Staatsbesuch aus Indien

Offizieller Teil des Wien-Besuchs von Indiens Premier Modi begonnen

Narendra Modi (l.) wurde von Kanzler Karl Nehammer empfangen.
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Eine Begrüßung gab es mit militärischen Ehren auf dem Ballhausplatz. Danach fanden Treffen mit Nehammer und Van der Bellen sowie eine Teilnahme am Wirtschaftsforum statt.

Wien – Der indische Premierminister Narendra Modi ist am Mittwochvormittag mit militärischen Ehren auf dem Ballhausplatz in Wien willkommen geheißen worden. Damit begann auch offiziell sein Österreich-Besuch. Nach der Begrüßung zogen sich Modi und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu einem Arbeitsgespräch zurück. Es ist die erste Visite eines indischen Regierungschefs seit 41 Jahren.

Mit Fanfarenklängen wurde Modis Limousine angekündigt. Kanzler Nehammer nahm ihn in Empfang und schritt mit ihm auf dem roten Teppich vor dem Kanzleramt die Garde ab, deren Musiker die indische und die österreichische Hymne intonierten.

Premierminister Narendra Modi und Bundeskanzler Karl Nehammer bei der Begrüßung mit militärischen Ehren in Wien.
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Wie sehr häufig trug Modi traditionelle indische Kleidung: ein langärmeliges, kragenloses Hemd in Weiß, das über die Knie reicht (Kurta), eine lange, dunkle, ärmellose Weste sowie eine eng am Körper anliegende Hose (Churidar), ebenso in Weiß. Medienberichten zufolge lässt der Premier seine Outfits per Hand in seinem Heimat-Unionsstaat Gujarat im Nordwesten Indiens herstellen.

Wirtschaftsforum in der Hofburg

Neben dem Treffen mit Nehammer stand auf Modis Besuchsprogramm auch ein indisch-österreichisches Wirtschaftsforum in der Hofburg. Dort wurde er am Nachmittag außerdem von Bundespräsident Alexander Van der Bellen empfangen. Nach einem Handshake im Maria-Theresienzimmer zogen sich die beiden zum Gespräch zurück.

Indien ist mit 1,4 Milliarden das bevölkerungsreichste Land der Erde. Der 73-jährige Staatsgast wird von einer Delegation begleitet, die rund 120 Personen umfasst, darunter sein Außenminister Subrahmanyam Jaishankar, Berater und Wirtschaftsvertreter.

Modi (r.) erschien im traditionellen Gewand.
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Verstärkte bilaterale Zusammenarbeit

Ein großes Thema zwischen den beiden Regierungschefs war die bilaterale Zusammenarbeit in Wirtschaft und Wissenschaft, die verstärkt und ausgeweitet werden soll. Nehammer nannte beispielsweise die Bereiche Infrastruktur, Stadtentwicklung und erneuerbare Energien. Modi gab als Ergebnis seines Besuches bekannt, dass Indien und Österreich eine Start-up-Partnerschaft schließen würden. Zudem werde ein umfassender Zehn-Jahres-Fahrplan für die gemeinsame Kooperation ausgearbeitet.

Mit einem bilateralen Handelsvolumen von rund 2,7 Milliarden Euro im Jahr 2023 zählt Indien laut dem Bundeskanzleramt zu den wichtigsten Handelspartnern Österreichs außerhalb der EU. Die Bundesregierung und die Wirtschaftskammer (WKO) sehen weiteres Potenzial und erhoffen sich rund um das Wirtschaftsforum eine Steigerung des Handelsvolumens. Der Chef der Industriellenvereinigung (IV) und Industrielle Georg Knill sprach im Vorfeld von Indien vom "Wachstumsmarkt schlechthin".

Aus Österreich werden bisher vor allem Maschinen und Kfz-Güter nach Indien exportiert. Auch bearbeitete Waren wie Leder und Papier haben sich als gefragte Güter erwiesen. Rund um die Erreichung von Klimazielen befindet sich der indische Energiesektor im Aufschwung und bietet laut IV genauso Chancen wie sogenannte Smart-City-Projekte. Auch Fachkräfte aus Indien sind für österreichische Unternehmen von Interesse. Ein Freihandelsabkommens zwischen Indien und der Europäischen Union ist demnach ausverhandelt, wird aber bisher nicht umgesetzt.

Modi kam aus Moskau

Der seit zehn Jahren im Amt befindliche Hindu-Nationalist Modi war bereits am Dienstagabend, aus Moskau kommend, auf dem Flughafen Wien-Schwechat gelandet und dort von Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in Empfang genommen worden. Danach war in der Wiener Innenstadt ein Abendessen Modis mit Nehammer samt Vier-Augen-Gespräch angesetzt.

Modi bei der Eintragung ins Gästebuch.
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Modi hatte in Russland Machthaber Wladimir Putin, zu dem er gute, persönliche Beziehungen unterhält, getroffen. Indien bezieht verstärkt seit Beginn des Ukraine-Krieges preiswertes Erdöl aus der Russischen Föderation. Modi nannte Putin am Dienstag einen "lieben Freund".

Zugleich fand er Worte zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und den kurz davor erfolgten Raketenangriff Moskaus auf eine Kinderklinik in Kiew: "Krieg kann keine Probleme lösen", sagte der indische Regierungschef. "Wir müssen einen Weg zum Frieden durch Dialog finden." Wenn unschuldige Kinder ermordet würden, sei der Schmerz "unerträglich".

Aufgrund seiner Verbindung könnte sich Modi als Schlüsselfigur herausstellen, um eine Lösung für den Ukraine-Krieg anzubahnen. Nehammer will jedenfalls mit Modi "die gemeinsame Verantwortung für Frieden und Stabilität in der Welt" ausloten, hieß es aus dem Bundeskanzleramt.

Gemeinsames Engagement für Ukraine-Friedenslösung

Nehammer und sein Gast haben Indien und Österreich während des Besuchs des Premiers als „Brückenbauer“ auf dem Weg zu einem Ende von Russlands Ukraine-Krieg positioniert. Man habe gemeinsam Möglichkeiten abgesteckt, einen Prozess hin zu einem „fairen“ und „dauerhaften Frieden im Einklang mit der UNO-Charta“ in Gang zu bringen, so Nehammer im Anschluss an das Arbeitsgespräch mit Modi.

Weiters bot Nehammer Österreich als „Teil der EU“, aber „nicht Teil eines Militärbündnisses“ an. Ein Friedensprozess sei das „gemeinsame Ziel“ von Wien und Neu-Delhi. Der Bundeskanzler betonte außerdem seinen Wunsch nach einer „freien und prosperierenden Ukraine“.

Vordergründiger Anlass von Modis Besuch ist das 75-Jahr-Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Österreich und Indien 1949. 1955 hatte der indische Premier Jawaharlal Nehru Österreich besucht, 1983 seine Tochter und Nachfolgerin Indira Gandhi, ehe sie im Jahr darauf bei einem Attentat von zwei ihrer Leibwächter erschossen wurde. Rund um die Besuchsaktivitäten warnt die Polizei vor Verkehrsbehinderungen in der Wiener Innenstadt; lokal wurden Platzverbote verhängt. (TT.com, APA)