Israelischer Angriff in Beirut: Hisbollah-Kommandant getötet
Beirut – Bei einem Angriff der israelischen Armee auf ein Ziel in der libanesischen Hauptstadt Beirut sind am Freitag mindestens acht Menschen getötet worden. Darunter ist Insidern zufolge der hochrangige Hisbollah-Kommandant Ibrahim Aqil. Aus Sicherheitskreisen hieß es, der Befehlshaber sei zusammen mit Mitgliedern der Hisbollah-Eliteeinheit Radwan getötet worden. Israels Armee bestätigte den Tod Aqils. Er wurde von den USA mit einem Kopfgeld von sieben Millionen Dollar gesucht.
Aqil sei „eliminiert“ worden, teilte Armeesprecher Daniel Hagari mit. Zuvor war sein Tod bereits aus Kreisen der pro-iranischen Hisbollah vermeldet worden. Die Hisbollah-Mitglieder hätten gerade eine Sitzung abgehalten, als der Angriff erfolgte, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person. 59 weitere Personen seien verletzt worden, teilte das libanesische Gesundheitsministerium mit. Es ist das zweite Mal in weniger als zwei Monaten, dass Israel einen hochrangigen Hisbollah-Militärkommandanten in Beirut ins Visier genommen hat. Im Juli wurde bei einem israelischen Luftangriff Hisbollah-Befehlshaber Fuad Shukr getötet.
Aqil gehört zu den Gründungsmitgliedern der Hisbollah und wirkte insbesondere im militärischen Flügel der schiitischen Organisation. Die USA hatten ein Kopfgeld in der Höhe von sieben Millionen Dollar (6,27 Mio. Euro) auf ihn ausgesetzt. Bereits Anfang der 1990er-Jahre hatte Israel versucht, Aqil auszuschalten. Aqil wurde Informationen aus Beirut zufolge erst am Freitag aus dem Krankenhaus entlassen, nachdem er bei der Attacke auf technische Geräte der Hisbollah verletzt worden war. Auch dieser Angriff wird Israel zugeschrieben.
📽️ Video | Chef von Hisbollah-Eliteeinheit getötet
Libanons geschäftsführender Ministerpräsident Najib Mikati verurteilte den Angriff scharf. Israel lege „keinen Wert auf humanitäre, rechtliche oder moralische Werte“, sagte er. Stattdessen schreite die israelische Regierung mit etwas voran, „was einem Völkermord ähnelt“. Mikati rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, einen klaren Standpunkt gegen die „schrecklichen Massakers“ Israels zu zeigen.
Sieben israelische Ziele angegriffen
Die Hisbollah griff indes eigenen Angaben zufolge sieben israelische Ziele an. Laut israelischem öffentlichem Rundfunk wurden etwa 150 Raketen aus dem Südlibanon auf Israel abgeschossen. Die UN-Blauhelmtruppe im Süden des Libanon forderte eine „sofortige Deeskalation“ im Konflikt zwischen Israel und der radikal-islamischen Hisbollah-Miliz.
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Seit Ausbruch des Kriegs im Gazastreifen zwischen Israel und der palästinensischen Hamas vor knapp einem Jahr hat sich jedoch auch die Lage in dem Grenzgebiet erheblich verschlechtert. Nahezu täglich kommt es zu gegenseitigem Beschuss zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz. In den vergangenen Tagen spitzte sich der Konflikt zu. Zunächst explodierten an zwei aufeinanderfolgenden Tagen Tausende Funkempfänger und Walkie-Talkies im Libanon, anschließend flog Israel mehrere Luftangriffe, so auch am späten Donnerstagabend. Laut libanesischen Sicherheitskreisen waren dies die heftigsten Luftangriffe seit Beginn des Gaza-Kriegs.
Netanyahu verschob USA-Reise
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu verschob unterdessen seine für kommende Woche geplante USA-Reise wegen der angespannten Lage an der Grenze zum Libanon um einen Tag. Der Regierungschef werde nun am Mittwoch statt am Dienstag abreisen, hieß es am Freitag von einem Mitarbeiter in seinem Büro. Netanyahu soll während seines Aufenthalts eine Rede bei der alljährlichen UN-Generaldebatte in New York halten. Am Samstag kommender Woche will er nach Israel zurückreisen.
Die US-Regierung hält es trotz der jüngsten Angriffe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz für möglich, einen Krieg zwischen beiden Seiten abzuwenden. „Wir glauben immer noch, dass es Zeit und Raum für eine diplomatische Lösung gibt, und wir halten dies für den besten Weg“, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby. Ein Krieg an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon sei „nicht unvermeidlich, und wir werden weiterhin alles tun, was wir können, um ihn zu verhindern“.
Kirby ging nicht näher auf den jüngsten israelischen Angriff in Libanons Hauptstadt Beirut ein. Dieser sei gerade erst geschehen, und das israelische Militär müsse selbst über seine Einsätze sprechen. Auf Nachfrage sagte er, ihm sei nicht bekannt, dass die US-Regierung im Voraus darüber informiert gewesen sei.
Trotz weltweiter Aufrufe zur Zurückhaltung setzen Israel und die libanesische Hisbollah-Miliz ihre gegenseitigen Angriffe fort. Damit wächst die Sorge, dass die Kämpfe sich zu einem umfassenden Krieg sowie zu einem regionalen Flächenbrand ausweiten könnten.
Mit Blick auf den Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen sagte Kirby, die US-Regierung gebe die Hoffnung nicht auf, auch hier noch eine Vereinbarung für eine Waffenruhe und eine Freilassung von Geisel zu erreichen. Dies sei hart und gestalte sich schwierig. „Aber niemand gibt auf. (...) Wir werden es weiter versuchen.“
Ungeachtet der Eskalation im Konflikt mit der libanesischen Hisbollah-Miliz trieb Israel auch seine Offensive gegen die palästinensische Hamas im Gazastreifen voran. Aus mehreren Teilen des Küstengebiets wurden israelische Luft- und Panzer-Angriffe gemeldet. Dabei kamen nach Angaben palästinensischer Behördenvertreter mindestens 14 Menschen ums Leben. US-Präsident Joe Biden hält nach eigenen Angaben eine Feuerpause im Gazastreifen aber nach wie vor für realistisch. „Wir dürfen nicht lockerlassen“, sagt Biden vor Journalisten. Auch dass die Bewohner von Nordisrael und dem Südlibanon in Sicherheit in ihre Ortschaften zurückkehren können, müsse gewährleistet werden. (APA/dpa/Reuters/AFP)