Kritik an kurzer Begutachtung bei Handy-Sicherstellung
Kritik an der Vorgehensweise der Regierungsparteien bei der Neuregelung der Handy-Sicherstellung sowie anderer Bestimmungen der Strafprozessordnung übt der Vorsitzende der Richtervereinigung, Gernot Kanduth, gegenüber der APA. "Es ist sehr befremdlich, dass man bei so einem wichtigen Gesetz keine ausreichende Frist zur Begutachtung einräumt." Diese Kritik teilt auch ÖRAK-Präsident Armenak Utudjian. Die Bestimmungen sollen noch vor dem Sommer im Nationalrat beschlossen werden.
Davor ist nur eine kurze Ausschussbegutachtung geplant, die höchstens zwei Wochen dauert. Die beiden letzten Plenums-Termine und damit der Beschluss des Gesetzes sind bereits am 3. und 4. Juli geplant. "Die Kritik verstehe ich, mir wäre auch lieber gewesen, wenn das Gesetz früher gekommen wäre", sagte Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) gegenüber dem Ö1-Morgenjournal. Dass nun zu wenig Stellungnahmen eintrudeln, befürchtet die Ministerin nicht: "Das ganze Fachpublikum beschäftigt sich schon lange damit. Ich bin überzeugt, dass sich jetzt alle mit großem Interesse auf diesen Vorschlag werfen werden und ich bin überzeugt, dass die Stellungnahmen, die hier kommen, hoch qualifiziert sein werden und vom Justizministerium entsprechend eingearbeitet werden.
Dass die geplante Gesetzesänderung die Ermittlungen erschweren könnte, befürchtet Edtstadler nicht. "Wenn der Grundrechtseingriff derartig schwer ist, muss im Vorhinein von der Staatsanwaltschaft festgelegt werden, was sie braucht, um hier effizient aufklären zu können." Geplanterweise müssen Staatsanwaltschaften bei ihrem Antrag ans Gericht festlegen, welche Daten man zu welchem Zweck aus welchem Zeitraum abfragen möchte. "Ich habe keinen Zweifel, dass die Richterinnen und Richter das auch genehmigen, wenn das im Vorhinein beantragt wird", betonte Edtstadler.
Auch dass dadurch mehr Richter benötigt werden, glaubt Edtstadler - anders als Justizministerin Alma Zadić - nicht. Die grüne Ministerin ging Anfang des Jahres, kurz nach der Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, wonach die bisherige Regelung der Verfassung widerspricht, von einem wesentlichen Mehrbedarf an Richterinnen und Richtern, insbesondere im Journaldienst, aus. "Man kann sich bei diesen Anträgen durchaus Zeit nehmen, und wenn die Gefahr besteht, dass eine Person Dinge löscht, gibt es eine Gefahr-im-Verzug-Regelung." Die Polizei kann ein Handy in diesem Fall direkt sicherstellen und danach den notwendigen Bewilligungsvorgang einleiten.
Das sogenannte "Strafprozessrechtsänderungsgesetz" enthält nicht nur die Neuregelung der Handy-Sicherstellung, sondern auch noch zahlreiche andere Änderungen vor allem der Strafprozessordnung. Darunter sind etwa Regelungen zur Einstellung von Strafverfahren, zur Akteneinsicht von Opfern und Beschuldigten oder zur Trennung von Verfahren.
Inhaltlich könne er zu den Materien wenig sagen, so Kanduth. Man sei nicht in die Gespräche eingebunden gewesen. Ähnlich auch die Präsidentin der Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, Elena Haslinger. Gekannt habe man bisher bloß einen Arbeitsentwurf - auf die Letztfassung habe man sich noch nicht vorbereiten können.
Ähnlich fiel auch die erste Reaktion vom Präsidenten des österreichischen Rechtsanwaltskammertag aus. Grundsätzlich sei die Reform sehr zu begrüßen, nicht nur die Handy-Sicherstellung sondern auch die anderen Maßnahmen, so Utudjian. Im Detail könne man dazu aber noch nichts sagen, da man den Entwurf erst am Donnerstagabend erhalten habe, und das umfangreiche Gesetzesvorhaben nun erst prüfen muss. "Umso bedauerlicher ist es, dass sich so keine ordentliche Begutachtung ausgeht. Ich hoffe dass wir zumindest zwei Wochen Zeit haben", schloss er sich im Gespräch mit der APA am Freitag Kanduths Kritik an.