Fragen und Antworten

Der Schuldspruch und seine Folgen: Was das Urteil gegen Donald Trump bedeutet

Nach dem Schuldspruch in allen 34 Anklagepunkten gegen den früheren US-Präsidenten stellen sich – auch mit Blick auf die US-Wahl – einige Fragen. Etwa ob Trump in das Gefängnis muss.
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Nach dem historischen Urteil gegen den ehemaligen US-Präsidenten stellen sich eine Reihe von Fragen: Was bedeutet der Schuldspruch und welchen Einfluss kann dieser auf die Wahl im November haben? Das Wichtigste dazu hier im Überblick.

Washington – Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump ist in New York vor Gericht im Schweigegeldprozess schuldig gesprochen worden. Er hatte alle Vorwürfe zurückgewiesen. Nach dem Schuldspruch stellen sich eine Reihe von Fragen: Kann er noch Präsident werden, muss er nun ins Gefängnis und wie reagierten seine Anhänger? Die Antworten darauf gibt es hier.

❓ Muss Trump ins Gefängnis?

Das ist unwahrscheinlich. Trump wurde in allen 34 Fällen schuldig gesprochen, wofür im Bundesstaat New York bis zu vier Jahre Haft verhängt werden können. Ersttäter ohne Gewaltdelikte erhalten jedoch meist keine Haftstrafe, sondern eher Geldstrafen oder Bewährung. Trump könnte auch unter Hausarrest gestellt werden. Als Ex-Präsident hat er Anrecht auf lebenslangen Personenschutz. Es ist unklar, wie das im Gefängnis umgesetzt werden könnte. Richter Juan Merchan hat angekündigt, dass das Strafmaß am 11. Juli bekanntgegeben wird.

❓ Könnte Trump noch Präsident werden?

Ja. Laut US-Verfassung muss der Präsidentschaftskandidat von Geburt an die US-Staatsbürgerschaft besitzen, über 35 Jahre alt sein und 14 Jahre in den USA gelebt haben. Eine Verurteilung oder Haftstrafe hätten keinen Einfluss auf die Wählbarkeit. Trump könnte theoretisch im Gefängnis oder unter Hausarrest vereidigt werden.

❓ Könnte sich Trump als Präsident selbst begnadigen?

Nicht in diesem Fall. In den USA sind die Rechtssysteme des Bundes und der Bundesstaaten voneinander getrennt. Der Präsident kann nur Begnadigungen zu Urteilen der Bundesgerichte aussprechen. Das Schweigegeldverfahren fällt unter das Landesrecht des Bundesstaates New York.

❓ Welchen Einfluss hat der Prozess auf seine Wahlchancen?

Der Ausgang ist mit dem Urteil keineswegs zugunsten von Amtsinhaber Joe Biden entschieden. Wie stark aber selbst eine Gefängnisstrafe die Wähler beeinflusst, ist unklar. Das sagen Wahlkampfstrategen beider Lager, und darauf deuten Umfragen hin.

Vor dem Prozess hatten Befragungen von Reuters und dem Meinungsforschungsinstitut Ipsos ergeben, dass zumindest einige Republikaner und unabhängige Wähler Trump – selbst Republikaner – die Unterstützung verweigern könnten. In einem Papier der Trump-Strategen heißt es dagegen, dass weder Verurteilung noch Freispruch Einfluss auf die Wahl haben werde.

Bidens Sprecher Michael Tyler blieb nach dem Urteil vorsichtig: „Das heutige Urteil ändert nichts daran, dass das amerikanische Volk vor einer simplen Realität steht: Es gibt nur einen Weg, Donald Trump vom Weißen Haus fernzuhalten – und das ist der Weg über die Wahlurne.“ Dennoch sei Trump nun ein „verurteilter Verbrecher“.

Bei der Ipsos-Umfrage unter Trump-Unterstützern Anfang des Jahres hatte etwas mehr als die Hälfte gesagt, dass sie trotz einer Verurteilung für ihn stimmen würden. Knapp ein Drittel war unsicher. 13 Prozent sagten, sie würden ihn in dem Fall nicht wählen.

Der republikanische Meinungsforscher Bill McInturff zeigt sich von der Entscheidung der Jury unbeeindruckt. Diejenigen, die Trump jetzt angeblich nicht mehr wählen wollten, seien eigentlich die Kernklientel der Republikaner. Dies sei ganz besonders kritisch gegen Biden eingestellt. „Ich glaube, bis November sind die alle wieder zurück in den Reihen von Trump.“

❓ Was ist mit den anderen drei Verfahren?

Weitere Verfahren laufen in Georgia und Washington im Zusammenhang mit Versuchen, das Wahlergebnis von 2020 zu kippen. In Florida läuft zudem ein Prozess im Zusammenhang mit dem Umgang mit Geheimdokumenten. Ob sie vor der Wahl abgeschlossen werden, ist unklar. Der Fall in Georgia wird vor einem Landesgericht verhandelt wie in New York. Die Verfahren in Washington und Florida werden dagegen von Bundesgerichten geführt. Damit könnte Trump bei einem Wahlsieg einen Justizminister ernennen, der sie beenden könnte. Sollte er für schuldig befunden werden, könnte er sich in diesen Fällen möglicherweise selbst begnadigen.

