Debatte um Reichensteuer

Vermögenssteuern bringen laut Studie bis zu zwölf Milliarden Euro

:„Besteuert die Reichen“, Selbst manche Milliardäre wie BASF-Erbin Marlene Engelhorn fordern die Politik auf, Vermögende im Sinne des sozialen Ausgleichs und sozialen Friedens stärker zur Kasse zu bitten.
© AFP/Fabrice Coffrini

Eine Vermögenssteuer würde jährlich zwischen 6 und 12 Mrd. Euro in die Staatskasse spülen, rechnen Experten vor und warnen: Ein kompliziertes Steuersystem erleichtert Umgehungen. Finanzminister zweifelt an den Berechnungen.

Wien – Vermögenssteuern, wie sie etwa SPÖ und Grüne fordern, könnten den Staatshaushalt mit bis zu 12 Mrd. Euro oder sogar noch mehr aufbessern. Das geht aus Berechnungen hervor, die von „Diskurs. Das Wissenschaftsnetz“ vorgestellt wurden. Jakob Kapeller (Universität Duisburg-Essen und Johannes Kepler Universität Linz) hat in seinen Berechnungen unterschiedliche Vermögenssteuermodelle geschätzt, wobei auch mögliche Ausweicheffekte berücksichtigt wurden. Die Einführung einer allgemeinen Vermögensbesteuerung würde demnach je nach Ausgestaltung zu zusätzlichen Steuereinnahmen zwischen 6 und 12 Mrd. Euro führen. Bei besonders progressiver Tarifgestaltung – also je höher das Vermögen, desto höher die Steuer – wären auch höhere Aufkommen denkbar.

Kapellers Berechnungen stützen sich auf Befragungs-Daten des Eurosystem Household Finance and Consumption Survey (HFCS) durch die Europäische Zentralbank. Demnach besitzen die oberen fünf Prozent der Bevölkerung 57 Prozent des Gesamtvermögens, die oberen zehn Prozent 67 Prozent. Die unteren 50 Prozent der Bevölkerung halten hingehen nur etwa drei Prozent des gesamten privaten Vermögens.

Franziska Disselbacher (WU Wien und London School of Economics) kommt in ihrer Studie zu folgendem Ergebnis: Ein komplexes Steuersystem schafft Anreize zur Steuervermeidung. Ein transparentes und einfaches System mit klar definierten Freibeträgen und wenigen Ausnahmen vereinfache hingegen die Steuererhebung und verringere Steuervermeidungs und Steuerumgehung. Eine breite Bemessungsgrundlage, die keine Vermögensarten ausschließt, reduziere ebenfalls die Möglichkeiten zur Steuervermeidung und -umgehung.

Auch Schenkungen vor dem Tod haben die Expertinnen und Experten mit einberechnet. Diese ziele darauf ab, die Umgehung der Erbschaftssteuer durch vorzeitige Vermögensübertragungen zu verhindern. Ein progressives Steuersystem, bei dem höhere Erbschaften stärker besteuert werden, würde die soziale Akzeptanz der Steuer erhöhen. Außerdem wird eine Ratenzahlung ähnlich wie bei Krediten vorgeschlagen. Eine Erbschaftssteuer, die an den Wohnsitz oder die Staatsbürgerschaft der Erben gekoppelt ist und unabhängig vom rechtlichen Sitz des Vermögens erhoben wird, könne Umgehungsmöglichkeiten verringern.

Das Finanzministerium kann die Prognose zu den Steuereinnahmen „nicht nachvollziehen“. Laut einer Studie von EcoAustria würde die Einführung einer Vermögenssteuer die Wirtschaftsleistung, die Investitionen und das reale Nettoeinkommen reduzieren und die Arbeitslosigkeit erhöhen. Auch das deutsche ifo-Institut sei zum Schluss gekommen, dass eine Vermögenssteuer in Summe zu geringeren Steuereinnahmen führe. (APA)

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