Mordprozess in Leoben

Polizist erschoss Kommandanten aus Angst vor Anzeige: 20 Jahre Haft

Der angeklagte Polizist, der seinen Kommandanten am Posten in Trieben erschossen haben soll, vor dem Geschworenengericht in Leoben.
© KARIN ZEHETLEITNER

Der angeklagte Polizist hatte Angst vor einer Anzeige wegen Amtsmissbrauchs. Er richtete seinen Chef laut Staatsanwalt „brutal und kaltblütig" hin.

Leoben – Ein Ex-Polizist ist am Dienstag in Leoben von einem Geschworenensenat wegen Mordes zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Er soll im Februar 2023 seinen Chef, den Kommandanten der Polizeiinspektion Trieben, durch mehrere Schüsse getötet haben. Der Angeklagte bekannte sich von Anfang an schuldig. Er habe Angst vor einer Anzeige wegen Amtsmissbrauchs gehabt, gab er beim Prozess als Motiv an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Am 27. Februar 2023 hatte der 47-Jährige nunmehrige Ex-Polizist ein Gespräch mit seinem Vorgesetzten. Dabei ging es um einen nicht protokollierten Arbeitsunfall und eine ausständige Krankenstandsbestätigung. Eine Anzeige wegen Amtsmissbrauch stand im Raum. Der Angeklagte verließ das Büro: „Es ging mir nicht gut, ich war enttäuscht darüber, dass es zu einer Anzeige kommt", schilderte er leise und stockend. Er führte in der Zwischenzeit ein anderes Gespräch und kehrte nach einigen Minuten zurück zu seinem Chef.

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„Was ist da mit Ihnen passiert?", fragte Richter Roman Weiss. „Ich habe meine Waffe geholt und wollte zur Ärztin wegen der Krankenstandsbestätigung, habe mich dann aber umentschieden. Ich bin ins Büro des Postenkommandant gegangen und wollte ihn bitten, ob es möglich wäre, doch keine Bestätigung zu bringen." Möglicherweise habe er auch die Sache mit der Anzeige zur Sprache gebracht, meinte der 47-Jährige. Der Chef beharrte auf der Anzeige, von der Bestätigung wollte er absehen.

„Ich habe die Waffe gezogen und mir selbst an den Schädel gehalten", erzählte er. „Und dann?" wollte der Richter wissen. „Ich kann es mir selbst nicht erklären, dann habe ich ihn erschossen". „Sie haben seine Frau und die drei Kinder gekannt. Was ist da in Ihnen vorgegangen?", wollte der Vorsitzende wissen. Der Befragte schwieg. „Kommt noch eine Antwort?" „Nein", antwortete der Angeklagte.

Er hat ihn kaltblütig und brutal hingerichtet.
Andreas Riedler, Staatsanwalt

„Er hat ihn kaltblütig und brutal hingerichtet", war Staatsanwalt Andreas Riedler überzeugt. Der Beschuldigte feuerte aus einer Entfernung von 1,4 Meter aus seiner Dienstwaffe, einer Glock 17, auf seinen Chef und traf den Oberkörper. Der Schwerverletzte wollte sich hinter den Schreibtisch retten, „doch der Angeklagte ließ ihm keine Chance", beschrieb der Ankläger. Zwei weitere Schüsse trafen den Kopf des Kommandanten, der kurz darauf starb.

Anschließend ging er sich die Hände waschen und sagte zu seinem Kollegen: „Ich habe den Chef erschossen. Du brauchst keine Angst haben, es ist alles vorbei." Danach ließ er sich widerstandslos festnehmen. Nach Angaben des Kollegen zeigte der Verdächtige keinerlei Gemütsregung. „Das ist richtig", bestätigte der Beschuldigte.

Urteil für Nachmittag erwartet

Als Zeuge wurde auch jener Polizist gehört, der den 47-Jährigen nach der Tat festgenommen hatte und der nach wie vor in Therapie ist. Er hörte die Schüsse und „ich dachte, ich bin der Nächste" erzählte er unter Tränen. Doch sein Kollege sagte nur „Leg' mir die Handschellen an, ich hab' den Chef erschossen". Durch die offene Bürotüre habe er dann den Kommandanten in einer Blutlache liegen gesehen, erinnerte sich der Zeuge.

Der Verteidiger hatte die Zuhörer zu Beginn gewarnt: „Es ist schwere Kost, was Sie heute zu hören bekommen. Ich verteidige nicht die Tat, ich vertrete seine Rechte."

Die Geschworenen befanden den Angeklagten für schuldig des Mordes. Er wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt und erbat sich Bedenkzeit. Der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab, das Urteil ist nicht rechtskräftig. (APA)

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