Netanyahu gibt grünes Licht: Neue Gespräche über Waffenruhe in Gaza
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu zeigt sich für weitere Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen offen. Diese soll in den nächsten Tagen stattfinden. Währenddessen gehen die Kämpfe unvermindert weiter.
Gaza – Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hat grünes Licht für weitere Gespräche mit der Hamas über eine Waffenruhe und Geiselfreilassungen im Gazastreifen gegeben. Netanyahu habe nach Rücksprache mit den Chefs der israelischen Geheimdienste einer neuen Verhandlungsrunde „in den nächsten Tagen in Doha und Kairo“ zugestimmt, erklärte sein Büro am Freitag in Jerusalem. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.
Am Montag hatte der UN-Sicherheitsrat in einer Resolution eine "sofortige Waffenruhe" im Gazastreifen und die Freilassung der dort festgehaltenen Geiseln gefordert. Die Hamas wurde in der Resolution jedoch nicht erwähnt. Die USA hatten die Resolution durch den erstmaligen Verzicht auf ihr Vetorecht und ihre Stimmenthaltung ermöglicht.
Seitdem machen Israel und die Hamas sich gegenseitig für eine bisher ausbleibende Einigung über eine Waffenruhe im Gazastreifen in Verbindung mit der Freilassung von Geiseln im Austausch von palästinensischen Gefangenen verantwortlich.
Nach Angaben aus Katar wurden die Verhandlungen zwischen den beiden Seiten zwar fortgesetzt. Konkrete Informationen wurden allerdings seitdem nicht bekannt. Gemeinsam mit den USA und Ägypten bemüht sich der Golfstaat seit Wochen um eine entsprechende Vereinbarung - bisher jedoch ohne Erfolg.
Weitere Luftangriffe am Freitag
Am Freitag kamen bei israelischen Angriffen auf den Gazastreifen zahlreiche Palästinenser ums Leben. Nach Angaben palästinensischer Gesundheitsbehörden wurden allein im Vorort Al-Shedshaja im Osten von Gaza-Stadt 17 Menschen getötet, während ein Luftangriff auf ein Haus im Flüchtlingslager Al-Maghazi im Zentrum des Gazastreifens acht Todesopfer gefordert haben soll. Laut der Hamas-Regierung in Gaza waren unter den Toten in Al-Shedshaja mindestens zehn Polizisten.
Das israelische Militär teilte mit, dass die Streitkräfte ihre Operationen in der Umgebung des Al-Shifa-Komplexes in Gaza-Stadt fortsetzten. Dabei solle der Schaden für Zivilisten, Patienten, medizinische Teams und Ausrüstung möglichst gering gehalten werden.
Beiden Seiten zufolge kam es auch zu Kämpfen um das Al-Shifa-Kankenhaus in Gaza-Stadt. Das vor Kriegsausbruch größte Hospital des Gazastreifens war zuletzt eine der wenigen Gesundheitseinrichtungen, die im Norden zumindest teilweise in Betrieb waren. Dort waren auch vertriebene Zivilisten untergebracht.
Israelischen Angaben zufolge haben die Streitkräfte Razzien in zentralen und südlichen Gebieten durchgeführt. Dabei hätten sich die Truppen einen Schusswechsel mit bewaffneten Palästinensern geliefert, bevor diese getötet werden konnten. Dort seien auch Waffen und Raketen gefunden worden.
Der bewaffnete Flügel der radikal-islamischen Hamas erklärte, seine Kämpfer hätten israelische Streitkräfte in der Nähe des Nasser-Krankenhauses in Khan Younis angegriffen - eines der beiden Hospitäler der Stadt, die seit mehreren Tagen von israelischen Soldaten blockiert werden.
Israel kritisiert UN-Bericht zu drohender Hungersnot
Israel hat einen UN-Bericht hinsichtlich einer drohenden Hungersnot im Gazastreifen massiv kritisiert. Der in der vergangenen Woche erschienene Bericht, der international Besorgnis ausgelöst hatte, enthalte Ungenauigkeiten, zweifelhafte Quellen und Informationslücken, erklärte die zuständige israelische Behörde für zivile Angelegenheiten in den palästinensischen Gebieten (Cogat) am Freitag.
Für die Verteilung von Lebensmitteln im Gazastreifen seien nach der Lastwagen-Abfertigung auf israelischer Seite UN-Organisationen zuständig, erklärte die Cogat. Diese seien jedoch nicht in der Lage, die täglich dort eintreffende Menge an Hilfsgütern zu bewältigen.
Israel sei sich der Auswirkungen des Krieges auf die Zivilbevölkerung im Gazastreifen bewusst, erklärte die Behörde weiter. Es würden jedoch ständig "hunderte Lastwagen auf der Gaza-Seite des Kerem-Schalom-Übergangs aufgehalten, nachdem sie von den israelischen Behörden vollständig abgefertigt wurden". Den israelischen Angaben zufolge wurden in dem UN-Bericht zudem falsche Angaben zur Anzahl der vor dem Krieg täglich in den Gazastreifen gelangten Lastwagen mit Hilfsgütern gemacht.
Dem in der vergangenen Woche veröffentlichten UN-Bericht zufolge befindet sich jeder zweite Bewohner im Gazastreifen in einer "katastrophalen Ernährungssituation". Wenn keine Maßnahmen ergriffen würden, stehe eine Hungersnot in den nördlichen Gebieten "unmittelbar bevor". Demnach sind derzeit etwa 1,1 Millionen Menschen im Gazastreifen aufgrund des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas von einer "katastrophalen Ernährungssituation" betroffen - die höchste Zahl, die je registriert worden sei.
Rafah wird weiter bombardiert
Im äußersten Süden des Küstenstreifens setzte Israel seine Bombardierungen in Rafah fort, dem letzten Zufluchtsort der Palästinenser, wo mehr als die Hälfte der 2,3 Millionen Einwohner Zuflucht gefunden haben. Bei einem Luftangriff auf ein Haus wurden am späten Donnerstag zwölf Palästinenser getötet.
Nach palästinensischen Angaben sind in dem Krieg bisher mehr als 32.600 Menschen im Gazastreifen ums Leben gekommen, über 75.000 wurden verletzt. Ausgelöst wurde der Krieg durch den Hamas-Überfall am 7. Oktober auf Israel, bei dem 1.200 Menschen getötet und 253 Geiseln verschleppt wurden. Ein Teil der Geiseln war während einer kurzen, bis dato einzigen Feuerpause Ende November im Austausch gegen palästinensische Häftlinge freigelassen worden. (APA)
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