Runde der Spitzenkandidaten

Diskussion im Theater: Das war der „große Schlagabtausch“ zur Nationalratswahl

Karl Nehammer (ÖVP), Andreas Babler (SPÖ), Herbert Kickl (FPÖ), Werner Kogler (Grüne) und Beate Meinl-Reisinger (NEOS) bei der Debatte im Salzburger Landestheater.
© Neumayr Fotografie - Christian Leopold

Die Spitzenkandidaten der Parlamentsparteien lieferten einander im Salzburger Landestheater auf Einladung der Bundesländerzeitungen eine spannende Debatte. Sie wurde leidenschaftlich, aber fair geführt.

Von Alexander Purger, Salzburger Nachrichten

Salzburg – Was haben Politik und Theater gemeinsam, was sind die Unterschiede? – Mit dieser Frage, gestellt von OÖN-Chefredakteurin Susanne Dickstein und SN-Chefredakteur Manfred Perterer, begann am Dienstag die Debatte der Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten im Salzburger Landestheater. Bei den Antworten sorgte Grünen-Chef Werner Kogler für den ersten Lacher.

Er erinnerte daran, dass er als Kulturminister in Salzburg schon an mehreren Festspieleröffnungen teilgenommen habe und sagte dann zu dem direkt neben ihm stehenden FPÖ-Chef Herbert Kickl: „Ich bin also einer von der seltsamen Partie, die sie beschrieben haben!“ – Kickl hatte die Salzburger „Festspiel-Elite“ ja unlängst als „Inzuchtpartie und Heuchler“ bezeichnet. Kickl stand auch weiterhin im Zentrum der Debatte.

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Nehammer gegen Kickl

ÖVP-Chef Bundeskanzler Karl Nehammer distanzierte sich neuerlich klar von ihm und schloss eine Koalition mit Kickl – nicht aber mit den „vernünftigen“ Kräften in der FPÖ – aus. SPÖ-Chef Andreas Babler bezeichnete seine Partei als einzigen Garant dafür, dass die FPÖ nicht in die Regierung komme, und meldete Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Nehammers Kickl-Ablehnung an.

Politikerinnen und Politiker kämpfen wie Schauspieler mit ihren Kritikern.
Karl Nehammer, ÖVP

Auch Kickl bezweifelte Nehammers Glaubwürdigkeit. Der ÖVP-Chef habe ein Duell Nehammer – Kickl um Platz eins ausgerufen, daher müsse er am Wahlabend dann auch akzeptieren, wer Erster wird. Er, Kickl, werde das jedenfalls tun.

Kogler und das „Gesicht des Klimaschutzes“

Eine andere Koalitionsfrage bekam Grünen-Chef Kogler gestellt: Wie glaubwürdig ist seine Partei als Koalitionspartner, wenn sie in Brüssel gegen den Willen der ÖVP für das EU-Renaturierungsgesetz gestimmt hat?

Die jungen Leute wollen ihr Geld nicht mit Umweltzerstörung verdienen, sondern mit Klimaschutz.
Werner Kogler, Grüne

Kogler zeigte sich stolz auf diese Vorgangsweise: Die Grünen hätten damit ihr wahres Gesicht gezeigt, nämlich das Gesicht des Klimaschutzes. Nehammer merkte dazu an, dass sich die grüne Ministerin Leonore Gewessler mit ihrem Abstimmungsverhalten in Brüssel über die Verfassung und gegen die Bauern gestellt habe. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger gab sich dann schon ganz als Regierungsmitglied, indem sie sagte: „Das Erste, was wir in der neuen Regierung machen müssen, ist ein Kassasturz.“

In Österreich ist bemerkenswert, dass bestehende Probleme mit Geld beworfen werden.
Beate Meinl-Reisinger, Neos

Denn die alte Regierung habe in fünf Jahren 100 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. Den Einwand, dass auch Wien – wo die NEOS mitregieren – kräftig Schulden macht, begegnete Meinl-Reisinger mit der „Mammutaufgabe“ der Zuwanderung, die sich vor allem Wien stelle.

Kampf gegen illegale Migration

Damit war das Stichwort für das laut Umfragen wichtigste Thema dieses Wahlkampfs gegeben – die Migration. Nehammer sagte, Österreich brauche Zuwanderung auf den Arbeitsmarkt, aber nicht ins Sozialsystem. Die Regierung arbeite beim Kampf gegen die illegale Migration an substanziellen Lösungen, im Unterschied zur FPÖ. Anspruch auf Sozialleistungen solle es erst nach fünf Jahren geben. Babler sagte, man müsse mit den Menschen, die kommen, anständig umgehen. Natürlich gebe es Probleme an den Schulen, Schuld daran sei aber die frühere schwarz-blaue Regierung, die den Schulen die Ressourcen für Integration genommen habe. Das wolle er ändern, sagte Babler. Er wolle auch für eine schnellere Integration in den Arbeitsmarkt sorgen, damit die Menschen nicht herumlungern.

