US-Wahl: Trumps zahlreiche juristische Verstrickungen
Gerichtsauftritte stehen in Donald Trumps Wahlkampf offenbar auf der Tagesordnung. Ein Überblick über seine juristische Verstrickungen.
Washington - Bisher hat Donald Trump einen nicht unerheblichen Teil des Wahljahres in Gerichtssälen verbracht. Die jüngste Entscheidung des obersten US-Gerichts, sich mit der Frage seiner möglichen Immunität vor Strafverfolgung zu befassen, entschlackt jedoch den Terminkalender des Ex-Präsidenten. Denn bis zum Urteil des Supreme Court ist zumindest sein vor einem Bundesgericht anhängiges Verfahren wegen versuchter Umkehrung des Wahlausgangs von 2020 auf Eis gelegt. Ein Überblick über Trumps juristische Verstrickungen:
Vier Anklagen in Strafverfahren, drei Urteile in Zivilprozessen
Trump ist der erste Präsident der US-Geschichte, der nach dem Strafrecht angeklagt wurde - und das gleich vier Mal. Zwei der Anklagen beziehen sich auf seine Versuche, seine Wahlniederlage gegen den heutigen US-Präsident Joe Biden nachträglich rückgängig zu machen, ein weiteres auf die Mitnahme von Geheimakten aus dem Weißen Haus zum Ende seiner Amtszeit.
In einer weiteren Anklage geht es um die Schweigegeldaffäre rund um den Pornostar Stormy Daniels. Außerdem wurde Trump bereits in drei Zivilprozessen wegen Finanzbetrugs, sexuellen Missbrauchs und Verleumdung zu Geldstrafen verurteilt, die sich auf die enorme Summe von mehr als eine halbe Milliarde Dollar summieren.
Streit um die Immunität
Trump beansprucht "absolute Immunität" - was bedeuten würde, dass er nicht für Handlungen strafrechtlich verfolgt werden kann, die in seine Amtszeit ins Weiße Haus fallen. Ein Bundesberufungsgericht hatte dagegen entschieden, das Präsidentenamt habe nicht zur Folge, dass der Amtsträger "für alle Zeit danach über dem Gesetz steht".
Dennoch nahm der Supreme Court kürzlich den Antrag der Trump-Anwälte an, sich mit der Immunitätsfrage zu befassen. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber kann sich damit aber keineswegs sicher sein, dass ihm der Supreme Court in der Sache Recht gibt.
Zwar hat das konservative Lager an dem Gericht eine klare Mehrheit, was die Folge von drei Richter-Nominierungen durch Trump während dessen Präsidentschaft ist. Doch dies muss nicht bedeuten, dass die konservativen Richter in dem anstehenden Urteil von historischer Dimension allen Präsidenten einen Freibrief für die Verübung von Straftaten ausstellen werden.
Doch schon allein, dass sich der Supreme Court mit dem Thema befasst, ist ein Erfolg für Trump. Er setzt darauf, dass die gegen ihn anstehenden Strafprozesse verschoben werden, womit er Urteile noch vor der Wahl verhindern will.
Und zumindest bei dem Prozess vor einem Washingtoner Bundesgericht wegen Wahlverschwörung hat er eine Verschiebung erreicht. Dieser Prozess sollte eigentlich am 4. März beginnen, wurde aber auf Eis gelegt, um die Entscheidung zur Immunität abzuwarten.
Anklage vor Bundesgericht wegen Wahlverschwörung
Der vom Justizministerium ernannte Sonderermittler Jack Smith beschuldigt Trump in vier Anklagepunkten, darunter Verschwörung zum Betrug der Vereinigten Staaten und zur Behinderung eines amtlichen Vorgangs. Dabei geht es unter anderem um Trumps Rolle bei der Erstürmung des Washingtoner Kapitols im Januar 2021. Für zwei der Anklagepunkte drohen ihm Gefängnisstrafen von jeweils bis zu 20 Jahren.
