EU zeigt Israel die Gelbe Karte: „Unverzügliches“ Ende der Bodenoffensive gefordert
EU-Außenbeauftragter Josep Borrell fordert „unverzügliches“ Ende der israelischen Bodenoffensive in Rafah.
Brüssel, Rafah, Tel Aviv – Die EU hat Israel gestern aufgefordert, den Militäreinsatz in Rafah „unverzüglich“ zu beenden. Sollte Israel den Einsatz fortsetzen, würde dies die Beziehungen der EU zu Israel stark belasten, hieß es von Seiten des Außenbeauftragten Josep Borrell. Die Operation in Rafah behindere die Verteilung der humanitären Hilfe in dem abgeriegelten Küstengebiet weiter, hieß es in Brüssel. Das führe zu weiteren Vertreibungen, Hungersnot und menschlichem Leid. Die EU erkenne das Recht Israels an, sich zu verteidigen. Israel müsse sich aber an das humanitäre Völkerrecht halten und für die Sicherheit der Zivilbevölkerung sorgen.
Israels Premier Benjamin Netanjahu hält bisher ungeachtet der internationalen Kritik an einer Bodenoffensive in Rafah fest, wo über eine Million Menschen Schutz vor den Kämpfen gesucht haben. Israel bezeichnet die Stadt als letzte Bastion der militanten Palästinenser-Organisation Hamas. Der Militäreinsatz zielt zudem darauf ab, dort vermutete israelische Geiseln zu befreien. In der vergangenen Woche drang das israelische Militär mit Panzern in Rafah ein und forderte die Bewohner zur Evakuierung auf.
Hunderttausende auf der Flucht
Seitdem sind laut Angaben des UNO-Palästinenserhilfswerks fast 450.000 Menschen aus der Stadt geflohen. Auch im nördlichen Gazastreifen flohen 100.000 Palästinenser vor den Kämpfen. Trotz lauter Kritik an der Kriegsführung Israels bereitet die US-Regierung eine neue Waffenlieferung an Israel im Volumen von etwa einer Milliarde Dollar (rund 920 Millionen Euro) vor. Vergangene Woche hatte Biden Israel noch mit der Zurückhaltung von Militärmaterial gedroht.
Netanjahu hat gestern die Entscheidung der UNO-Vollversammlung, eine Anerkennung eines Palästinenser-Staates voranzutreiben, scharf kritisiert. „Niemand wird uns daran hindern, unser Grundrecht auf Selbstverteidigung auszuüben – nicht die UNO-Vollversammlung und keine andere Instanz“, erklärte er. Die irische Regierung will Palästina noch im Mai als eigenen Staat anerkennen.
Gestern haben Palästinenser den 76. Jahrestag der so genannten Nakba begangen und an Flucht und Vertreibung Hunderttausender Menschen nach der Staatsgründung Israels im Jahr 1948 erinnert. (TT, dpa, APA, AFP)