1,5 Millionen Betroffene

„Kein Randthema“: Helfer wollen Pflege im Wahlkampf zum Thema machen

Pflegeorganisationen fordern mehr Geld und ein Ende des „Fleckerlteppichs“ der Zuständigkeiten.
© APA/Fohringer

Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz & Co warnen, dass die bisher beschlossenen Maßnahmen nicht ausreichten, um den Herausforderungen gerecht zu werden.

Wien – Hilfsorganisationen fordern im Wahlkampf konkrete Vorschläge zum Thema Pflege. Bisher seien diese Fragen vollkommen unterrepräsentiert, kritisierten Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. Dabei sei der Kreis der Betroffenen groß, sagt Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser. Sie spricht von 1,5 Millionen Menschen, die entweder selbst Pflege brauchen oder Angehörige pflegen.

Die sechs Organisationen haben sich in der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) zusammengeschlossen. Es sei „erschütternd“, dass die Langzeitpflege von alten Menschen im aktuellen Wahlkampf überhaupt kein Thema sei und sich kaum in den Wahlprogrammen finde, meinte Caritas-Generalsekretärin Anna Parr. „Es wirkt fast so, als würden Parteien meinen, es sei eh schon alles getan.“ Die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen seien zwar wichtig und gut, „aber sie reichen keinesfalls aus, um den demografischen Herausforderungen, vor denen wir stehen, gerecht zu werden“.

Einheitliches System statt „Fleckerlteppich“

Die im Finanzausgleich vorgesehenen Mittel würden bereits bestehende Reformmaßnahmen finanzieren, aber keine neuen Maßnahmen zur Weiterentwicklung, so Parr. Neben einer deutlichen Aufstockung der finanziellen Mittel brauche es Strukturreformen. Statt des „Fleckerlteppichs mit neun verschiedenen Pflegesystemen in Österreich“ sei ein bundesweit einheitliches System nötig.

Der Dachverband fordert Maßnahmen zur Personalgewinnung von Pflege- und Betreuungskräften sowie eine Attraktivierung des Pflegeberufs, die Weiterentwicklung der Versorgungslandschaft und einen Ausbau der Unterstützungsleistungen.

Pflegegeld reicht oft nicht aus

Das Pflegegeld reiche für jene, die zuhause leben, nicht aus, um den Aufwand der Pflege zu stemmen, bemängeln die Organisationen. Kritisiert werden auch Versorgungsengpässe. Offizielle Zahlen gebe es dazu nicht, aber gemäß eigener Erfahrungswerte gebe es zum Teil Wartezeiten für einen Heimplatz von eineinhalb Jahren, berichtete Moser. Auch für eine mobile Pflege warte man sechs Wochen.

Die begonnene Ausbildungsoffensive für Pflegekräfte müsse mit voller Kraft weitergefahren werden, forderte Elisabeth Anselm vom Hilfswerk und verglich die Herausforderungen mit der Besteigung des Mount Everest: „Wir haben es vielleicht geschafft, das Basislager gut einzurichten, aber jetzt müssen wir den Aufstieg schaffen.“ Auch zur Anwerbung ausländischer Pflegekräfte brauche es weitere Anstrengungen. Damit Pflegekräfte mehr Zeit für die Patienten hätten, müssten die Länder ihre Finanzierungssätze erhöhen.

Das Pflegegeld sei ein sozialpolitischer Meilenstein gewesen, nun sei das System aber in die Jahre gekommen und die Einstufung müsse an die Gegenwart angepasst und zukunftsfit gemacht werden, forderte Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger. Ziel müsse es sein, dass die Unterstützung nicht erst beginne, wenn professionelle Pflege erforderlich sei, sondern Selbstständigkeit und soziale Kontakte möglichst lange aufrechterhalten werden. (APA)

Verwandte Themen