Gruppenfoto vor der „Elefantenrunde im Salzburger Landestheater.
© Neumayr Fotografie - Christian Leopold

Für Kickl ist die bisherige Migrationspolitik völlig verfehlt. Die Folge seien Massenschlägereien, Vergewaltigungen und Terroranschläge. Die FPÖ sei die einzige Partei, die seit 1993 auf diese Gefahr hinweise. Die Lösung könne nur sein: Man dürfe keinen Asylantrag in Österreich mehr annehmen. Das sei auf Grund europäischer Übereinkommen gar nicht möglich, konterte Kogler. Tatsächlich gebe es Probleme bei der Sicherheitslage, mit der Radikalisierung und den islamistischen Hasspredigern. Dafür gebe es aber ohnehin Regeln, die durchgesetzt werden müssten. Auch müsse man diese Regeln auf die sozialen Medien ausdehnen. Kogler warnte jedoch davor, alle Zuwanderer in einen Topf zu werfen.

Der Verbrenner ist auf der Höhe der Zeit eine ganz ganz saubere Technologie.
Herbert Kickl, FPÖ

Meinl-Reisinger sagte, die NEOS hätten in der Migrationsfrage umgedacht. Gesellschaft, Schulen und Sozialsysteme seien zunehmend überfordert. Daher müsse mehr Integration eingefordert werden, etwa durch verpflichtende Wertekurse. Asylanträge müssten aber weiterhin möglich sein, sagte Meinl-Reisinger. Die Menschenrechtskonvention müsse weiterhin gelten.

Verbrennermotor und Tempo 100 auf Autobahn

Zum Verbot von Verbrennermotoren sagten Babler, Kogler und Meinl-Reisinger ja, Nehammer und Kickl nein. Nächste Frage: Tempo 100 auf den Autobahnen? Babler sagte als einziger ja, Nehammer, Kickl und Meinl-Reisinger nein, Kogler vielleicht. Nächste Frage: 32-Stunden-Woche für alle? Babler und Kogler sagten ja, Nehammer, Kickl und Meinl-Reisinger nein. Damit war das Thema Wirtschaft und Budget auf dem Tapet. Kanzler Nehammer sprach sich für eine weitere Steuersenkung aus – erste Schritte habe die Regierung mit der Abschaffung der Kalten Progression und der Senkung der Körperschaftssenkung gesetzt. Auch stellte Nehammer eine Wachstumspolitik und eine stärkere Leistungsorientierung in Aussicht.

Babler möchte die Energiekosten senken und bewarb seine Transformationsstrategie zur Schaffung neuer Arbeitsplätze. Sein Konzept zur Sanierung der Staatsfinanzen lautet Vermögenssteuern. Kickl versprach Steuersenkungen, damit sich Leistung wieder lohne und der Wirtschaftsstandort belebt werde. Sparen würde der FPÖ-Chef etwa bei Sky Shield und in den Strukturen. Kogler will beim Straßenbau sparen und stattdessen in Ökologisierung und Digitalisierung investieren. Meinl-Reisinger pochte zur Budgetsanierung auf eine Ausgabenbremse und Strukturreformen, zur Ankurbelung der Wirtschaft auf eine Lohnnebenkostensenkung einen Abbau der Bürokratie.

SPÖ und interne Diskussionen

Ein Spezialthema gab es für SPÖ-Chef Babler: die parteiinternen Auseinandersetzungen. Babler sagte, das zeige nur, dass er klare Worte gefunden und der SPÖ ein neues Profil gegeben habe. Da habe der eine oder andere halt eine abweichende Meinung. Doch 59 von 60 Mitgliedern des entscheidenden Gremiums der SPÖ hätten dem Wahlprogramm zugestimmt. Der Schlagabtausch, der von den SN in Zusammenarbeit mit den Bundesländerzeitungen und der „Presse“ organisiert wurde, verlief über weite Strecken friedlich, die Spitzenkandidaten sagten sogar Positives übereinander.

Mir geht es um den Respekt vor arbeitenden Menschen.
Andreas Babler, SPÖ

Kickl fand es zum Beispiel sympathisch an Kogler, dass dieser so steirisch rede. Freilich wurde die Diskussion leidenschaftlich geführt, schließlich ging es ja auch um etwas. Wie hatte der Intendant des Salzburger Landestheaters, Carl Philip von Maldeghem, bei der Begrüßung gesagt: „Das Theater ist ein Ort, an dem es um Schicksale geht.“

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