Nur vier Volksbegehren schafften die 100.000er-Hürde
Geschafft haben dies laut den vorläufigen Ergebnissen „Essen nicht wegwerfen!", „Glyphosat verbieten", „Kein NATO-Beitritt" und „Nein zu Atomkraft-Greenwashing". Zehn Begehren scheiterten.
Wien – Nur vier der 14 am Montag Abend zu Ende gegangenen Volksbegehren haben die für eine Behandlung im Nationalrat erforderliche Hürde von 100.000 Unterschriften erreicht. Geschafft haben dies laut den vorläufigen Ergebnissen des Innenministeriums die Initiativen „Essen nicht wegwerfen!" (126.767 Unterschriften), „Glyphosat verbieten" (121.734), „Kein NATO-Beitritt" (109.089) und „Nein zu Atomkraft-Greenwashing" (105.955 Unterschriften).
„Essen nicht wegwerfen" fordert ein Verfassungsgesetz, wonach Lebensmittelhersteller und Supermärkte verpflichtet werden sollen, nicht mehr verkaufsfähige, aber noch genießbare Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen zu spenden. „Glyphosat verbieten" verlangt ebenfalls ein Verfassungsgesetz - in diesem Fall nach einem „ausnahmslosen Glyphosatverbot nach dem Vorbild Luxemburgs". Den Verfassungsgesetzgeber will auch die Initiative „Kein NATO-Beitritt Österreichs" bemühen und „zusätzlich zum bestehenden Neutralitätsgesetz" explizit einen Beitritt zur NATO untersagen. „Nein zu Atomkraft-Greenwashing" macht es ebenfalls nicht unter einem Verfassungsgesetz: Hier soll die Anerkennung von Atomstrom als nachhaltige Energieform durch die EU verhindert werden.
Unter der geforderten Schranke blieben dagegen die Volksbegehren „Frieden durch Neutralität" (98.123), „Energiepreisexplosion jetzt stoppen" (97.918), „Tägliche Turnstunde" (96.211),"Das Intensivbettenkapazitätserweiterungs-Volksbegehren" (91.851 Unterschriften), „Kein Elektroauto-Zwang" (80.299), „CO2-Steuer abschaffen" (72.667), „Parteienförderungen abschaffen" (71.678), „Energieabgaben streichen" (69.165), „Neutralität Österreich stärken" (65.040) und „Bist du gescheit" (43.754).
Unterschrieben werden konnten die Begehren mehr als eine Woche lang entweder online (mit elektronischer Signatur) oder vor einer Gemeindebehörde). (APA)
Volksbegehren: Echtes Anliegen oder Geschäftsmodell?
Von Wolfgang Sablatnig
Volksbegehren boomen. Seit 2018 müssen Unterstützerinnen und Unterstützer nicht mehr persönlich aufs Gemeindeamt gehen, sondern können online unterschreiben. Voraussetzung dafür ist lediglich eine Anmeldung zur „ID Austria", die auch für andere Amtswege im Internet nötig ist.
Der Erfolg eines Volksbegehrens bemisst sich vordergründig an 100.000 Unterschriften. Werden diese erreicht, muss die Initiative im Nationalrat diskutiert werden – mehr aber auch nicht. Nur wenige Initiativen schaffen es, eine Diskussion in Medien und Öffentlichkeit anzustoßen. Dafür brauchen sie in der Regel prominente Unterstützer und ein fundiertes Anliegen.
Eingeleitet werden Volksbegehren von interessierten Bürgern und Organisationen. Manchmal stehen auch Parteien dahinter – so wie bei den nun beendeten Initiativen das „Team Kärnten" des früheren SPÖ-und Stronach-Abgeordneten sowie Landesrats Gerhard Köfer mit der Forderung nach einem Nein zum Elektroauto-Zwang.
Immer wieder sind es aber auch einzelne Einbringer, die gleich eine ganze Reihe von Themen aufbringen. Gemeinsam ist ihnen, dass die Titel dieser Initiativen emotionalisieren. Die passende Werbung passiert in sozialen Netzwerken, der Aufwand ist vergleichsweise gering.
Bei den aktuell 14 Volksbegehren traten zwei Personen mit je vier Initiativen auf. Thematisch waren diese bunt gemischt, von NATO bis Turnen und Spitalsbetten. Für jedes erfolgreiche Volksbegehren – das also 100.000 Unterschriften erreicht – bekommen sie so wie alle anderen Initiatoren vom Innenministerium einen pauschalen Unkostenersatz. Abzüglich der Gebühren für ein Volksbegehren können sie rund 13.500 Euro Gewinn machen, wenn sie ihre Ausgaben gering halten.
Wenn dem Kostenersatz aber kaum echte Kosten gegenüberstehen und einzelne Personen mehrere Initiativen gleichzeitig starten: Sind Volksbegehren dann ein Geschäftsmodell? Der Verdacht steht im Raum. Die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne schlagen vor, den Kostenersatz zu beschränken. SPÖ und NEOS sind gesprächsbereit. Die FPÖ hingegen warnt vor Beschränkungen für die Direkte Demokratie.