Nach Anhörung

Chefin des Secret Service tritt wegen Trump-Attentats zurück

Kimberly Cheatle erklärte am Dienstag ihren Rücktritt.
© APA/AFP/CHRIS KLEPONIS

Bei einer stundenlangen Anhörung im US-Kongress sah sich Secret-Service-Chefin Kimberly Cheatle mit Rücktrittsaufforderungen von Republikanern wie Demokraten konfrontiert. Diesen kam sie wenig später nach.

Washington – Die Direktorin des US-Secret Service, Kimberly Cheatle, ist zurückgetreten. Grund dafür ist, dass der Geheimdienst unter heftige Kritik geriet, nachdem es einem Attentäter gelang, Ex-Präsident Donald Trump während einer Wahlkampfveranstaltung anzuschießen.

Cheatle sah sich parteiübergreifender Kritik gegenüber, als sie am Montag vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses erschien und sich weigerte, Fragen über den Sicherheitsplan für die Kundgebung Trumps und die Reaktion der Behörde auf das verdächtige Verhalten des Schützen zu beantworten. Sowohl republikanische als auch demokratische Abgeordnete forderten sie daraufhin zum Rücktritt auf.

Stundenlange Anhörung

Bei der Anhörung räumte Cheatle ein Versagen des Dienstes ein – ließ aber viele Fragen unbeantwortet. Vor allem blieb weiterhin unklar, wie es passieren konnte, dass ein Dach mit direkter Sicht zur Bühne bei Trumps Wahlkampfevent unbesetzt blieb und der 20-jährige Attentäter von dort mehrere Schüsse abgeben konnte. Er wurde danach von einem Scharfschützen des Secret Service getötet. Eine seiner Kugeln traf Trump am Ohr, ein Teilnehmer der Kundgebung wurde getötet und zwei weitere verletzt. Sie habe sich persönlich bei Trump entschuldigt, sagte Cheatle.

📽️ Video | Trump-Attentat: Secret Service räumt Versagen ein

Das Gebäude, von dem die Schüsse fielen, war rund 183 Meter von Trumps Bühne entfernt, wie Cheatle sagte. Es lag außerhalb der vom Secret Service geschützten Sperrzone.

Stattdessen seien im Inneren des flachen Firmengebäudes Beamte der örtlichen Sicherheitsbehörden postiert worden, sagte Cheatle. Außerdem sollte es von oben beobachtet werden – auf welche Weise genau, ließ sie offen. Auch auf einem Wasserturm in der Nähe seien keine Mitarbeiter des Secret Service gewesen, räumte sie ein.

Zuvor hatte Cheatle in einem Interview gesagt, dass Schrägdach des Firmengebäudes sei als zu steil eingestuft worden, um Beamte darauf zu positionieren. Abgeordnete verwiesen darauf, dass das Dach hinter Trumps Bühne, auf dem Secret-Service-Scharfschützen saßen, noch steiler gewesen sei.

Mehrere Hinweise auf den Schützen

Die Secret-Service-Chefin räumte auch ein, dass es „zwei bis fünf" Hinweise auf den späteren Schützen gegeben habe, der unter anderem mit einem Entfernungsmesser aufgefallen sei.

Sie betonte jedoch, dass der Dienst zwischen verdächtig wirkenden Personen und klaren Bedrohungen unterscheide. Ein Rucksack oder ein Entfernungsmesser machten jemanden nicht automatisch zur Gefahr. Der Attentäter sei erst wenige Sekunden vor den Schüssen als Bedrohung eingestuft worden, sagte sie. Im Bereich außerhalb der Sicherheitssperrzone war wie vielerorts in den USA das offene Tragen von Waffen erlaubt.

Der Secret Service ist in den USA für den Schutz ranghoher Politiker zuständig, darunter amtierende und frühere Präsidenten. Aktuell werden 36 Personen von der Behörde bewacht – sie ist auch bei Besuchen von Amtsträgern aktiv.

Trump, der für die Republikaner im November wieder ins Weiße Haus einziehen will, war am 13. Juli bei einem Wahlkampfauftritt im Bundesstaat Pennsylvania verletzt worden. Er sagte später, er habe kurz vor dem ersten Schuss den Kopf gedreht. Die Kugel streifte sein rechtes Ohr. Danach warfen sich Leibwächter des Secret Service auf ihn.

„Was vertuschen Sie?“

Einige Abgeordneten der Republikaner versuchten sich bei der Anhörung im Aufsichtsausschusses im Repräsentantenhaus am Montag in Verschwörungstheorien. „Was vertuschen Sie?", fragte etwa Lisa McLain aus Michigan Cheatle. „Gab es eine Verschwörung, Präsident Trump zu töten?", wollte die rechte Republikanerin Marjorie Taylor Greene von ihr wissen. „Absolut nicht", antwortete die Secret-Service-Chefin.

Zugleich ließ Cheatle unter anderem Fragen dazu unbeantwortet, wie der Schütze aufs Dach kam – und wie viele Patronenhülsen dort gefunden wurden.

In dem oft entlang der politischen Trennlinien gespaltenen Ausschuss waren sich viele Republikaner und Demokraten diesmal einig, dass Cheatle nach dem Attentat zurücktreten müsse. Sie konterte, dass sie aus ihrer Sicht aktuell die beste Person sei, um den Dienst zu führen. Es werde eine gründliche Untersuchung und Konsequenzen geben. Die Ermittlungen dürften allerdings um die zwei Monate dauern.

„Sie sollten wieder Doritos bewachen“

Abgeordnete beider Parteien zeigten sich ungemein frustriert von Cheatles Antworten. „Sie sollten sofort gefeuert werden und wieder Doritos bewachen", rief ihr der republikanische Abgeordnete Pat Fallon. Die Erwähnung der Chips-Marke war eine Anspielung auf Cheatles zwischenzeitlichen Job als Sicherheitschefin beim Getränke-und Snackriesen PepsiCo. Sie war nach 27 Jahren beim Secret Service in die Wirtschaft gewechselt, bevor sie im September 2022 zur Chefin der Behörde berufen wurde. Die Republikanerin Anna Paulina Luna warf Cheatle vor, bei der Anhörung unter Eid nicht die Wahrheit gesagt zu haben.

Cheatle bezeichnete die Attacke als schwerstes operatives Versagen des Secret Service seit Jahrzehnten. Der Vorsitzende des Aufsichtsausschusses im Repräsentantenhaus, der Republikaner James Comer, sagte, dass der Angriff zu verhindern gewesen sei. Sein demokratischer Vize Jamie Raskin verwies unterdessen darauf, dass Schusswaffen-Angriffe in Amerika zu häufig passierten. Man habe nur geglaubt, dass wenigstens die vom Secret Service Beschützten vor Waffengewalt sicher seien, während das die Alltagsrealität für gewöhnliche Amerikaner sei. (APA/dpa/Reuters, TT.com)

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