In Wien entflohener Terror-Verdächtiger wurde Samstagfrüh wieder festgenommen
Der am Freitagvormittag in Wien entwischte mutmaßliche IS-Mann konnte am Samstag wieder gefasst werden. Er leistetet bei der Verhaftung offenbar keinen Widerstand. Laut Informationen soll er sich bereits wieder in einer Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt befinden.
Wien – Ein am Freitagvormittag aus einem Wiener Spital geflohener mutmaßlicher Anhänger der radikalislamistischen Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) ist gefasst. Der 19-jährige Mahdy C., gegen den von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wegen terroristischer Vereinigung ermittelt wird, konnte Samstagfrüh festgenommen werden.
Er leistete dabei keinen Widerstand, hieß es aus verlässlicher Quelle gegenüber der APA. Der Verfassungsschutz, der den 19-Jährigen offenbar schon länger im Fokus hatte, dürfte nach der geglückten Flucht des jungen Mannes an Orten, Plätzen und Adressen Stellung bezogen und diese überwacht haben, an denen mit einem potenziellen Erscheinen des Gesuchten zu rechnen war. An einem solchen Ort erfolgte dann am Samstagmorgen auch der Zugriff. Mittlerweile befindet sich der 19-Jährige nach jüngsten Informationen der APA wieder in einer Zelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt.
Der Mann war bis Jänner 2024 nach einer Verurteilung wegen Raubes und Körperverletzung in Strafhaft gesessen. Nach Verbüßung seiner Strafe wurde er infolge angelaufener Ermittlungen in Richtung Terrorverdacht nahtlos in U-Haft genommen. „Er sympathisierte mit dem Islamischen Staat (IS) und wollte sich diesem anschließen“, teilte die DSN am Samstag zur Verdachtslage mit, nachdem sich das dafür an sich zuständige Justizministerium diesbezüglich seit Freitag unter Berufung auf die Unschuldsvermutung in anhaltend beharrlichem Schweigen übt.
Wegen Erkrankung verlegt
An sich wäre der 19-Jährige mit der vom Landesgericht Wiener Neustadt verhängten U-Haft in der JA Wiener Neustadt unterzubringen gewesen. Da er jedoch eine Erkrankung geltend machte, musste er in die JA Josefstadt verlegt werden: seit einer seitens des Justizministeriums vorgenommenen Umstrukturierung ist ausgerechnet das größte und damit meistens überbelegte Gefängnis des Landes als Sonderstrafanstalt ausgewiesen und muss beispielsweise auch Haftplätze für im Sinn des §21 Absatz 1 StGB geistig abnorme, zurechnungsunfähige Straftäter bereit stellen. Ein Umstand, der in der Justizwache, aber auch in Kreisen der Strafjustiz nicht unumstritten ist, wie der APA am Wochenende von verschiedenen Seiten zugetragen wurde.
DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner zeigte sich indes mit dem raschen Aufgreifen des geflüchteten mutmaßlichen IS-Mannes zufrieden. „Dank der professionellen und guten Arbeit unserer Ermittlerinnen und Ermittler in der DSN wurde der Verdächtige nach rascher Fahndung festgenommen. Das schnelle und verlässliche Einschreiten des Verfassungsschutzes ist in einer Gefahrensituation von besonderer Bedeutung, wie die heutige erfolgreiche, rasche Fahndung bewies", meinte Haijawi-Pirchner in einer der APA übermittelten Stellungnahme.
Der 19-Jährige hatte einen Arzt-Termin im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien-Leopoldstadt genutzt, um der Justizwache zu entwischen. In diesem Zusammenhang wird ein mögliches Fehlverhalten der ihn begleitenden Beamten geprüft. Die DSN hält es für denkbar, dass es mögliche Fluchthelfer gegeben hat. "Eine potenzielle Fluchtbeteilung durch Fluchthelfer ist derzeit noch nicht auszuschließen und wird aktuell geprüft", hieß es gegenüber der APA.
War bei Festnahme wohl unbewaffnet
Während das Justizministerium zur Person des Entflohenen nichts sagen wollte, war am Freitagabend auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ein Lichtbild des Geflüchteten veröffentlicht worden. Im Palais Trautson hatte man zuvor nicht einmal die Terror-Verdachtslage gegen den 19-Jährigen mit dem Hinweis auf die Unschuldsvermutung bestätigen wollen. Am Abend berichtete dann allerdings die niederösterreichische Exekutive, gegen den 19-Jährigen liege ein europäischer Haftbefehl vor.
Wie die Wiener Landespolizeidirektion auf APA-Anfrage erklärte, war es Mahdy C. im Zuge seiner Flucht nicht gelungen, dem ihn eskortierenden Justizwachebeamten Schuss- oder sonstige Waffen zu entreißen. Er dürfte somit auch zum Zeitpunkt seiner Festnahme unbewaffnet gewesen sein. Ob im Hinblick auf seine offenbar terroristische Gesinnung dessen ungeachtet während seiner Flucht eine Gefährdungslage für die Bevölkerung gegeben war, blieb unklar. Die Wiener Landespolizeidirektion verwies dazu ans Justizministerium, das für die Beantwortung dieser Frage zuständig sei.
FPÖ verlangt Rücktritt von Zadic
Die FPÖ fordert am Samstag den Rücktritt von Justizministerin Zadic "im Sinne der österreichischen Sicherheit", wie in einer Presseaussendung festgehalten wurde. "Die grüne Kuscheljustiz unter Ministerin Zadic muss nun rasch ein Ende finden, bevor noch etwas Schlimmes passiert. Da diese Ministerin die Gefängnisse einfach nicht unter Kontrolle hat, muss sie zurücktreten", meinte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz.
Erst im vergangenen November war es zu einer Serie von Fluchtversuchen aus Justizanstalten in Wien und Niederösterreich im Zuge von Eskorten zu medizinischen Terminen gekommen. In vier von fünf Fällen konnten die geflüchteten Häftlinge wieder durch die Polizei festgenommen werden. Ein 35-jähriger Insasse der Justizanstalt Stein befindet sich dagegen noch immer auf der Flucht. Das Justizministerium reagierte darauf mit 21 Razzien in Anstalten sowie einem Runden Tisch, wo eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen beschlossen wurde. Wie dann ausgerechnet einem mutmaßlichen IS-Terroristen die Flucht aus den Händen der Justizwache gelingen konnte, ist insofern unklar, als seitens des Justizministeriums zu den Umständen der Flucht nach wie vor mit Informationen gegeizt wird.
Die Generaldirektion für den Strafvollzug hatte gegen Ende des Vorjahrs angesichts gehäufter Fluchtversuche den Justizanstalten die Anweisung erteilt, bei medizinischen Eskorten in Zukunft Häftlingen die Arme hinter dem Körper zu fesseln. Weiters wurden die Justizanstalten angewiesen, externe medizinische Termine in Spitälern mit Häftlingen bis auf weiteres nur unter besonderen Vorkehrungen durchzuführen. (APA)