Wegen Umgang mit Migrantinnen

Staatsanwaltschaft fordert sechs Jahre Haft für Salvini

© EXPA/JOHANN GRODER

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni versichert dem Vizepremier „völlige Solidarität“.

Palermo – In einem Prozess um den Umgang mit Migranten auf dem Mittelmeer hat die Staatsanwaltschaft sechs Jahre Haft gegen Italiens Vize-Ministerpräsidenten Matteo Salvini verlangt. Dem Vorsitzenden der rechten Regierungspartei Lega wird zur Last gelegt, in seiner Zeit als Innenminister 2019 das Schiff einer spanischen Hilfsorganisation wochenlang am Einlaufen in einen Hafen gehindert zu haben.

Die Anklagebehörde wertete dies vor Gericht in Palermo als Freiheitsberaubung und Amtsmissbrauch. Das Urteil gegen den heutigen Verkehrsminister wird voraussichtlich im nächsten Monat verkündet.

Ich bekenne mich schuldig, Italien und die Italiener verteidigt zu haben, ich bekenne mich schuldig, mein Wort gehalten zu haben.
Matteo Salvini, Italiens Vize-Ministerpräsident

Mit ihrer Forderung blieb die Staatsanwaltschaft deutlich unter dem möglichen Höchstmaß von 15 Jahren. Salvini war nach bereits seit drei Jahren laufendem Prozess am Samstag nicht im Gerichtssaal. Auf seinem Instagram-Konto schrieb er: „Ich würde alles wieder so machen.“

„Noch nie in der Geschichte wurde ein Minister angeklagt und verurteilt, weil er die Grenzen seines Landes verteidigt hat. Artikel 52 der italienischen Verfassung besagt, dass die Verteidigung des Vaterlandes eine heilige Pflicht des Bürgers ist. Ich bekenne mich schuldig, Italien und die Italiener verteidigt zu haben, ich bekenne mich schuldig, mein Wort gehalten zu haben“, kommentierte der 51-jährige Salvini.

Der rechte Politiker war von 2018/19 Innenminister. Damals machte er sich international durch ein hartes Vorgehen gegen die Schiffe von privaten Hilfsorganisationen einen Namen, die Flüchtlinge aus Booten im Mittelmeer an Bord nehmen. Heute ist er eine der zentralen Figuren der rechten Dreier-Koalition von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.

Menschen sprangen vom festgesetzten Schiff ins Meer

Das Schiff namens „Open Arms“ hatte im August 2019 nach Angaben der gleichnamigen Hilfsorganisation mehr als 160 Menschen aus Seenot gerettet. Anschließend lag es vor der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa, durfte aber nicht im dortigen Hafen anlegen. Die Lage an Bord spitzte sich zu. Mehrfach sprangen Menschen ins Wasser und versuchten, an Land zu schwimmen. Die Staatsanwaltschaft ließ die „Open Arms“ schließlich nach drei Wochen beschlagnahmen, sodass das Schiff anlegen konnte.

Es ist unglaublich, dass ein Minister der Republik Italien sechs Jahre Gefängnis riskiert, weil er seine Aufgabe wahrnimmt, die Grenzen der Nation zu verteidigen.
Ministerpräsidentin Giorgia Meloni

Meloni nahm ihren Koalitionspartner in Schutz. „Es ist unglaublich, dass ein Minister der Republik Italien sechs Jahre Gefängnis riskiert, weil er seine Aufgabe wahrnimmt, die Grenzen der Nation zu verteidigen, wie es das Mandat der Bürger verlangt“, schrieb die Vorsitzende der Rechtspartei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens). Zugleich versicherte sie Salvini ihre „völlige Solidarität“. Auch der andere Koalitionspartner Forza Italia stellte sich hinter den Minister.

Ähnlich sieht die Lage Außenminister Antonio Tajani, Chef der Regierungspartei Forza Italia. „Salvini hat seine Pflicht als Innenminister getan, die Legalität zu verteidigen. Aus diesem Grund sechs Jahre Gefängnis zu fordern, scheint eine unvernünftige Entscheidung zu sein und entbehrt zudem jeder rechtlichen Grundlage“, so Tajani auf X. (APA/dpa)

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