❓ Wie geht es nach dem Schuldspruch weiter?

Gegen das Urteil kann Trump Berufung einlegen. Was wohl auch geschehen wird. Sein Anwalt kündigte an, „so schnell wie möglich“, also nach Verkündung des Strafmaßes, Berufung einzulegen.

❓ Wie haben Trump-Unterstützer auf den Schuldspruch reagiert?

Prominente Republikaner und glühende Anhänger von Trump haben empört auf den Schuldspruch gegen den früheren US-Präsidenten im Schweigegeld-Prozess reagiert. Der republikanische Hardliner aus dem US-Repräsentantenhaus, Jim Jordan, bezeichnete das Urteil am Donnerstag als „Farce“. Trumps Sohn Donald Junior verbreitete gleich mehrere Nachrichten auf der Plattform X. Eine davon lautete: „So ein Bullshit!“

Die Demokraten hätten mit ihrem jahrelangen Versuch Erfolg gehabt, Amerika in ein „Dritte-Welt-Drecksloch“ zu verwandeln, schrieb Trump Junior. Mit Blick auf den Termin der Präsidentschaftswahl mahnte er: „Der 5. November ist unsere letzte Chance, es zu retten.“

Der frühere US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, argumentierte, das Urteil könne Trump nicht aufhalten. Grenell schrieb auf X: „Ich habe genug gesehen... Donald Trump ist zum 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden.“

Die radikale republikanische Abgeordnete, Marjorie Taylor Greene, postete auf X provokativ eine auf dem Kopf stehende US-Flagge. Dies Symbol wird von Trumps Anhängern verwendet und spielte auch bei der Attacke auf das US-Kapitol am 6. Jänner 2021 eine Rolle.

„Jemand in New York, der nichts zu verlieren hat, muss sich um Merchan kümmern“, schrieb ein Kommentator auf Patriots.Win mit Blick auf den Richter Juan Merchan. „Hoffentlich wird er von Illegalen mit einer Machete getroffen“, hieß es in Anspielung auf illegal eingereiste Einwanderer. Auf Gateway Pundit hieß es in einem Post: „Es ist Zeit, ein paar Linke zu erschießen. Das lässt sich nicht durch Wahlen regeln.“

Viele Trump-Anhänger werteten den Schuldspruch als Beleg dafür, dass das politische System nicht funktioniere. „1.000.000 (bewaffnete) Männer müssen nach Washington gehen und alle aufhängen. Das ist die einzige Lösung“, schrieb einer auf Patriots.win. Ein anderer fügte hinzu: „Trump sollte bereits wissen, dass er eine Armee hat, die bereit ist, für ihn zu kämpfen und zu sterben.“ In mehreren Posts wurde dazu aufgerufen, Demokraten ins Visier zu nehmen, und in einigen Fällen wurde vorgeschlagen, sie zu erschießen.

❓ Wie reagierte Stormy Daniels auf den Schuldspruch?

Die Erotikdarstellerin Stormy Daniels hat nach Angaben ihres Anwalts sehr emotional auf den Schuldspruch reagiert. Seine Mandantin sei erleichtert, dass der Fall nun vorbei sei, sagte Jurist Clark Brewster am Donnerstagabend (Ortszeit) US-Medien.

Für die 45-Jährige sei das Urteil auch deshalb „wirklich emotional“ gewesen. Brewster selbst sagte zu dem Schuldspruch: „Kein Mensch steht über dem Gesetz, und der selbstlose, fleißige Einsatz jedes einzelnen Geschworenen sollte respektiert und gewürdigt werden.“

❓ Und wie hat Trump selbst reagiert?

Trump selber befeuerte nach dem Schuldspruch die Aggressionen gegen das Gericht. „Das war eine Schande, das war ein manipuliertes Verfahren durch einen Richter, der in einen Konflikt verwickelt und korrupt war", sagte er zu Reportern. Auf Truth Social bezeichnete er den Richter als unfair.

Das Wahlkampfteam Trumps wiederum hat direkt nach dem Schuldspruch im New Yorker Schweigegeld-Prozess bei Anhängern um Spenden gebeten. „Ich bin ein politischer Gefangener“, hieß es in einer E-Mail des Trump-Teams und auf der Spenden-Webseite des Republikaners. „Ich wurde gerade in einem manipulierten Hexenjagd-Prozess verurteilt.“

„Ich habe nichts falsch gemacht“, hieß es weiter. "Aber mit eurer Unterstützung in diesem Moment der Geschichte werden wir das Weiße Haus zurückgewinnen und Amerika wieder großartig machen.„

Auch das Wahlkampfteam von Trumps politischem Gegner, Amtsinhaber Joe Biden, rief seine Anhänger dazu auf, die Kreditkarten zu zücken. „Verurteilter Verbrecher oder nicht, Trump wird der republikanische Kandidat für das Präsidentenamt sein“, schrieb das Team des Demokraten. Trump werde wegen des Schuldspruchs vermutlich Rekordsummen an Spenden einsammeln und könne dieses Geld dann für den Wahlkampf ausgeben. „Wenn ihr auf den perfekten Zeitpunkt gewartet habt, um eure erste Spende für die Wiederwahlkampagne von Joe Biden zu leisten, dann ist heute der richtige Tag dafür“, hieß es weiter.

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