„Hölle auf Erden“: Dutzende Tote bei israelischem Luftangriff auf Flüchtlingslager bei Rafah
35 Tote und Dutzende Verletzte gibt es laut Gesundheitsbehörde nach einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen. Israel bestätigte einen Angriff auf ein Gelände der Hamas. Das UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA spricht von „Hölle auf Erden“.
Gaza – Bei einem israelischen Luftangriff in der Stadt Rafah im Gazastreifen sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde 35 Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Die Behörde sprach in der Nacht auf Montag von einem "Massaker". Die meisten der Toten seien Frauen und Kinder. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. In sozialen Medien kursierten Videos, die zeigten, wie Leichen aus brennenden Zelten geborgen wurden.
Das UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA zeigte sich entsetzt über Berichte, nach denen in Rafah viele Menschen getötet wurden, darunter Kinder und Frauen. „Gaza ist zur Hölle auf Erden geworden. Die Bilder von gestern Nacht sind ein weiterer Beleg dafür“, erklärte UNRWA am Montag. Auch Ägypten und Saudi-Arabien verurteilten die „gezielte Bombardierung von Flüchtlingen“.
Nach Angaben des Palästinensischen Roten Halbmonds wurden bei dem Angriff Zelte geflüchteter Zivilisten getroffen. Das israelische Militär bestätige auf der Plattform X, dass es einen Luftangriff auf ein Gelände der islamistischen Hamas gegeben habe. Neben Yassin Rabia, dem maßgeblichen Kopf hinter den Terroraktivitäten der Islamistenorganisation im Westjordanland, sei auch das ranghohe Hamas-Mitglied Khaled Nagar getötet worden. Der Luftangriff sei im Einklang mit internationalem Recht erfolgt, erklärte das Militär weiter. Die Berichte, dass infolge des Luftangriffs ein Feuer ausgebrochen sei, bei dem Unbeteiligte zu Schaden gekommen seien, würden überprüft.
Ärzte ohne Grenzen „entsetzt“
Der Rote Halbmond erklärte, das getroffene Gebiet sei eine der ausgewiesenen humanitären Zonen für jene Menschen, die wegen der israelischen Kampfhandlungen zur Evakuierung gezwungen gewesen seien.
Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen teilte über X mit, eine von ihr unterstützte medizinische Einrichtung in dem Gebiet habe nach dem Luftangriff auf das Flüchtlingslager "Dutzende Verletzte" behandelt. Es seien mehr als 15 Tote zu der Klinik gebracht worden. "Wir sind entsetzt angesichts dieses tödlichen Vorfalls, der einmal mehr zeigt, dass es (im Gazastreifen) nirgends sicher ist", erklärte die Organisation.
Scharfe Kritik der arabischen Staaten
Mehrere arabische Staaten verurteilten den israelischen Luftangriff aufs Schärfste. Israels „absichtliche Bombardierung der Zelte der Geflüchteten“ stelle einen „neuen und eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht“ dar, kritisierte das ägyptische Außenministerium am Montag. Jordanien verurteilte die „eklatante Missachtung der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs“ scharf. Das Außenministerium in Amman bezeichnete den jüngsten Angriff als „abscheuliches Kriegsverbrechen der israelischen Besatzungstruppen im Gazastreifen“.
Der Vermittlerstaat Katar zeigte sich besorgt, dass der Angriff die Bemühungen um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg behindern könnte. Das Außenministerium in Doha forderte die internationale Gemeinschaft auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um das „Verbrechen eines Völkermords“ zu verhindern. Aus Kuwait kamen ähnlich scharfe Worte. Das dortige Außenministerium verurteilte den Angriff aufs Schärfste.
Der Internationale Gerichtshof (IGH) hatte Israel am Freitag verpflichtet, den Militäreinsatz in Rafah unverzüglich zu beenden. Entscheidungen des Weltgerichts sind bindend. Allerdings besitzen die UNO-Richter keine Machtmittel, um einen Staat zur Umsetzung zu zwingen. (APA/dpa/Reuters)