Anklage in Georgia wegen versuchter Wahlmanipulation
Auch von der Justiz des Südstaats ist Trump wegen seiner Versuche angeklagt, seine Wahlniederlage gegen Biden zu kippen. Die Anklage fußt unter anderem auf einem Gesetz gegen die organisierte Kriminalität. Der abgewählte Präsident hatte unter anderem in einem Telefonat mit Georgias Wahlleiter gefordert, die für seinen dortigen Sieg nötigen 11.780 Wählerstimmen zu "finden".
Aber auch der Prozessbeginn in Georgia ist ungewiss. Zwar ist unklar, ob die ausstehende Immunitätsentscheidung des Supreme Court Auswirkungen auch auf dieses Verfahren haben wird. Doch ist die Chefanklägerin in Georgia, Fanni Willis, ins Schleudern geraten, weil sie eine intime Beziehung zu einem Ermittler hatte. Die Trump-Anwälte wollen, dass sie von dem Fall abgezogen wird.
Anklage wegen Geheimdokumente aus dem Weißen Haus
Vor einem Bundesgericht im Bundesstaat Florida ist Trump wegen der Lagerung von geheimen Regierungsakten in seinem Privatanwesen Mar-a-Lago angeklagt. Bei einer Verurteilung droht ihm auch in diesem Fall eine lange Haftstrafe. Sonderermittler Smith hat den Prozessbeginn für den 8. Juli beantragt - der Termin ist wegen des Immunitätsverfahrens ungewiss.
Anklage in der Schweigegeldaffäre
Im Wahlkampf 2016 hatte Stormy Daniels, die eine Affäre mit Trump gehabt haben will, ein Schweigegeld von 130.000 Dollar von dessen Anwalt Michael Cohen erhalten. Das Schweigegeld an sich war nicht illegal. Die Staatsanwaltschaft des New Yorker Bezirks Manhattan wirft Trump jedoch die Fälschung von Geschäftsdokumenten in 34 Fällen vor, um die Zahlung zu verschleiern. Auch für diese Vorwürfe drohen hohe Haftstrafen.
Der Prozessbeginn ist für den 25. März angesetzt. Es gilt als unwahrscheinlich, dass der Termin wegen der ungeklärten Immunitätsfrage verschoben wird.
Die Urteile in Zivilverfahren
Wegen Finanzbetrugs wurde Trump zu einer Strafe von 355 Millionen Dollar (328 Millionen Euro) verurteilt. Der Immobilienunternehmer soll über Jahre hinweg die Vermögenswerte des Familien-Immobilienimperiums um Milliardenbeträge künstlich aufgebläht haben, um günstige Konditionen von Banken und Versicherungen zu bekommen. Zusammen mit den fälligen Zinsen beläuft sich die Strafe sogar auf mehr als 460 Millionen Dollar.
Zudem wurde Trump in zwei Zivilverfahren wegen sexuellen Missbrauchs und Verleumdung der Kolumnistin E. Jean Carroll zur Zahlung von insgesamt rund 88 Millionen Dollar verurteilt.
Trump dürfte erhebliche Schwierigkeiten haben, diese Summen aufzubringen. Gegen das Betrugsurteil hat er Berufung eingelegt - was ihn aber vorerst nicht von der Pflicht befreit, die Geldstrafe zu zahlen.
Ausschluss von Vorwahlen
Neben der Immunitätsfrage befasst sich das oberste US-Gericht auch mit Bestrebungen in Colorado und anderen Bundesstaaten, Trump wegen seiner Rolle bei der Kapitol-Erstürmung von den derzeit laufenden Präsidentschaftsvorwahlen auszuschließen. Es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass der Supreme Court dies erlaubt. Bei einer Anhörung Anfang Februar machten mehrere oberste Richter ihre Skepsis gegenüber einem solchen Wahlbann deutlich. (APA)