Kultur Österreich

Festwochen erkunden mit "Memory of Mankind" unser Gedächtnis

Erinnern und Vergessen wurden vielseitig behandelt
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Tief im Berg lagert das Gedächtnis der Menschheit: Mit "Memory of Mankind" hat der Österreicher Martin Kunze den Versuch gestartet, auf Keramiktafeln das Wissen unserer Zivilisation für die Nachwelt zu erhalten. Was im Salzbergwerk Hallstatt lagert, nahm der schwedische Theatermacher Marcus Lindeen zum Anlass für eine gleichnamige Performance, in der sich vier Erzählende lustvoll an Erinnerung und Vergessen abarbeiten, wie die Festwochen-Premiere Donnerstagabend zeigte.

Im Jugendstiltheater am Steinhof betrat man gewissermaßen eine kleine Gedankenkapsel: In einer hölzernen Arena, die stufenförmig zu allen Seiten anstieg, wurde eineinhalb Stunden darüber verhandelt, was einmal von uns erhalten bleiben soll. Große wissenschaftliche Errungenschaften? Erkenntnisse über Pflanzenwelt und Tierreich? Oder doch ganz alltägliche Begebenheiten der Menschheit, eine Abhandlung über Gangsta-Rap und das Lebkuchenrezept der Mama?

Lindeen, der gemeinsam mit Marianne Ségol für das Konzept verantwortlich zeichnet, hat ausgehend von Kunzes Projekt und Gesprächen mit ihm einen Erzählabend entworfen, der mit humorvollen Tönen ebenso aufwartet wie mit nachdenklich stimmenden Einwürfen. Ein Archivar umriss stellvertretend für Kunze das "Memory of Mankind"-Vorhaben, zusätzlich veranschaulicht durch projizierte Tafeln. Ein anderer Mann schilderte hingegen seine plötzlichen Gedächtnisverluste, was auch seine Partnerin vor große Herausforderungen stellt, wie sie nur zu deutlich machte. Und ein junger Archäologe begab sich auf die Suche nach Überbleibseln queerer Zivilisationen.

Im steten Wechsel wurden diese Gesprächsebenen immer wieder getauscht, aber auch miteinander verwoben, wenn sich die vier Protagonisten zu den Einzelheiten ausfragten, dabei stets echtes Interesse aufbringend. Nicht selten musste man schmunzeln, wenn etwa ein USB-Stick im Schuh als Lösung für drohende Erinnerungslücken herhalten muss ("Ich fühle mich wie ein Geheimagent") oder aber super-intelligente Waschbären einmal die Reste der Menschheit entschlüsseln könnten. Und wer würde nicht gerne das Tagebuch eines depressiven Dinosauriers lesen.

"Memory of Mankind" gelang das Kunststück, trotz extremer Textlastigkeit eine Leichtigkeit in die verschiedenen Themen zu bringen. Schließlich ging es auch darum, wer überhaupt entscheidet, was bewahrenswert ist und was nicht - und aus welcher Perspektive Geschichte geschrieben wird. Die vier Darsteller wussten all das mit einer charmanten Lockerheit zu präsentieren, die aber nie ins Seichte zu kippen drohte. Am Ende gab es großen Applaus für das gesamte Team und auch den "echten Archivar" Martin Kunze. Daran darf man sich gerne noch länger erinnern.

(Von Christoph Griessner/APA)