Chronik Österreich

Inzestfall: Josef F. soll in den Normalvollzug kommen

Entscheidung nicht rechtskräftig
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Eine nicht öffentliche Anhörung des im Inzestfall von Amstetten zu lebenslang verurteilten und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesenen Josef F. hat am Donnerstag in Krems mit der bedingten Entlassung aus dem Maßnahmenvollzug geendet. Der 88-Jährige soll in den Normalvollzug kommen, bleibt bis zur Rechtskraft aber im derzeitigen Setting. Verteidigerin Astrid Wagner sprach von einem "großen Teilerfolg", Ziel bleibe aber die generelle bedingte Entlassung.

Die Verlegung in den Normalvollzug ist auf zehn Jahre bedingt. Nachweisen muss Josef F. eine regelmäßige Psychotherapie sowie psychiatrische Untersuchungen. Die Entscheidung des Dreiersenats ist nicht rechtskräftig, da der Anhörung kein Vertreter der Staatsanwaltschaft beigewohnt hatte und daher auch keine Erklärung abgegeben wurde. Die Anklagebehörde hat laut Gerichtsangaben nun 14 Tage Zeit, um Rechtsmittel anzumelden. Möglich ist eine Beschwerde an das Oberlandesgericht Wien.

"Wir werden die Entscheidung ganz genau prüfen und danach über das weitere Vorgehen entscheiden", teilte die Leiterin der Staatsanwaltschaft Krems, Susanne Waidecker, der APA mit. Man habe von dem Beschluss aus den Medien erfahren, dieser liege der Anklagebehörde noch nicht vor.

Befunden wurde am Donnerstag auch bereits über eine bedingte Entlassung. Dieser Schritt wurde aber aus spezialpräventiven Gründen abgelehnt, hieß es vom Gericht.

Gestützt ist die bedingte und nicht rechtskräftige Verlegung in den Normalvollzug auf einem psychiatrischen Gutachten der Sachverständigen Heidi Kastner, das Josef F. u.a. aufgrund von Demenz attestiert, dass die Unterbringungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen. Dem folgte der Dreiersenat, der nach Angaben von Wagner am Donnerstag ebenfalls befand, dass Josef F. "nicht mehr gefährlich ist".

Die Causa Inzestfall Amstetten war Ende April 2008 bekannt geworden. Josef F. hielt seine Tochter 24 Jahre lang in einem Kellerverlies gefangen und zeugte mit ihr sieben Kinder - eines starb nach der Geburt. Im März 2009 wurde der heute 88-Jährige in St. Pölten zu lebenslanger Haft verurteilt, gleichzeitig wurde die Einweisung ausgesprochen. Der Schuldspruch umfasste Mord durch Unterlassung, Sklavenhandel, Freiheitsentziehung, Vergewaltigung, Blutschande sowie schwere Nötigung und damit alle Anklagepunkte.

Zum Ablauf der etwa 30-minütigen Anhörung vom Donnerstag sagte Wagner, dass ihr Mandant erzählt habe, "wie er bereut, was er getan hat. Also er war eigentlich den Tränen nahe." Josef F. sei "intensiv befragt" worden, "sehr aufgeregt" und "wackelig auf den Beinen" gewesen. Aufgrund der Entscheidung habe er sich "sehr gerührt" gezeigt. Generell dürfte der 88-Jährige durchaus Unrechtsbewusstsein entwickelt haben. "Er denkt Tag und Nacht an das, was er getan hat, er hat auch den Akt in der Zelle und er hat sich wirklich ganz intensiv damit auseinandergesetzt. Er ist ein Mensch, der absolut zutiefst voller Reue ist", konstatierte die Verteidigerin.

Für den 88-Jährigen bedeutet die nunmehrige Entscheidung des Kremser Dreiersenats, dass er zwar in den Normalvollzug kommen soll, derzeit und bis zur Rechtskraft des Beschlusses aber in der Justizanstalt Stein im Maßnahmenvollzug bleibt. Details über die zukünftig mögliche Unterbringung wurden nicht genannt. "Der Alltag wird sich nicht so wesentlich ändern, Gefängnis ist Gefängnis", sagte Wagner knapp.

Die Juristin will sich weiterhin für eine generelle bedingte Entlassung, also den Schritt in die Freiheit für Josef F., einsetzen. Ein neuer Antrag werde aber "eher in einem Jahr, dann auf Grundlage der neuen Gutachten, die bis dahin schon vorliegen" eingebracht werden. Es werde auch entsprechende Vorbereitungen geben müssen: "Kein Mensch wird von heute auf morgen entlassen." Bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustands gebe es aber jedenfalls Handlungsbedarf, "dann liegt allenfalls Vollzugsuntauglichkeit vor".

Begleitet wurde die an sich nicht öffentliche Anhörung am Landesgericht Krems von großem nationalem und internationalem Medieninteresse. Angereist waren u.a. auch Journalisten von "Bild" aus Deutschland sowie von der britischen "The Sun". Gerichtssprecher Ferdinand Schuster berichtete von zahlreichen Medienanfragen: "Ich habe zwei Tage fast nur durchtelefoniert." Dennoch sei es in Krems nicht der größte Andrang in den vergangenen zehn Jahren gewesen, verwies der Sprecher auf medial sehr gut besuchte Staatsverweigererprozesse am Landesgericht.

Zu sehen war Josef F. im Gerichtsgebäude freilich nicht. Der Gang seitlich des Schwurgerichtssaals, in der die Anhörung über die Bühne ging, war blickdicht mit einer Tür abgesperrt. Findige Fotografen versuchten vor dem Objekt ihr Glück und lichteten den 88-Jährigen bei der Überstellung aus der bzw. in die Justizanstalt Stein ab.

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