Wirtschaft will Förderung für Tiroler Unternehmen
Die Wirtschaftskammer Tirol ruft nach einer Unterstützung für Tiroler Klein- und Mittelbetriebe. Gefordert wird, dass alle Behörden ihre Aufträge an heimische Betriebe vergeben sollten. An die Konsumenten appellieren die Wirtschaftsvertreter, lokal statt online in China einzukaufen.
Immer mehr kleine Händler und Gewerbetreibende müssen in Tirol zusperren, weil ihnen die Kundschaft und die Aufträge fehlen. Seit dem Ende der Corona-Pandemie werde nochmals verstärkt bei Online-Riesen aus den USA und China eingekauft, beklagten Vertreter der Wirtschaftskammer Tirol (WK) am Donnerstag. Sie forderten eine „faire Auftragsvergabe“ durch alle Behörden und öffentliche Auftraggeber. Die Konsumenten riefen sie dazu auf, bewusst regional einzukaufen.
Öffentliche Hand soll Aufträge lokal vergeben
„Wir fordern eine Förderung lokaler Unternehmen. Klein- und Mittelbetriebe sollten unterstützt werden“, sagte Dietmar Hernegger, Obmann der Sparte Information und Consulting in der WK Tirol. Das sei nötig, um den regionalen Wirtschaftskreislauf, die Nachhaltigkeit und den Umweltschutz zu stärken und um Tiroler Arbeitsplätze zu erhalten. Konkret forderte Hernegger, „die Beauftragung von heimischen Unternehmen von allen Behörden“. Argumentiert hat er das damit, dass die öffentliche Hand von den Betrieben finanziert werde, weshalb diese auch etwas von ihr zurückbekommen sollten.
In der Praxis umgesetzt werden soll das nach Wunsch der Kammer, indem stärker auf das sogenannte Bestbieterprinzip bei der Ausschreibung gesetzt werde. Das werde zwar vielfach schon gemacht, attestierten die Funktionäre, aber oft werde noch immer das Angebot mit dem unterm Strich billigsten Preis genommen.
Lehrlinge und kurze Wege berücksichtigen
Beim Bestbieterprinzip wird nicht nur den Preis als einziges ausschlaggebendes Kriterium hergenommen, sondern auch ökologische, regionale und qualitative Kriterien spielen eine Rolle. Konkret sollte es nach Wunsch der Kammer künftig so gemacht werden, dass Behörden neben dem Preis auch bestimmte andere Kriterien vorschreiben, die nur lokale Firmen bewerkstelligen können. Das könnte etwa eine Mindestzahl an beschäftigten Lehrlingen und Fachkräften sein oder kurze Reaktionswege, erklärte Veronika Opbacher-Egger, stellvertretende Obfrau der Sparte Gewerbe und Handwerk.
Wird ein Auftrag nach diesem System ausgeschrieben, würde der Preis nur zu 70 Prozent für die Vergabe zählen, die anderen Kriterien zu 30 Prozent. Viel teurer würden öffentliche Projekte dadurch nicht werden, zeigte sich Martin Wetscher, Vizepräsident der WK Tirol, überzeugt. Der Preis bei solchen Angeboten schwanke meist nur um wenige Prozentpunkte, sagte er.
Wer soll gefördert werden?
Geht es nach der WK, sollten Unternehmen mit Sitz oder Niederlassung in Tirol bei öffentlichen Ausschreibungen zum Zug kommen – allerdings nur dann, wenn sie hier auch Mitarbeiter beschäftigen. „Wenn jemand nur im Besitz einer Gewerbeberechtigung für Tirol ist und einen Bürosessel und einen Computer hier hat, dann ist das zu wenig“, bemerkte Hernegger.
Martin Wetscher betonte auch die Rolle der Konsumenten für die Erhaltung der kleinen heimischen Unternehmen. Es sei in vielen Städten und Orten im Land sichtbar, dass kleine Geschäfte Probleme haben und zusperren, sagte er. Zahlen, wie viele Geschäfte über die Zeit schließen mussten, gebe es nicht, aber die Tendenz seit Ende der Pandemie sei klar: Es gebe deutliche Rückgänge bei Standorten und Umsätzen im Handel. Betroffen seien vor allem der Möbel-, Sportartikel und Bekleidungshandel. Zugleich werde immer mehr bei vermeintlichen oder tatsächlichen Billig-Anbietern in Internet eingekauft.
Um die regionale Wirtschaft zu stärken, sei das Bewusstsein der Konsumenten nötig. „Sie entscheiden, ob es in einem Ort ein Wirtshaus oder einen Händler gibt, oder nicht“, sagte Wetscher. Die Tiroler Händler wiederum müssten es schaffen, „sich in die neue Zeit zu bewegen“ und sowohl ihr lokales Geschäft als auch ihren Online-Kanal gut zu managen. Und schließlich müssten sich die Gemeinden und Bürgermeister um ihre Innenstädte kümmern, sagte Wetscher. Positiv sei die Entwicklung in St. Johann oder Hall, aber auch Wörgl und Telfs sieht der WK-Vize hier auf einem guten Weg. Einen Ortskern müsse man heute so managen wie ein Einkaufszentrum, meinte er. Und er ist überzeugt: „Der Handel stirbt nie, er ändert sich nur immer.“