Alexandri-Schwestern schimpften

Blech, Kritik und Medaillentausch: Sportarten mit Jury-Bewertungen in der Diskussion

Anna-Maria und Eirini-Marina Alexandri hatten mit einer Medaille rechnen dürfen, die Kampfrichter entscheiden im Finale anders.
© APA/Hochmuth

Trotz aller Versuche, Sportbewerbe, die von Kampfrichtern beurteilt werden, zu objektivieren, bleibt mitunter ein bitter Beigeschmack. So wie im olympischen Finale der Duett-Synchronschwimmerinnen. Nicht der einzige Bewerb in Paris, nach dem es Diskussionen gab. Im Turnen musste sogar der Internationale Gerichtshof CAS entscheiden.

Innsbruck – Die Synchronschwimmerin Anna-Maria und Eirini-Marina Alexandri, Weltmeisterinnen von 2023, hatten sich nach Platz zwei in der Technischen Kür im Olympischen Finale eine Medaille ausgerechnet. Als Vierte gingen die beiden aber überraschenderweise leer aus. Zu unrecht, wie sie finden.

„Wir haben ein paar Punkte in der Schwierigkeit geopfert und in die Ausführung investiert. Dafür haben sie (die Punkterichter, Anm.) uns nicht belohnt“, ärgerte sich Anna-Maria. Großbritannien und die Niederlande hatten (hinter China, geringste Schwierigkeiten der Top vier) die Medaillen geholt. „Alle wissen, dass wir besser sind als sie. Sie haben uns noch nicht geschlagen“, sagte Eirini. Die anderen würden feiern, „und wir haben nichts“, kritisierte Anna-Maria.

„Wir hatten gar nichts“

Schon 2019 bei der WM hatten sich die 26-Jährigen unterbewertet gefühlt. Das seit 2023 neue Wertungssystem mit so genannten Basemarks, Abzügen für unsauber gezeigte Elemente, sollte mehr Gerechtigkeit bringen. Diese Hoffnung habe sich nun zerschlagen, meinten die Schwestern. Zudem hätten fast alle startenden Nationen einen Technik- oder Punkterichter dabei gehabt oder sogar beide, kritisierte Eirini den Nachteil kleinerer Nationen: „Wir hatten gar nichts.“

Nichts Neues in Sportarten, in denen nicht Tore, Meter oder Sekunden zählen. 2016 in Rio war etwa die Tirolerin Nicol Ruprecht, Rhythmische Gymnastin, überraschend schlecht benotet worden und hatte so das Mehrkampf-Finale verpasst. Auch (Ringe-)Turner Vinzenz Höck fühlte sich nach seinem unerwarteten Ausscheiden bei der WM 2022 trotz starker Vorstellung unfair behandelt.

Ein Bild mit Seltenheitswert, das aber aufgrund eines CAS-Urteils nicht mehr die tatsächlichen Medaillengewinnerinnen im Bodenturnen zeigt: Superstar Simone Biles (.l.) verneigte sich vor Siegerin Rebeca Andrade , ebenso wie Landsfrau Jordan Chiles (r.), die aber jetzt ihre Bronzemedaille wieder abgeben muss.
© AFP/Ellis

Selten üben Sportler aber öffentlich Kritik. Man fürchtet Repressalien, die Alexandris stellten aber ohnehin ihr Karriereende in den Raum. Dazu kommt, dass Videobeweise (noch) nicht etabliert und Einsprüche nur an (eher) objektiv Messbarem wie Schwierigkeitsgrad, nicht aber bei Ausführungsnoten, möglich sind.

CAS entschied über Bronzemdaille

Besonders skurril: Im Turnen muss olympisches Bronze neu vergeben werden. Einem Protest der USA noch beim Bodenfinale der Damen wurde zunächst stattgegeben. Auf Einspruch Rumäniens wurde dieser aber vom Sportgerichtshof CAS als zu spät eingebracht beurteilt. Jordan Chiles (USA) muss nun Bronze an Ana Barbosu (ROM) abgeben. Die Entscheidung des CAS ist endgültig und unwiderruflich.

Seit dem Boden-Finale war darüber diskutiert worden, Videos mit Vergleichen hatten die Runde gemacht. Chiles war dabei ständig Beschimpfungen auf Social Media ausgesetzt gewesen. Am Samstag postete die US-Turnerin einen schwarzen Hintergrund mit vier Herzschmerz-Emojis und dann einen zweiten Beitrag, in dem es hieß: „Ich nehme mir diese Zeit und ziehe mich für meine psychische Gesundheit aus den sozialen Medien zurück. Danke.“

US-Turnverband erwägt Klage bei Schweizer Gericht

Die Causa dürfte dennoch weitergehen. Der US-Turnverband hatte dem CAS nach dessen Entscheidung neues Videomaterial zukommen lassen. Demzufolge sei der erste Protest nach 47 Sekunden, ein zweiter nach 55 Sekunden kommuniziert worden. Dass sich der Internationale Sportgerichtshof aber nicht erneut mit der Olympia-Bronzemedaillenvergabe beschäftige werde, darüber sei man „zutiefst enttäuscht“. Der US-Turnverband gab aber an, dass man alle Wege und Prozesse verfolgen werde, um Jordan Chiles wieder zur Drittplatzierten zu machen. Auch ein Anruf an das in nächster Instanz zuständige Schweizer Bundesgericht nannte man explizit als möglichen Schritt. (sab, dpa)

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