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Spindelegger: Politisierung von Migration führt zu Asylplus

Spindelegger warnt vor einer Art Pulleffekt durch den Wahlkampf
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Im Superwahljahr 2024 warnt der Generaldirektor der Wiener Migrationsdenkfabrik ICMPD, Michael Spindelegger, vor der zunehmenden Politisierung von Migration. Vor allem die Ankündigung radikaler Maßnahmen während des Wahlkampfes könnte dazu führen, dass sich noch mehr Menschen auf den Weg machen, bevor diese dann umgesetzt werden, sagte Spindelegger im APA-Interview. Den Ruanda-Asylplan der britischen Regierung sieht er kritisch und meldet "große rechtliche Bedenken" an.

Wenn Migration den Wahlkampf dominiert und die Parteien in der "emotionalen Diskussion" radikale Maßnahmen ankündigen, könnte es sein, dass dies Migranten eher motiviere, noch jetzt nach Europa zu kommen, bevor die Maßnahmen nach der Wahl womöglich tatsächlich Realität werden, erklärte Spindelegger. "Deshalb gehe ich davon aus, dass die Ströme im ersten Halbjahr anwachsen werden."

Generell rechnet das Internationale Zentrum für Migrationspolitik (International Centre for Migration Policy Development/ICMPD) mit Sitz in Wien in diesem Jahr mit Rekordzahlen bei Vertreibungen und Migrationsbewegungen. Es sei jederzeit möglich, dass es zu einer neuen Welle an Vertreibungen in der Ukraine komme, die Türkei fürchte eine neue Flüchtlingswelle aus Syrien und auch die Situation in Afghanistan und Armenien dürfe man nicht aus den Augen verlieren, betonte Spindelegger. Große Bewegungen aus dem Gazastreifen seien bisher zwar ausgeblieben, doch wenn Ägypten die Grenze zum Gazastreifen öffne, "dann bin ich sicher, dass viele über Ägypten und Libyen versuchen werden, Richtung Europa zu kommen".

Die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern ist für den ehemaligen ÖVP-Vizekanzler, der dem ICMPD seit 2016 vorsteht, langfristig der "einzige Weg, irreguläre Migration zurückzudrängen". Es müsse "viel mehr in Richtung Verhandlungen" gehen, wobei es hier nicht nur um Geld gehe, wie Spindelegger auf Nachfrage betont. Auch seien mehr legale Migrationswege notwendig.

Kooperationen wie jene zwischen der britischen Regierung und Ruanda, laut der Menschen, die irregulär über den Ärmelkanal ins Vereinigte Königreich gelangen, in das afrikanische Land abgeschoben werden sollen, sieht Spindelegger kritisch. Er habe hier "große rechtliche Bedenken". "Ich glaube, das wird so in der Praxis nicht funktionieren." Es sei offensichtlich, dass man hier auf eine "gewisse Abschreckung" setzen möchte, kommentierte Spindelegger die Pläne, an denen auch andere europäische Länder Interesse gezeigt hatten.

"Neue Dimensionen" eröffne hingegen die Zusammenarbeit zwischen Italien und Albanien, denn Albanien sei ein sicheres Drittland und in der Nachbarregion Europas, was vieles erleichtere. Sollte sich dieser Plan als erfolgreich erweisen, rechnete der ICMPD-Direktor mit weiteren Ländern, die die Auslagerung des Asylprozesses umsetzen wollen. Allerdings werde auch der neue EU-Asyl- und Migrationspakt "neue Möglichkeiten eröffnen", mit der die Externalisierung der Prozesse womöglich gar nicht mehr notwendig sei.

Im vergangenen Jahr war das Wiener ThinkTank aufgrund seiner Klage gegen die NGO "SOS Balkanroute", die eine vom ICMPD miterrichtete Internierungsanstalt in Bosnien als "österreichisches Guantánamo" bezeichnete, selbst einige Male in den Schlagzeilen. Die Klage, die das ICMPD wegen Kreditschädigung einbrachte, wies das Handelsgericht Wien letztlich zurück. Das Urteil sei "rechtlich bedauerlich" und für ihn "nicht ganz verständlich", sagte Spindelegger. Allerdings sei es auch keine Option gewesen, die Vorwürfe der NGO hinzunehmen, ohne sich zur Wehr zu setzen.

Bauvorhaben wie jenes in Bosnien (Camp Lipa) seien ohnehin der Ausnahmefall und stünden grundsätzlich nicht auf der Agenda des ICMPD. Auch am Bau möglicher EU-Verfahrenszentren an den Außengrenzen würde sich das Zentrum "eher nicht beteiligen", so Spindelegger.

Die EU sei zwar ein wichtiger Partner, eine "EU-Agentur wollen wir aber nicht werden", antwortete der frühere ÖVP-Chef auf die Frage, ob eine stärkere Anbindung an die Europäische Union wünschenswert wäre. Gerade die Herkunfts- und Transitländer würden dem ICMPD stärker vertrauen als EU-Institutionen. "Wir sehen eine gewisse Vertrauensbasis und um gute Brücken zu schlagen, ist es notwendig, Vertrauen zu haben". Das ICMPD wolle weiterhin ein 'honest broker' sein.

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