Eine Silbermedaille und das Kreuz mit den Klassen
Handbiker Thomas Frühwirth errang gestern mit Silber die dritte Paralympic-Medaille für Österreich, die beiden Tiroler blieben ohne Edelmetall. Allgemeiner Ärger über die Zusammenlegung ungleicher Behinderungsklassen.
Paris – Nur 2,71 Sekunden hinter dem Niederländer Jetze Platz (41:28,51 Min.) holte am Mittwoch der steirische Handbiker Thomas Frühwirth Silber – die dritte Medaille für Österreich! Der Tiroler Alex Gritsch (+3:43,45 Min.) musste sich indes mit Platz 8 begnügen. In der Damen-Kategorie war Svetlana Moshkovich, Wahl-Tirolerin mit russischen Wurzeln, nach Platz 7 im gestrigen Zeitfahren zufrieden. „Mehr ging nicht“, erklärte die 41-Jährige, die für die 14,2 km in Clichy-sous-bois 27:15 Min. benötigte und damit 3:29 Minuten mehr als Siegerin Oksana Masters (USA). Der Unterschied: Der US-Star trat knieend an, Moshkovich liegend: „Bei ihr sind mehr Muskeln im Einsatz, das war ausschlaggebend.“
Im Straßenrennen am Donnerstag tritt die Innsbruckerin erneut gegen andere Behinderungsklassen an und erhofft sich mehr, vielleicht sogar eine Medaille. Am allgemeinen Ärger über die Zusammenlegung ungleicher Behinderungsklassen entzündet sich aber jedes Mal bei Paralympics der Ärger. Doch was versteht man darunter:
Grundgedanke: Bei Paralympischen Spielen treten Menschen mit unterschiedlichen körperlichen Behinderungen an – im besten Fall gegeneinander.
Einordnung: Der Paralympische Weltverband (IPC) legt die Kriterien fest und will dabei größtmögliche Chancengleichheit herstellen.
Chaostheorie: Es gibt 22 paralympische Sommer-Sportarten (6 im Winter), zehn Beeinträchtigungsklassen und allein in der Leichtathletik 29 Kategorien.
Sportartspezifisch: Was beim Handbiken ein Vorteil ist, muss im Bogenschießen keiner sein. Auch diese Bewertung fließt mit ein.
Expertenentscheid: Die Klassifizierer, die aus der Wissenschaft kommen, haben die Aufgabe, die Teilnehmenden richtig einzuschätzen.
Klassifizierungsdoping: Bemüht sich jemand, absichtlich schlechter bei den Tests abzuschneiden, um in einer niedrigeren Startklasse eingruppiert zu werden und die eigenen Erfolgschancen zu erhöhen? Ein Experte behauptet: Ja! Es würden sogar Klassen gewechselt und alte Krankenakten vernichtet.
Para-Skandal: Der US-Amerikaner David Berling, selbst Paralympics-Teilnehmer im Handbike, bestätigt: Nach Rennen habe es Athleten gegeben, die aufgestanden und davongegangen seien. „Ihre Lähmungen waren so minimal, dass sie aufs Podest steigen konnten.“
Hoffnungsschimmer: Zuletzt wurde ein neuer Klassifizierungskodex entwickelt, der aus dem Jahr 2017 gilt als überholt. Dieser tritt international aber erst nach den Winter-Paralympics 2026 in Mailand/Cortina in Kraft.
Paralympics in Paris
Tiroler Handbikerin im Porträt: Moshkovich und ihre Premiere für Österreich
Paralympics in Paris