Berichte über Misshandlung

Tausende Palästinenser laut UNO-Vertreter im Gazastreifen festgenommen

Rauchschwaden über Khan Yunis nach einem Bombardement am 19. Jänner 2024.
© APA /AFP

Nach Angaben der UNO sollen zahlreiche Männer im Gazastreifen von israelischen Streitkräften gefangen und misshandelt worden sein. Sogar von Folter ist die Rede.

Genf, Gaza – Tausende Männer im Gazastreifen sind nach UNO-Angaben seit Beginn des Gazakrieges von den israelischen Streitkräften festgenommen und unter Bedingungen inhaftiert worden, die der Folter gleichkommen könnten. Einige der Festgenommenen hätten berichtet, dass ihnen die Augen verbunden worden, sie geschlagen und letztendlich nur mit einer Windel bekleidet freigelassen worden seien, sagte der UNO-Menschenrechtsbeauftragte in den Palästinensergebieten, Ajith Sunghay, am Freitag.

Sunghay sprach bei einer Pressekonferenz per Videoschaltung aus Rafah im südlichen Gazastreifen davon, mehrere Freigelassene getroffen zu haben, die nach eigenen Angaben zwischen 30 und 55 Tage von israelischen Sicherheitskräften an unbekannten Orten festgesetzt worden waren.

„Sie beschrieben, dass sie geschlagen, gedemütigt, misshandelt“ und einer Behandlung ausgesetzt worden seien, „die Folter gleichkommen könnte“, sagte der UNO-Vertreter. „Ein Mann sagte, er durfte während seiner 55-tägigen Haft nur einmal duschen. Es gibt Berichte von Männern, die später freigelassen wurden, aber nur in Windeln.“

Ein Mann sagte, er durfte während seiner 55-tägigen Haft nur einmal duschen.
UNO-Vertreter

Sunghay sagte, die Aussagen stimmten mit den Berichten überein, die das UNO-Menschenrechtsbüro zur Inhaftierung von Palästinensern in großem Umfang gesammelt habe. Eine genaue Anzahl konnte er nicht nennen, sagte aber, es werde von Tausenden ausgegangen.

Zur Einhaltung der Menschenrechte verpflichtet

Israel sei verpflichtet, sicherzustellen, dass alle Inhaftierten im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen und dem humanitären Recht behandelt würden. „Alle Fälle von Misshandlung oder Folter von festgenommenen oder inhaftierten Personen müssen vollständig und transparent untersucht werden“, erklärte Sunghay.

Die israelische Armee gab gegenüber der Nachrichtenagentur AFP an, dass „die festgenommenen Personen in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht behandelt werden“. Es würden Menschen festgenommen und befragt, die einer Verwicklung in terroristische Aktivitäten verdächtigt würden, erklärte das Militär des Landes.

„Personen, die nicht an terroristischen Aktivitäten beteiligt sind, werden freigelassen.“ Die Kleidung müssten die Verdächtigen ausziehen, damit diese durchsucht werden könnte und festgestellt werden könne, dass darin keine „Sprengstoffwesten oder andere Waffen“ verborgen seien, hieß es weiter. Ihre Sachen würden den Festgenommenen zurückgegeben, sobald es möglich sei.

1140 Menschen bei Angriff getötet

Am 7. Oktober hatte die von den USA und der EU als Terrororganisation eingestufte islamistische Hamas Israel in einem beispiellosen Großangriff überfallen und etwa 1140 Menschen getötet sowie rund 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt.

Als Reaktion auf den Überfall erklärte Israel der Hamas den Krieg und startete einen massiven Militäreinsatz im Gazastreifen. Nach jüngsten Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dort seither mehr als 24.750 Menschen getötet. (APA, AFP)

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