Nach umstrittenen Äußerungen

Krise in der AfD: EU-Kandidat Krah zieht sich aus Wahlkampf und Vorstand zurück

Maximilian Krah bleibt zwar Spitzenkandidat der AfD, das Verhältnis zwischen Parteispitze und ihm wird aber frostiger.
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Nach der Verharmlosung der SS durch AfD-EU-Spitzenkandidat Krah bricht die Parteispitze nun zwei Wochen vor der Wahl mit dem 47-Jährigen.

Berlin – Gut zwei Wochen vor der Europawahl bricht die AfD mit ihrem Spitzenkandidaten Maximilian Krah. Der Bundesvorstand habe ein Auftrittsverbot für Krah verhängt, teilte ein Parteisprecher am Mittwoch mit. Krah selbst erklärte auf der Plattform X (vormals Twitter), er verzichte auf weitere Wahlkampfauftritte und trete als Mitglied des Bundesvorstands zurück. Hintergrund sind umstrittene Äußerungen Krahs zur SS und ein darüber entbrannter Streit mit der französischen Rassemblement National.

Wie es nun mit dem Europawahlkampf der AfD weitergeht, ist unklar. Die Wahl ist in Deutschland am 9. Juni. Auch die Nummer zwei auf der Europaliste, Petr Bystron, soll wegen staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen nach dem Willen der Parteispitze nicht mehr auftreten. Beide Kandidaten sind seit Wochen wegen möglicher Verbindungen zu prorussischen Netzwerken in den Schlagzeilen. Staatsanwaltschaften prüfen laut Medienberichten mögliche Geldzahlungen bei beiden Politikern. Zudem wurde ein Mitarbeiter Krahs wegen mutmaßlicher Spionage für China verhaftet.

Verharmlosung von SS-Verbrechen

Stein des Anstoßes war nun ein Interview Krahs mit der italienischen Zeitung La Repubblica. Krah hatte gesagt, nicht alle Mitglieder der SS seien kriminell gewesen. „Ich werde nie sagen, dass jeder, der eine SS-Uniform trug, automatisch ein Verbrecher war“, sagte Krah der Zeitung. Auf die Frage, ob die SS Kriegsverbrecher seien, antwortete er: „Es gab sicherlich einen hohen Prozentsatz an Kriminellen, aber nicht alle waren kriminell.“ Die nationalsozialistische SS bewachte und verwaltete unter anderem die Konzentrationslager und war maßgeblich für Kriegsverbrechen verantwortlich. Bei den Nürnberger Prozessen nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde sie zu einer verbrecherischen Organisation erklärt.

Der Rassemblement National (RN) hatte nach dem Interview angekündigt, künftig nicht mehr in einer Fraktion mit der AfD im Europaparlament zusammenarbeiten zu wollen. Beide Parteien sitzen dort bisher gemeinsam mit der FPÖ in der Rechtsfraktion ID (Identität und Demokratie). RN-Parteichef Jordan Bardella begründete die Entscheidung seiner Partei im Sender TF1: „Ich denke, dass die AfD, mit der wir im Europäischen Parlament seit fünf Jahren zusammengearbeitet haben, Linien überschritten hat, die für mich rote Linien sind.“ Nach der Wahl werde man deshalb neue Verbündete haben und nicht mehr an der Seite der AfD sitzen.

Am Mittwochvormittag beriet der AfD-Bundesvorstand nach Angaben eines Sprechers in einer Telefonkonferenz über Krahs Äußerungen und die Folgen für die Zusammenarbeit mit dem Rassemblement National. Als Ergebnis bestätigte der Parteisprecher das Auftrittsverbot für Krah.

Krah als Vertrauter von AfD-Chef Höckes

Krah stammt aus dem sächsischen AfD-Landesverband. Er gilt als Vertrauter des thüringischen AfD-Landeschefs Björn Höcke. Die AfD-Spitze um die Bundesvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla hatten bereits in den vergangenen Wochen Distanz zu Krah erkennen lassen.

Bei Krah überprüfen Staatsanwaltschaften laut Medienberichten, ob es Ermittlungen wegen möglicher chinesischer Zahlungen geben soll. Der sächsische AfD-Politiker ist nach Aussagen kritischer Parteikollegen in der Vergangenheit immer wieder mit prochinesischen Äußerungen und Aktivitäten aufgefallen. Die sogenannten Vorermittlungsverfahren werden im Fall Krahs von der Staatsanwaltschaft Dresden geführt, im Falle Bystrons gibt es ein ähnliches Verfahren in München. Beide Politiker haben gegenüber der AfD-Spitze versichert, kein Geld genommen zu haben.

Nach einem Krisengespräch mit Weidel und Chrupalla hatte Krah bereits seine Teilnahme am Wahlkampfauftakt der AfD am 27. April in Donaueschingen abgesagt. Später nahm er die Auftritte aber wieder auf. (APA, dpa)