Kurz-Prozess: Letzte Zeugenbefragungen stehen an
Im Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz stehen diese Woche die letzten Zeugenbefragungen auf dem Plan. Zwei ÖBAG-Aufsichtsräte werden heute befragt. Ein Urteil wird Ende Februar erwartet.
Wien – Im Prozess gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss haben am Dienstag weitere Zeugenbefragungen begonnen. Den Auftakt machten der ehemalige Vorsitzende des ÖBAG-Aufsichtsrates, Helmut Kern, und Aufsichtsrätin Susanne Höllinger. Beide schilderten, wie sie vom damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) gefragt wurden, ob sie diese Funktionen annehmen würden. Zuvor hatte es aber auch Anfragen aus Kurz' Umfeld gegeben.
Keine freundschaftliche Beziehung zu Kurz
Als erste Zeugin des Tages war Höllinger geladen. Sie gab in ihrer Befragung durch Richter Michael Radasztics an, keine freundschaftliche Beziehung zu Kurz und zu dessen mitangeklagten einstigen Kabinettschef Bernhard Bonelli zu pflegen. ÖBAG-Chef Thomas Schmid, der den Ex-Kanzler in diesem Prozess stark belastet, sei ihr bei einer Veranstaltung der damaligen ÖVP-Beraterin Gaby Spiegelfeld vorgestellt worden. Diese habe auch das Thema ÖBAG-Aufsichtsrat aufs Tapet gebracht.
Offiziell gefragt worden, ob sie Mitglied des ÖBAG-Aufsichtsrats werden will, sei sie vom damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) persönlich, berichtete Höllinger. Dieser habe sie sogar als Vorsitzende haben wollen, was für sie aufgrund ihrer regen beruflichen Tätigkeit – Höllinger ist Bankerin und in mehreren Aufsichtsräten vertreten – aber nicht in Frage gekommen sei. Die anderen Aufsichtsratsmitglieder der ÖBAG habe sie vorher nicht gekannt.
Angesprochen wurde Höllinger auch auf einen Chat zwischen Bonelli und Schmid, wonach sie in einem „NÖ-Netzwerk“ sei. Die Zeugin erklärte sich den Kommentar mit ihrer einstigen Tätigkeit bei Raiffeisen oder möglicherweise ihrer Aufsichtsratstätigkeit in einer niederösterreichischen Beteiligungsgesellschaft. An Kurz schrieb Schmid außerdem, dass Höllinger „steuerbar“ sei und für Niederösterreich auch "delikate Sachen" erledigt habe. Die Formulierung sei entbehrlich, so die Zeugin. Schmid habe das später bedauert.
Auch Kern schilderte, wie er von Löger offiziell gefragt worden sei, ob er ÖBAG-Aufsichtsrat und auch dessen Vorsitzender werden wolle. Zuvor habe ihn aber Bonelli in dieser Angelegenheit angerufen und den Kontakt zum damaligen Finanzminister hergestellt. Kurz habe er zuvor bei einem "Österreich-Gespräch" im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, wo Kern tätig war, erstmals persönlich kennengelernt. Das sei zwar heikel gewesen, immerhin habe man dort aber auch schon andere Parteien zu Besuch gehabt.
Dementsprechend "bedauerlich" findet es Kern nun laut eigener Aussage, dass Kurz gemeint hatte, Kern vor den Koalitionsverhandlungen nicht gekannt zu haben. Bezüglich der ÖBAG habe man aber keinen Kontakt gehabt, meinte der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende. Er habe seine Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender unabhängig anlegen wollen, schilderte Kern, der auch schon einen Posten als Finanzminister "aus persönlichen Gründen" abgelehnt hatte.
Die WKStA fragte Kern auch nach der Ausschreibung für den ÖBAG-Vorsitz. Kurz hatte in der Verhandlung gemeint, Schmid habe diese in eigener Sache maßgeschneidert. Er habe in der zuständigen Aufsichtsratssitzung nicht hinterfragt, wie die Dinge zustande gekommen seien, meinte der Zeuge dazu. Die Qualität der Ausschreibung selbst sei aber gut gewesen - "was vorher passiert ist, kann ich nicht kommentieren", so Kern.
Letzter Zeuge am Dienstag war Bernd Brünner, ehemaliger Generalsekretär im Bundeskanzleramt. Seine Aufgabe bei den Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ im Jahr 2017 sei es gewesen, in der Steuerungsgruppe wie ein "Notar" aufzutreten und die Ergebnisse - also auch den türkis-blauen Side-Letter - zu Papier zu bringen. Dass Schmid ÖBAG-Chef werden wollte, habe er nicht gewusst. Auch Kurz habe mit ihm nicht darüber gesprochen.
Überraschend kam am Dienstag ein Antrag der Verteidigung, wonach Chats von Schmid - entweder alle oder zumindest jene, die von der Hausdurchsuchung nicht umfasst waren - aus dem Akt genommen werden sollen. Verwundert darüber zeigte sich die WKStA, da sich der Beschuldigte ja eigentlich gewünscht hatte, mehr Nachrichten, also auch entlastende, zu würdigen. Vorsitzender Radasztics kündigte eine Entscheidung für Mittwoch an.
Am Mittwoch ist dann noch Günther Helm, einstiger Chef des Diskonters Hofer und später im Aufsichtsrat der ÖBAG, an der Reihe. Am Nachmittag sollen jene zwei russischen Geschäftsleute via Zoom-Call aus der österreichischen Botschaft in Moskau befragt werden, die mit Schmid angeblich ein Bewerbungsgespräch hatten. Letzter Verhandlungstag ist dann voraussichtlicher der 23. Februar, an dem es auch ein Urteil geben könnte. (APA)
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