Verbrechen wegen Vorurteilen: 2023 weniger Hate Crimes als im Vorjahr
Die Zahl der angezeigten Hate Crimes in Österreich ist 2023 im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen. Häufigstes Tatmotiv ist die Weltanschauung der Opfer, ein Fünftel der Verbrechen fand im Internet statt. In Tirol wurden 390 Hate Crimes angezeigt. Der „typische“ Täter ist jung und männlich, die Dunkelziffer vermutlich hoch.
Innsbruck/Wien – Die Zahl der angezeigten „vorurteilsmotivierten Straftaten“ (Hate Crimes) ist im vergangenen Jahr leicht zurückgegangen – und zwar von 5865 im Jahr 2022 auf 5668. Das häufigste Motiv war dabei die Weltanschauung (2706 Fälle), gefolgt von der nationalen bzw. ethnischen Herkunft (1612) und der Religion (700). Etwa 20 Prozent der erfassten Straftaten fanden im Internet statt. Das Innenministerium teilte die Zahlen am Mittwoch in einer Aussendung mit.
Motive der Täter:innen
- Weltanschauung (2706)
- Nationale bzw. ethnische Herkunft (1612)
- Religion (700)
- Sexuelle Orientierung (446)
- Hautfarbe (293)
- Geschlecht (248)
- Alter (176)
- Behinderung (144)
- Sozialer Status (136)
Beim Motiv „Weltanschauung" dominierten Verstöße gegen das NS-Verbotsgesetz sowie Sachbeschädigungen und Verhetzungen, wobei die Tatverdächtigen in den wenigsten Fällen direkten Kontakt zu den Betroffenen hatten. Dementsprechend stachen online bei drei Viertel aller Hasspostings Verstöße gegen das Verbotsgesetz hervor (920 Motive).
Alter und Geschlecht oft Motiv für körperliche Gewalt
Betroffene von physischer Gewalt werden vermehrt Personen aufgrund des Alters oder des Geschlechts. Bei 90 Prozent der Straftaten in diesen beiden Gruppen handelte sich um Taten gegen Leib und Leben, die Freiheit, Ehre oder sexuelle Integrität. Auch Gewalt gegen Personen mit einer Behinderung oder queere Menschen ist häufig physisch (80 Prozent der angezeigten Straftaten).
Drei Viertel der antireligiösen Hasspostings antisemitisch
In der Kategorie „Religion", in der insgesamt die angezeigten Straftaten gestiegen sind (2022 waren es noch 630 Fälle), gab es die meisten Straftaten im Bereich Antisemitismus gefolgt von Muslimfeindlichkeit. Jedes zweite antisemitische Delikt war ein Verstoß gegen das Verbotsgesetz.
Damit korrespondiert die Situation im Internet: Drei von vier antireligiösen Hasspostings wurden als antisemitisch registriert (67 Motive). Vorurteilsmotivierte Angriffe auf „Sakralstätten" waren zu 99 Prozent Sachbeschädigungen, vor allem mit christenfeindlichen Motiven.
Frauenfeindliche Delikte überwiegend im Privaten
Gegen Muslime, aber auch gegen Personen, die aufgrund ihrer Geschlechtsidentität oder Sexualität zum Opfer wurden, richteten sich vorrangig Körperverletzungen, Sachbeschädigungen und gefährliche Drohungen. Hierbei fanden vor allem frauenfeindliche Delikte überwiegend an „privaten Tatorten" statt. Rassismus wegen der „Hautfarbe" wurde vorwiegend als Körperverletzung, Verhetzung, Verstoß gegen das Verbotsgesetz, Sachbeschädigung und Beleidigung registriert.
Jedes zweite Verbrechen gegen queere Personen in der Öffentlichkeit
Von allen Vorurteilsmotiven ist die sexuelle Orientierung mit 20 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022 am stärksten gestiegen. Auch ist keine der neun „Opfergruppen" im öffentlichen Raum laut dem Bericht so gefährdet wie jene der „sexuellen Orientierung". 47 Prozent der angezeigten Straftaten gegen diese Gruppe erfolgten in der Öffentlichkeit.
Täter meist jung und männlich
Wie schon in den beiden Vorjahren waren die Täter häufig männliche Jugendliche. Verstärkt trat diese Dominanz bei Verbrechen gegen Wohnungslose sowie bei den Motiven „Geschlecht" und „Weltanschauung" auf.
Der Anteil der Täter mit fremder Staatsbürgerschaft lag mit 28 Prozent weit unter jenem der Gesamtkriminalität, allerdings wurden bei jedem zweiten Vorurteilsmotiv aufgrund von Alter-, Frauen-, oder Muslimfeindlichkeit fremde Tatverdächtige registriert. Umgekehrt sind bei Hate Crimes drei von vier Tatverdächtigen aus Österreich, wenn sie als weltanschaulich, antisemitisch, homophob, gegen Behinderung oder Hautfarbe motiviert registriert werden.
Verbrechen aus Hass
Hate-Crimes stiegen im vergangenen Jahr um etwa sieben Prozent an
Gleichbleibende Aufklärungsquote, hohe Dunkelziffer
In die Statistik einbezogen werden nur jene Straftaten, deren polizeiliche Ermittlungen bereits abgeschlossen worden sind. Innerhalb des Erfassungszeitraums wurden fast 69 Prozent aller vorurteilsmotivierten Straftaten durch die Polizei aufgeklärt. Die Quote bleibt im Vergleich zum Vorjahr quasi gleich.
Hate-Crimes werden seit 2020 gesondert erfasst, den ersten Bericht zu vorurteilsmotivierten Straftaten gab es 2021 (5464 Fälle). Es ist aber von einer deutlich höheren Dunkelziffer auszugehen. Das Institut für höhere Studien führt derzeit mit dem Innenministerium eine quantitative und qualitative Studie zu polizeilichem Hell-, Dunkelfeld sowie zur Analyse möglicher Präventivmaßnahmen gegen Hate Crimes und Hate Speech durch. (APA, TT.com)