Veranstalter verteidigt Absage

Nach geplantem Terror-Anschlag auf Swift-Konzerte in Wien: „Entscheidung war richtig“

© APA/FLORIAN WIESER

Nach der Festnahme zweier Terrorverdächtigen im Alter von 19 und 17 am Mittwoch wurden alle drei Shows der populären US-Sängerin abgesagt. Der Veranstalter verteidigt seine Entscheidung, die Fans trauern. Keine Reaktion gibt es bisher von Swift selbst.

Wien – Die Ermittlungen der Polizei laufen nach der Festnahme von zwei Terrorverdächtigen und der Absage aller Taylor-Swift-Konzerte in Wien auf Hochtouren, während zahlreiche Fans trotzdem nach Wien gekommen sind, um gemeinsam zu trauern. Sie warten noch immer auf eine Reaktion von Swift persönlich – jedoch ohne Ergebnis. Immerhin meldet sich nun der Veranstalter Ewald Tatar zu Wort.

Die Maßnahme ist in Koordination mit dem Management der Künstlerin getroffen worden.
Ewald Tatar (Veranstalter, Barracuda Music)

Die Entscheidung, die drei in Wien angesetzten Konzerte von Taylor Swift nach Festnahme der Terrorverdächtigen abzusagen, war „die richtige“, betont er am Donnerstag vor Medien im Innenministerium. Es sei eine „Entscheidung im Sinne der Sicherheit für Besucherinnen und Besucher“ gewesen „nicht nur im Stadion, sondern auch außerhalb“. Die Maßnahme sei „in Koordination mit dem Management der Künstlerin“ getroffen worden.

Konzert-Veranstalter Ewald Tatar (Barraccuda Music) im Rahmen eines Doorsteps anlässlich der Absage der Swift-Konzerte am Donnerstag im Innenministerium in Wien.
© APA / Roland Schlager

Fast 100.000 Menschen hätten sich in und vor dem Stadion angestaut, wenn das Konzert stattgefunden hätte. Diese in Gefahr zu bringen, sei für den Chef von Barracuda Music nicht infrage gekommen. „Insofern muss ich sagen, bin ich jetzt trotz allem mit dieser Entscheidung sehr zufrieden. Obwohl sie natürlich keine alltägliche ist, aber eine richtige.“

Verdächtiger arbeitete im Stadion

Der Veranstalter dankte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) „für die Informationen, die wir bekommen haben, speziell für Informationen von gestern, die dazu geführt haben, dass wir diese Entscheidung treffen mussten“. Entscheidend sei nicht zuletzt die Erkenntnis gewesen, dass einer der Verdächtigen ein Mitarbeiter im Stadion war.

Den Schaden konnte und wollte Tatar noch nicht beziffern. „Das wird sich in den nächsten Tagen herausstellen, wir müssen die Lage erst evaluieren.“ Auf die Frage, was das nun für künftige Großveranstaltungen bedeutet, sagte Tatar: „Ich will nicht den sprichwörtlichen Teufel an die Wand malen. Wir hatten eine außergewöhnliche Situation, eine Künstlerin in der Stadt, die außergewöhnlich ist, es wurde reagiert von allen Seiten.“

Mehr könne er dazu nicht sagen. Innenminister Gerhard Karner assistierte: „Wir werden als Polizei und Sicherheitsbehörde in Zukunft alles Menschenmögliche tun, um derartige Veranstaltungen aus sicher durchführen lassen zu können.“ Nachsatz: „Wir werden uns noch diesen schäbigen, grauslichen Attentätern nicht kleinkriegen lassen.“ Für die gestrige Swift-Absage-Entscheidung des Veranstalters zeigte Karner „volles Verständnis“.

Noch keine Reaktion gibt es indes weiterhin von Taylor Swift selbst. „See You Soon Vienna“ ist auf Instagram der bis dato letzte Post der Künstlerin, der vor zwei Tagen veröffentlicht wurde.

Attentat seit Ende Juli geplant

Der am Mittwoch in Ternitz (Bezirk Neunkirchen) unter Terror-Verdacht festgenommene mutmaßliche Anhänger der radikalislamischen Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) wollte offenbar einen Terror-Anschlag auf ein Taylor-Swift-Konzert in Wien verüben. Der 19-Jährige hatte vor, außerhalb des Ernst-Happel-Stadions möglichst viele Menschen mit einem Sprengsatz sowie Hieb- und Stichwaffen zu töten, wurde am Donnerstagmittag bei einer Pressekonferenz im Innenministerium mitgeteilt.

Wir werden uns noch diesen schäbigen, grauslichen Attentätern nicht kleinkriegen lassen.
Gerhard Karner (Innenminister)

Wie Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, und der Leiter der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), Omar Haijawi-Pirchner, bekanntgaben, soll der 19-Jährige seit Ende Juli ein Attentat auf eines der drei in Wien vorgesehenen Swift-Konzerte geplant haben. Er verfügte bereits über einen funktionsfähigen Sprengstoff, den er selbst hergestellt hatte.

Der 19-Jährige hatte am 25. Juli seine Arbeit in Ternitz gekündigt, veränderte dann sein äußeres Erscheinungsbild, das er an IS-Kämpfer anpasste, und widmete sich „der Vorbereitung eines Terror-Anschlags“, wie Ruf sagte. Die DSN ging zunächst von einem Einzeltäter aus. „Durch bestehende Kenntnisse konnten wir dann aber feststellen, dass er (der 19-jährige, Anm.) Teil eines islamistischen Netzwerks war“, stellte DSN-Chef Haijawi-Pirchner fest.

