Von Neutralität bis Nikolaus und gegen den Wolf: ÖVP präsentiert ihr „Angebot an die Mitte“
Nehammer stellt Leistung, Familie und Sicherheit ins Zentrum des Wahlkampfes. In manchen Bereichen geht die ÖVP sehr ins Detail. Anderes lässt sie offen.
Wien – Der Auftritt sollte Geschlossenheit vermitteln: ÖVP-Obmann Bundeskanzler Karl Nehammer präsentierte am Donnerstag das Wahlprogramm der ÖVP. Hinter ihm hatten die Chefs der türkisen Bünde Aufstellung genommen. Auf 270 Seite fasst die Partei zusammen, was sie in einer künftigen Regierung anders machen würden. Vieles in diesem „Angebot an die Mitte“ ist aus dem „Österreichplan“ bekannt, den Nehammer bereits im Jänner präsentiert hat. Einiges – etwa das Versprechen von Steuersenkungen – hat die ÖVP bereits in den vergangenen Wochen präsentiert.
Im Zentrum des Programms stehen die Worte bzw. Werte „Leistung“, „Familie“ und „Sicherheit“. Der Schwerpunkt liegt auf konservativen Wertehaltungen: „Wir wollen Leistung belohnen, Wachstum generieren und den Wohlstand vergrößern“, heißt es.
Nikolaus, Weihnachten und Erntedank
In einigen Punkten geht das Papier sehr ins Detail. So wird gefordert, das Feiern von Nikolaus, Weihnachten und Erntedank im Schulunterrichtsgesetz abzusichern. Auch der Wolf kommt ausdrücklich vor – sein Schutzstatus soll gesenkt werden. Straßenverbindungen wie der Lobautunnel im Osten Wiens, den die grüne Verkehrsministerin Leonore Gewessler blockiert hat, will die Volkspartei in Angriff nehmen.
Am Beginn steht die „Leistung“. „Keine Angriffe auf Leistung und Eigentum“, heißt es da. Steuern auf Eigentum werden abgelehnt, zwischen Arbeit und Nicht-Arbeit soll ein „klarer Einkommensunterschied“ bleiben.
Familien gelten als „Fundament unserer Gesellschaft“. Mit insgesamt 4,5 Mrd. Euro bis 2030 will die ÖVP bessere Rahmenbedingungen für die Kinderbetreuung setzen.
Zuletzt in der Regierung diskutierte heiße Eisen wie die Messenger-Überwachung hat die ÖVP im Punkt Sicherheit niedergeschrieben. „Mit mir als Kanzler werden die Befugnisse kommen, die es braucht, um gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität vorzugehen“, versprach Nehammer. Als „wesentliche Stütze“ der Republik bezeichnete er die Neutralität, Österreich werde kein Teil eines Militärbündnisses.
Ablaufdatum für Gesetze
Leistung in der Arbeitswelt soll laut Wahlprogramm weiters durch einen "Vollzeitbonus" von 1000 Euro herbeigeführt werden, Arbeit und Pension sollen steuerlich entlastet werden. Strengere Regeln fordert die ÖVP hingegen für Arbeitslose durch ein degressives Arbeitslosengeld: Wer länger arbeitslos ist, soll weniger bekommen. Die staatliche Bürokratie will die ÖVP verschlanken, etwa durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im öffentlichen Dienst und durch Gesetze mit "Ablaufdatum".
Bekenntnisse gibt es im ÖVP-Wahlprogramm zum Bargeld, zu einem "starken Europa", zur Landwirtschaft, zur Polizei und zur Landesverteidigung. Aber auch Kampfansagen finden sich, etwa gegen Antisemitismus. Bekämpft werden müsse aber auch der Sozialmissbrauch, "volle Härte" müsse es bei organisierter Kriminalität, Extremismus und Schleppern geben.
Festakt für Neo-Staatsbürger
Ein "striktes Asylsystem" mit "konsequenten Abschiebungen" soll die "illegale Migration" stoppen. Dazu kommen verpflichtende Staatsbürgerschaftskurse und strengere Regeln beim Erhalt der Staatsbürgerschaft. Verliehen werden sollte die Staatsbürgerschaft in einem eigenen Festakt.
Im Gesundheitsbereich will die ÖVP 800 neue Kassenarztstellen schaffen, auch eine Berufspflicht für Ärztinnen und Ärzte nach der Ausbildung in Österreich soll die Versorgung sicherstellen. 11 Milliarden Euro sollen in das Pflege- und Gesundheitssystem investiert werden.
Im Bildungsbereich will die ÖVP die Leistungsgruppen wieder einführen. Auch eine "Bildungspflicht" soll es geben. Nehammer: "Kein Kind, das nicht lesen, schreiben und rechnen kann, soll die Schule verlassen." Dazu soll am Ende der Schulpflicht eine standardisierte Prüfung stehen. Wer an dieser scheitert, soll „im Rahmen eines eigenen, verpflichtenden Bildungsprogramms“ nachsitzen. Was das konkret bedeuten kann, bleibt offen. (sabl, APA)