Kultur Österreich

Judas Priest mit neuem Album in Richtung Wien unterwegs

Heavy-Metal-Institution am Bass: Ian Hill
© APA

Wer wissen will, was Heavy Metal ist, muss bloß das neue Album von Judas Priest hören: Die Gruppe hat im 50. Jahr seit Erscheinen ihres Debüts mit "Invincible Shield" ein dynamisches Werk abgeliefert. "Zumindest machen wir irgendetwas richtig", schmunzelt Bassist Ian Hill, längstdienendes Bandmitglied, im APA-Interview. Der sympathische Brite lacht gerne und viel, wenn er über seine Arbeit spricht. Manchmal sei diese "hart", sagt er, "aber eigentlich lieben wir das alles."

Unter dem Motto "Metal Masters" gastieren Judas Priest zusammen mit den Haudegen Saxon und Uriah Heep, beide seit den späten 70ern bzw. 60ern aktiv, am 1. April in der Wiener Stadthalle. "Es ist toll, wenn man auf die Bühne geht und vor jungen Leuten steht, die Spaß an deiner Musik haben und sich nicht von uns alten Männern gelangweilt fühlen", lacht Hill einmal mehr. Veraltet klingt "Invincible Shield" ja überhaupt nicht, auch wenn die Zutaten bekannt erscheinen. "Es wird in unseren Songs immer Echos aus der Vergangenheit geben. Der Trick dabei ist, nicht die Vergangenheit zu sein, sondern relevant zu bleiben", sinniert der 73-Jährige.

Eigentlich pflegen die Mitglieder von Judas Priest, zusammen im Studio zu arbeiten, "allein schon wegen des Meinungsaustauschs", so Hill. Dieses Mal lief alles ein bisschen anders ab: "Wir hatten eine unerwartet verlängerte Zeit zum Songschreiben - wegen Covid. Das Album war vor der Pandemie kurz vor der Fertigstellung, aber dann konnten wir einander nicht mehr treffen. Ein Teil der Band lebt in Amerika, der Rest in England. Alles wurde für 18 Monate auf Eis gelegt."

Gitarrist Richie Faulkner, 2011 zu Judas Priest gekommen und "längst integraler Bestandteil", wie Hill betont, habe daher viel Zeit gehabt, "die Gitarrenparts zu perfektionieren". Drummer Scott Travis und der Bassist bekamen dann "so ausgefeilte Songs übermittelt, dass es nicht allzuschwer war, den Rhythmus beizusteuern". Allerdings gab es noch ein Problem, wie Hill erzählt: "Wir sind direkt aus der Pandemie in unsere 50-Jahre-Jubiläumstour aufgebrochen. Ich habe meine Bassspuren an spielfreien Tagen zwischen den Konzerten in Hotelzimmern aufgenommen. Sehr ungewöhnlich, aber irgendwie war das eine sehr entspannte Arbeitsweise."

Nachdem K.K. Downing, von 1970 bis 2011 einer der beiden Gitarristen im klassischen Line-Up von Judas Priest, gegangen ist - oder je nach Sichtweise: gegangen wurde -, musste der zweite Gitarrist im Bunde, Glenn Tipton wegen seiner Parkinson-Erkrankung zurückstecken. Auf der Bühne vertritt ihn mittlerweile Andy Sneap, der auch die letzten Alben der Band produzierte. "Glenns körperliche Fähigkeiten sind wegen der Krankheit limitiert, aber sein Verstand ist ja genauso scharf wie eh und je. Daher steuerte er weiter Ideen und Riffs bei. Seine Meinung wird von uns allen sehr geschätzt", sagt Hill über den Input Tiptons zu "Invincible Shield".

Dass auch ohne Gitarrenduelle von Downing und Tipton, über Jahrzehnte das Salz in der Soundsuppe der Band, Judas Priest noch immer wie Judas Priest klingen, ist für Hill leicht erklärbar: "Solange ein bestimmter Kern an Musikern dabei ist, hat man einen bestimmten Klang. Rob prägt den natürlich mit seiner speziellen Stimme ganz besonders." Besagter Rob Halford singt mit 72 noch immer kraftvoll und klar wie in jungen Jahren: "Ich weiß nicht, wie er das macht. Ich bin einfach froh, dass er es macht", sagt sein Kollege im Zoom-Gespräch.

Halford ist der in der Fanszene unumstrittene "Metal God" (so auch ein Song von Judas Priest). "Man sollte das alles nicht zu ernst nehmen", lächelt Hill. Tom Allom, unser früherer Produzent, hat damit angefangen. Wir haben damals den Song 'Love Bits' aufgenommen, mit einem extrem tief gestimmten Bass. 'Na komm schon, Bassgott', forderte er mich auf. Dann gab es plötzlich einen Gitarrengott und einen Drumgott. Drumgott klingt doch komisch. Und wir haben ja zwei Gitarristen, also wer von den beiden ist der Gott? Am Ende blieb der Metal God."

An seinem Instrument ist Ian Hill zweifellos ein Könner, fühlt er sich als Bassist manchmal an unbesungener Held der Band? "Manchmal. Aber der Bass ist nun mal ein Rhythmusinstrument. Die Rhythmussektion liefert die Plattform, auf der alles andere aufbaut. In den alten Tagen habe ich noch Basssoli gespielt - bis ich realisiert habe, dass das die Leute wenig interessiert."

(Das Gespräch führte Wolfgang Hauptmann/APA)

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