Außerdem sei ein 17-Jähriger „aus dem Umfeld“ des Hauptverdächtigen festgenommen worden, wobei der Teenager mit türkisch-kroatischen Wurzeln dem Staatsschutz bereits bekannt war. Er war seit wenigen Tagen bei einem Facility Unternehmen im Happel-Stadion angestellt, das am Donnerstagabend im Stadion Dienstleistungen – etwa Versorgung mit Nahrungsmitteln und Getränken – durchführen hätte sollen. Die Festnahme erfolgte am Mittwochnachmittag, als sich der Jugendliche am Weg ins Stadion befand.

15-Jähriger soll von Plänen gewusst haben

In Polizeigewahrsam befindet sich auch ein 15-Jähriger mit türkischem Hintergrund, der derzeit intensiv befragt wird. Er soll zumindest von den Terror-Plänen des 19-Jährigen gewusst haben. Inwieweit er in diese mit möglichen Beitragshandlungen eingebunden war, ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Abgesehen von den drei Verdächtigen „suchen wir aktuell keine weiteren Personen“, sagte Haijawi-Pirchner.

Sein Plan war möglichst viele Menschen außerhalb des Stadions zu töten.
Haijawi-Pirchner (DSN-Chef)

Zur aktuellen Bedrohungslage meinte der DSN-Leiter, Österreich befinde sich in der Terror-Warnstufe 4. Zur Frage, ob andere anstehende Groß-Konzerte - etwa jenes von Coldplay in Wien oder das Frequency-Festival in St. Pölten - sicher seien, meinte Haijawi-Pirchner: „Es gibt keine Hinweise, dass weitere Konzerte einer expliziten Gefahr unterliegen.“ Nach der Festnahme des 19-Jährigen war das Happel-Stadion mit Suchtrupps und Spürhunden der Polizei auf verdächtige Gegenstände durchsucht worden. Gefunden wurde dabei nichts.

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Wie Veranstalter Barracuda Music auf seinem Instagram-Kanal gleich am Mittwochabend bekannt gab, sollen alle Tickets automatisch innerhalb der nächsten zehn Werktage rückvergütet werden. Weitere Informationen seien unter https://www.oeticket.com/help/updates/ zu finden.

Swifts Management verwies auf dpa-Anfrage zunächst nur auf die Stellungnahme des Veranstalters und äußerte sich nicht inhaltlich. Die 34-Jährige soll sich bereits in Österreich aufgehalten haben, aber auch das wurde nicht bestätigt.

170.000 enttäuschte Fans

Am Donnerstag hätte Taylor Swift (34) ihr erstes von drei aufeinander folgenden Konzerten im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion gegeben. Schätzungen erwarteten rund 170.000 Fans auf der „Eras-Tour“ in Österreich. Seit Wochen beschäftigte der Superstar Fans und Medien, „Swifties“ aus vielen Ländern waren extra in die Bundeshauptstadt gereist.

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© APA

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Die Stimmung am Donnerstagmorgen in Wien vor Ort war dann wie ausgetauscht. Eigentlich hätten seit der Früh aufgeregte Fans vor dem Ernst-Happel-Stadion stehen müssen, mit passenden Outfits und Unmengen an selbstgeknüpften Armbändern. Doch stattdessen sind nur gestresstes Personal, Polizeiautos und leere Foodtrucks zu sehen.

Vor dem Stadion ist eine ältere Dame verzweifelt auf der Suche nach Merchständen für ihre Enkelin: „Sie hat Rotz und Wasser geheult, nun habe ich ihr versprochen zu schauen, ob ich zumindest noch etwas für sie kaufen kann“. Schon tags zuvor stellten sich Hunderte an Swift-Fans für den Early-Merchandise-Verkauf an, laut Mitarbeiter vor Ort werden heute jedoch keine Fanartikel mehr verkauft werden.

Kanzler nennt Absage „herbe Enttäuschung“

Am späten Mittwochabend meldeten sich dann auch zahlreiche Politiker zur Causa zu Wort. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) bezeichnete die Situation rund um den geplanten Terroranschlag als „sehr ernst“. Dank Polizei und DSN sei die „Bedrohung frühzeitig erkannt, bekämpft und eine Tragödie verhindert“ worden.

Für die Fans sei es dennoch eine „herbe Enttäuschung“, so der Kanzler auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) und weiter: „Islamistischer Terrorismus bedroht die Sicherheit und Freiheit in vielen westlichen Ländern“, betonte der Kanzler: „Gerade deshalb werden wir unsere Werte wie Freiheit und Demokratie nicht aufgeben, sondern noch vehementer verteidigen.“ (TT.com/APA)

Konzerte als Ziele von IS-Terroristen

Wiederholt waren in den vergangenen Jahren Konzerte Ziele von IS-Terroristen. Eine Übersicht:

13. November 2015: Bei einer von drei IS-Terrorkommandos verübten Anschlagsserie in Paris werden 130 Menschen ermordet und hunderte verletzt. Allein im Club Bataclan starben 90 Menschen, als drei Terroristen mit Sturmgewehren bei einem Auftritt der Band Eagles of Death Metal in die Menge schießen und Geiseln nehmen.

22. Mai 2017: Durch einen Selbstmordanschlag auf ein Konzert der Sängerin Ariana Grande in der Arena in Manchester werden 22 Besucherinnen und Besucher ermordet. Zu der Tat bekennt sich der IS.

22. März 2024: Bei einem Terrorangriff auf ein Konzert einer russischen Band in einem Vorort von Moskau sind mehr als 140 Opfer zu beklagen. Die Täter in Tarnkleidung eröffnen mit automatischen Waffen das Feuer auf Besucher der Crocus City Hall. Auch hier reklamiert der IS die Tat für sich.

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