Bündnis Demokratie und Respekt

„Unwählbar“: Christliches Bündnis stellt sich gegen FPÖ

Die Kritik entzündet sich nicht nur an den freiheitlichen Plakaten. Generell seien völkischer Nationalismus und Christentum unvereinbar, betont der Ökonom und Bündnissprecher Stephan Schulmeister.

Wien – Es hat wohl jeden, der das „Vaterunser“ kennt, beim ersten Blick auf das FPÖ-Plakat gerissen oder zumindest irritiert: „Euer Wille geschehe“, steht darauf geschrieben, eine verfremdete Zeile aus dem wohl bekanntesten Gebet des Christentums. Dort heißt es „Dein Wille geschehe“, was sich auf Gott bezieht. Die FPÖ hat hingegen das Wahlvolk im Fokus.

Das Bündnis Demokratie und Respekt ging am Donnerstag mit Kritik an der FPÖ an die Öffentlichkeit. Von links: Ferdinand Kaineder (Katholische Aktion Österreich), Monika Salzer (Omas gegen rechts), Stephan Schulmeister (Sprecher Bündnis Demokratie und Respekt), Karl Immervoll (Seelsorger der Kath. ArbeitnehmerInnenbewegung Österreich), Paul M. Zulehner (Theologe).
© kathpress/Henning Klingen

Am Donnerstag präsentierte der heuer gegründete Verein „Demokratie und Respekt“ seine Kritik an diesem Slogan, aber nicht nur daran. Für das Bündnis sind Christentum und Rechtsextremismus schlichtweg nicht vereinbar. Die FPÖ sei deshalb „unwählbar", hieß es bei dem Medientermin. Ökonom und Bündnissprecher Stephan Schulmeister machte seinen Standpunkt deutlich: „Beide Weltanschauungen widersprechen sich fundamental.“ Besorgt stimmte ihn die Verwendung christlicher Begriffe auf FPÖ-Plakaten. Parteichef Herbert Kickl habe sich zuletzt „verändert“, so Schulmeister.

Die erste Plakatwelle der FPÖ zur Nationalratswahl sorgt für Gesprächsstoff.
© APA/Manhart

Mit „unterschiedlichen Gesichtern“ würde Kickl um Zuneigung werben. Schulmeister verwies auf dessen frühere Aussagen, die Zuschreibung rechtsextrem „wie einen Orden“ tragen zu wollen. In den letzten Wochen zeige sich Kickl aber „sanfter und christlicher“. Der Bündnissprecher kritisierte auch den Plakatslogan „Euer Wille geschehe“ als Anspielung auf das Vaterunser.

Schulmeister zitierte eine Erklärung der deutschen Bischofskonferenz, wonach völkischer Nationalismus und Christentum unvereinbar seien. Universelle Menschenrechte würden etwa von Rechten abgelehnt. Ähnliche Widersprüche erkennt das Bündnis auch bei der Haltung zur Klimakrise, zur EU und zu Frauenrechten. Die Kirche sei zwar „keine Vorfeldorganisation des Feminismus“, bemerkte Schulmeister, der Grundsatz der Gleichheit werde aber dennoch hochgehalten.

Die frühere evangelische Pfarrerin und Gründerin der „Omas gegen Rechts“ Monika Salzer betonte die „Vernunft und Wahrung von Werten“ in den Kirchen. Kräfte wie die FPÖ würden hingegen den „gesellschaftlichen Frieden infrage stellen“. Salzer: „Kickl will die Verfassung aushebeln.“ Geprägt von der Nachkriegszeit, habe sie das Gefühl, auf die Straße gehen zu müssen. Denn: „Rechtsextreme kennen keine Grenzen.“

„Fromme Gebete“ reichen nicht

Ferdinand Kaineder, Präsident der Katholischen Aktion Österreich, formulierte als zentrales Anliegen das „Wachrütteln der Gewissen“. Die Menschen sollten ihr „Denken einschalten“. Es dürfe nicht bei „frommen Gebeten“ bleiben, wenn demokratische Grundlagen auf dem Spiel stünden. Auch Kaineder sprach von einem Widerspruch zum Rechtsextremismus und stellte klar: „Das geht sich mit dem christlichen Menschenbild nicht aus.“

Den Wert der menschlichen Würde betonte der Theologe Karl Immervoll. Sie sei für Christen „unantastbar“, sagte er. Problematisch seien nicht andere Meinungen, sondern das Überschreitung von „roten Linien“, wie etwa durch diffamierende Sprache. Die Rhetorik der FPÖ bezeichnete Immervoll als „schamlos und menschenverachtend“.

Ambivalenz in jeder Religion

Der bekannte Pastoraltheologe Paul Zulehner spricht sich gegen den Missbrauch von Religion „für Gewalt“ aus.
© TT/Böhm

Pastoraltheologe Paul Zulehner ortete eine Ambivalenz in jeder Religion. Sie sei keine politische Partei, müssen aber „Eckpunkte für Orientierung“ geben. Vehement sprach sich Zulehner gegen den Missbrauch von Religion „für Gewalt“ aus. Mit Blick auf die FPÖ müsse man sich auch fragen, warum sie so viel Zustimmung bekäme.

Auf Nachfrage hieß es, die Kriterien des Bündnisses würden auch für andere Parteien gelten. „Demokratie und Respekt“ wurde heuer als Verein gegründet, um insbesondere eine Regierungsbeteiligung der FPÖ zu verhindern. (TT, APA)

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