Blinken: Gaza von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen
Die gesamte Bevölkerung des umkämpften Gazastreifens ist nach Einschätzung von US-Außenminister Antony Blinken von akuter Ernährungsnot betroffen. Nach den anerkanntesten Bewertungen der Lage litten "100 Prozent der Bevölkerung in Gaza unter schwerwiegender akuter Ernährungsunsicherheit", sagte Blinken am Dienstag zum Abschluss eines Besuchs auf den Philippinen. "Das ist das erste Mal, dass eine ganze Bevölkerung so eingestuft wurde", fügte er hinzu.
Israel müsse sich zwar verteidigen und dafür sorgen, dass von Gaza keine Gefahr mehr ausgehe. Zugleich müsse es aber der Versorgung jener, die dringend humanitäre Hilfe benötigten, "höchste Priorität" einräumen.
Blinken reist am Mittwoch nach Saudi-Arabien und Ägypten weiter, um die Bemühungen um eine vorübergehende Waffenruhe im Gazakrieg und die Freilassung von Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas zu besprechen. Außerdem will sich der US-Außenminister um eine Aufstockung der Hilfslieferungen für die Not leidenden Menschen im Gazastreifen einsetzen.
Unterdessen erreichten nach Angaben des britischen Außenministeriums mehr als 2.000 Tonnen Nahrungsmittelhilfe den Gazastreifen. Die Lebensmittelpakete für mehr als 275.000 Menschen seien über Jordanien in den Gazastreifen gelangt und würden vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) an bedürftige Familien verteilt, teilte das britische Außenministerium mit.
Zusätzlich sollen 150 Tonnen von Großbritannien finanzierte Hilfsgüter, darunter Zelte und Decken, vom Kinderhilfswerk UNICEF verteilt werden. "Wir brauchen einen dauerhaften humanitären Zugang über Straßen, um mehr Hilfe leisten zu können", sagte der britische Außenminister David Cameron. "Wir drängen Israel weiterhin, weitere Grenzübergänge zu öffnen und die medizinische Versorgung, die Wasserversorgung und die sanitären Einrichtungen wiederherzustellen."
Die UNO warnt seit Wochen, dass in Gaza eine Hungersnot drohe. Die offizielle Einstufung als Hungersnot bedeutet konkret, dass mindestens 20 Prozent der Bevölkerung von extremem Mangel an Nahrung betroffen sind. Hilfsorganisationen berichten von enormen Schwierigkeiten, Zugang zu dem abgeriegelten Gebiet, insbesondere zum Norden, zu erhalten. Mehrere Länder haben begonnen, Hilfe über den Seeweg und aus der Luft nach Gaza zu bringen. Auch die deutsche Luftwaffe hat Hilfsgüter abgeworfen. Laut der UN ist das jedoch keine ausreichende Alternative zu Hilfslieferungen per Lastwagen.
Insidern zufolge sind die US-Gelder für das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen bis März 2025 gesperrt. Das Verbot der US-Finanzierung für UNRWA werde noch etwa ein Jahr aufrechterhalten, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Israel wirft der UNRWA vor, einige Mitarbeiter seien am Überfall am 7. Oktober beteiligt gewesen oder würden die radikalislamische Hamas unterstützen. Daraufhin haben mehrere Staaten die Finanzierung der UNRWA eingestellt.
Bisher hat die US-Regierung pro Jahr zwischen 300 Millionen bis 400 Millionen Dollar an UNRWA gezahlt. Die US-Regierung will laut früheren Angaben eines US-Regierungssprechers diese Mittel anderen UNO-Einrichtungen wie dem Kinderhilfswerk UNICEF zukommen lassen, die damit Hilfen im Gazastreifen finanzieren könnten.