auch für den justiziellen Bereich relevant sein.
Noch kein Häkchen konnte die Bundesregierung unter den Punkt "Ausbau von Kinderschutzzentren" aus dem Regierungsprogramm setzen. Der Ausbau, besonders in den Bundesländern als regionale Anlaufstellen sei wichtig, die Verantwortung dafür liege aber im Familienressort beziehungsweise bei den Ländern, so die Staatssekretärin.
Ebenfalls noch ausständig sind die Mittlere Reife sowie die Bildungspflicht, wodurch Nicht-Mehr-Schulpflichtige erst dann aus dem Bildungssystem aussteigen könnten, wenn sie die Mindeststandards in den Grundkompetenzen erreicht hätten (bis maximal zur Vollendung des 18. Lebensjahres). Plakolm geht davon aus, dass sich das vor Ende der Legislaturperiode noch ausgehe. In Hinblick auf spätere Chancen am Arbeitsmarkt solle man sich "wieder mehr darauf fokussieren, dass in der Pflichtschule die nötigen Kompetenzen erworben werden. Da geht es nicht nur um Lesen, Schreiben und Rechnen, da geht es meistens auch um die deutsche Sprache."
Nichts mehr ändern werde sich in dieser Legislaturperiode an Plakolms Agenden. Gerüchten, sie könnte nach dem Abgang von Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) - der sich um das Amt des Innsbrucker Bürgermeisters bewirbt und im Zuge dessen die Schuhe als Staatssekretär an den Nagel hängen wird - dessen Aufgaben übernehmen, erteilte sie eine Absage. "Ich bin zufrieden mit meinem Bereich für Jugend, Zivildienst und Ehrenamt. Das ist sehr umfassend, und da gehört als Querschnittsmaterie auch die Digitalisierung dazu, wenn man so will." Rein vom Ministeriengesetz ist diese jedoch im Finanzministerium ansässig, Plakolm Staatssekretärin im Bundeskanzleramt.
Weiterhin warten müssen ÖVP-Wähler und Wählerinnen auf einen Spitzenkandidaten oder -Kandidatin für die EU-Wahl. Quasi die gesamte Ministerriege verzichtete auf einen möglichen Parlamentssessel in Brüssel. "Ich gehe davon aus, dass wir in wenigen Wochen einen Kandidaten oder Kandidatin präsentieren werden. Während andere Parteien schon im Wahlkampf sind, werden wir das in das Frühjahr verlegen, weil die Wahl erst im Juni stattfindet", sagte Plakolm. Versichern könne die Obfrau der Jungen Volkspartei, "dass wir sehr viele junge Kandidaten aufstellen, auch an aussichtsreichen Plätzen." Mit dem 31-jährigen Alexander Bernhuber habe man bereits jetzt einen der jüngsten Abgeordneten, "und der wird zuvorderst für viele JVP-Kandidaten an den Start gehen, und für ihn werden wir auch laufen", kündigt die Staatssekretärin ihre Unterstützung an.
Sorgen bereitet der Staatssekretärin die Verschuldung junger Menschen. Jeder Fünfte, der Unterstützung der Schuldnerberatung bekomme, sei unter 30 Jahre alt und hat durchschnittlich 33.000 Euro an Schulden. Das größte Problem seien schnell abgeschlossene Konsumkredite. Zwischen dem Black Friday - dem dritten Freitag im November, an dem viele Händler mit besonders nierigen Preisen locken - und dem Weihnachtsshopping habe man gemeinsam mit dem Finanzministerium mit der Kampagne "Was sagt das Konto?" auf Social Media versucht, junge Menschen zu erreichen. Der Schlüssel gegen Jugendverschuldung sei aber die Finanzbildung - in der Schule, aber auch außerhalb davon. "Der Umgang mit Geld muss so logisch werden wie das Alphabet oder das Einmaleins, das man als Kind lernt."
Nicht erfüllt sieht Plakolm ihren Neujahrsvorsatz für das Jahr 2023, Wohnen für Junge leistbarer zu machen. Da sei vieles "am Koalitionspartner gescheitert (...) Die strengen Kreditrichtlinien, die ich für gefährlich und realitätsfremd halte, die hohen Baukosten und die hohen Zinsen sind ein gefährlicher Dreiklang, der es für junge Menschen unmöglich macht sich etwas aufzubauen." Ginge es nach ihr, sollten bald die Grunderwerbssteuer sowie die staatlichen Nebenkosten gesenkt und die Eintragungsgebühren abgeschafft werden. "Damit wir nicht in ein paar Jahrzehnten eine Generation haben, die in Pension geht und sich weder etwas geschaffen hat, noch eine ordentliche Pension hat, weil sie nur 20 oder 30 Stunden gearbeitet hat." Präsentiert wird in den nächsten Wochen und Monaten das neue Programm der JVP, mit "einigen Ideen zum Thema leistbares Wohnen", darunter auch eine Art "Wohnungs-Leasing."