USA fordern Neuwahlen

Druck beginnt zu wirken: Hamas will Plan für Feuerpause und Geisel-Freilassung

Vertriebene Palästinenser sitzen mit ihren Habseligkeiten inmitten der Trümmer von Häusern, die bei einem Beschuss zerstört wurden.
© APA/AFP

Israels Ministerpräsident Netanyahu sieht eine geplante Feuerpause im Nahost-Konflikt als Ergebnis von Katars finanziellem Druck auf die Hamas. Indes kritisieren die USA seinen Führungsstil und fordern Neuwahlen in Israel.

Gaza, Jerusalem – Die Islamistenorganisation Hamas hat nach eigenen Angaben in den Waffenruhe-Gesprächen im Gaza-Krieg einen umfassenden Vorschlag vorgelegt. Dieser sehe ein Ende der Kämpfe, Hilfslieferungen und einen mehrstufigen Plan Austausch von israelischen Geiseln und palästinensischen Häftlingen vor. Verlangt wird weiter der Abzug israelischer Truppen, was Israel ablehnt. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu meinte denn auch, die Hamas halte an "unrealistischen Forderungen" fest.

Nach dem von der Nachrichtenagentur Reuters eingesehenen Konzept sollen in einem ersten Schritt Frauen, Kinder, ältere und erkrankte Menschen sowie Soldatinnen in Händen der Hamas freigelassen werden. Im Gegenzug soll Israel 700 bis 1000 inhaftierte Palästinenser freilassen. Darunter sollen rund Hundert Häftlinge sein, die zu lebenslanger Haft verurteilt wurden.

Die Hamas erklärt, sie werde einer Feuerpause erst zustimmen, wenn man sich auf diesen ersten Schritt geeinigt habe. Nach diesem ersten Schritt müsse ein Datum festgelegt werden, bis zu dem sich alle israelischen Soldaten aus dem Gazastreifen zurückziehen müssten. Erst danach würden sämtliche Geiseln freigelassen.

Der Druck, den Katar als Vermittler zwischen Israel und der palästinensischen Seite auf die Hamas ausübe, beginne zu wirken, meinte Netanyahu nach Angaben seines Büros. Demnach soll das Golfemirat damit gedroht haben, Mitglieder der Islamistenorganisation aus Katar auszuweisen und ihnen kein Geld mehr zu geben, sollten sie bei den Verhandlungen nicht einlenken. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Kritik an Netanyahu nimmt zu

Seitens der USA wird unterdessen die Kritik an Netanyahu immer lauter. Der einflussreiche demokratische Mehrheitsführer im US-Senat, Chuck Schumer, forderte Neuwahlen in Israel. Er glaube, dass der Regierungschef "vom Weg abgekommen ist, indem er sein politisches Überleben über die besten Interessen Israels gestellt hat", sagte Schumer, der selbst jüdisch ist und sich als eisernen Unterstützer Israels bezeichnete.

Die Kritik an Regierungschef Benjamin Netanyahu wird immer lauter. Ihm wird vorgeworfen, zivile Opfer im Gazastreifen in Kauf zu nehmen, um die Hamas unter Kontrolle zu bringen.
© IMAGO/DEBBIE HILL

Netanyahu habe sich in eine Koalition mit Rechtsextremisten begeben und sei infolgedessen "zu sehr bereit, die zivilen Opfer im Gazastreifen zu tolerieren". Die weltweite Unterstützung für Israel sei deshalb auf einen historischen Tiefstand gefallen. Israel könne aber nicht überleben, wenn es zu einem "Paria" werde.

Netanyahus konservative Likud-Partei kritisierte Schumers Äußerungen scharf. "Israel ist keine Bananenrepublik, sondern eine unabhängige und stolze Demokratie", hieß es in einer Erklärung der Partei. Der Regierungschef sei gewählt worden, seine "entschlossene Politik" werde von einer großen Mehrheit unterstützt. Laut aktuellen Umfragen müsste Netanyahus rechtsreligiöse Koalition bei einer Neuwahl allerdings mit massiven Verlusten rechnen.

Schumer bezeichnete Netanyahu als Hindernis für den Frieden - unter anderem durch seine Ablehnung einer Zweistaatenlösung. Netanyahus Likud-Partei entgegnete, das israelische Volk sei gegen eine internationale Anordnung zur Errichtung eines Palästinenserstaats.

Scholz zu Besuch in Israel

Während in Israel und den Palästinensergebieten die Spannungen weiter zunehmen, wird der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz Medienberichten zufolge am Sonntag zu einem Besuch in Israel erwartet. Die bevorstehende Reise nach Israel und Jordanien wurde der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag aus deutschen Regierungskreisen bestätigt. Es wird Scholz' zweiter Besuch in Israel seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober sein.

Der deutsche Kanzler hat zuletzt bekräftigt, dass Israel jedes Recht habe, sich gegen den Terror der Hamas zu verteidigen. Er warb aber auch erneut für eine länger anhaltende Waffenruhe im Gazastreifen, um die aus Israel entführten Geiseln freizubekommen und humanitäre Hilfe zu ermöglichen.

Deutschland leistet einen Beitrag zum geplanten Hilfskorridor für Gaza auf dem Seeweg. Die deutsche Luftwaffe hat außerdem ein erstes Transportflugzeug für den Abwurf von Hilfsgütern über dem Gazastreifen nach Jordanien verlegt. Die Hilfsgüter sollen in Jordanien eingeladen werden und die Abwürfe noch in dieser Woche beginnen. Die Bundeswehr stellt dafür zwei Transportflugzeuge vom Typ C-130 Hercules bereit, die jeweils bis zu 18 Tonnen Last transportieren können. (APA, Reuters, dpa)

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