Nach massiven Unwetterschäden: Neue ÖBB-Weststrecke bleibt monatelang außer Betrieb
Unterspülte Gleise, geflutete Tunnel und Bahnhöfe: Die extremen Unwetter der letzten Woche in Ostösterreich haben auch im Schienennetz ihre Spuren hinterlassen. So wird die „neue“ Weststrecke der ÖBB im Abschnitt Wien – St. Pölten monatelang nicht benützbar sein. Kleiner Lichtblick: Die „alte“ Verbindung durch den Wienerwald soll ab dem 10. Oktober wieder zweigleisig befahrbar sein.
Michelhausen, Wien – Es ist zu befürchten gewesen und seit Montagnachmittag offiziell: Die „neue“ Weststrecke der Bahn wird im Abschnitt Wien – St. Pölten nach der jüngsten Hochwasserkatastrophe noch monatelang nicht benützbar sein. „Der Schaden liege im dreistelligen Millionenbereich“, erklärt Judith Engel, Vorständin der ÖBB-Infrastruktur AG, bei einem Pressegespräch am Bahnhof Tullnerfeld. Wann der Betrieb in dem Streckenabschnitt wieder aufgenommen wird, ist vorerst ungewiss.
Der Bahnhof Tullnerfeld und der Tunnel Atzenbrugg sind vom Hochwasser und seinen Folgen besonders stark betroffen. Wie groß das Ausmaß der Beschädigungen ist, sei erst in den vergangenen Tagen sichtbar geworden, nachdem die Feuerwehr das Wasser, das einen Meter hoch gestanden war, abgepumpt hatte, so Engel. Es sei damit zu rechnen, dass der Wiederaufbau mehrere Monate dauern werde. Das Jahrhunderthochwasser habe auch Jahrhundertschäden an der Schieneninfrastruktur hinterlassen.
Bahnhof weiter ohne Strom
Im 2,5 Kilometer langen Tunnel Atzenbrugg ist laut Engel davon auszugehen, dass die elektrischen Anlagen komplett neu installiert werden müssen. Es gebe dort ebenso wie im Bahnhof Tullnerfeld nach wie vor keine Stromversorgung.
Die Weststrecke ist die am stärksten befahrene Strecke der ÖBB. Sie besteht aus vier Gleisen. Die beiden neuen Gleise zwischen Wien und St. Pölten wurden erst 2012 eröffnet. Auch die alte, zweigleisige Weststrecke durch den Wienerwald wurde vom Hochwasser getroffen. Sie kann derzeit zumindest eingleisig geführt werden. Statt 550 Personen- und Güterzügen pro Tag zwischen Wien und St. Pölten können derzeit nur 150 verkehren. Der Zeitverlust beträgt 30 Minuten.
Die „alte“ Weststrecke durch den Wienerwald soll dann aber voraussichtlich ab dem 10. Oktober wieder zweigleisig befahrbar sein, blickte Engel am Montag voraus. Dann sollten auf beiden Gleisen zumindest 300 Züge pro Tag durch den Wienerwald fahren können. „Hundertprozentig können wir das aber erst nach den Messfahrten sagen“, so Engl. Bis dahin sollen restliche Vermurungen geräumt und Gleisschäden repariert sein. Sie sei „zuversichtlich“, dass der Termin eingehalten werden könne, so die Vorständin. Ehe es so weit sei, würden Messfahrten stattfinden. Sicherheit auf der Strecke gehe jedenfalls vor.
Sonderfahrplan bis 9. Oktober
Vorerst bis 9. Oktober gilt ab Wien auch der Sonderfahrplan von ÖBB und Westbahn. Ab Wien verkehrt nur rund die Hälfte der Fernverkehrszüge, nach Möglichkeit aber in Doppeltraktion, also mit doppelter Kapazität. Für ÖBB-Reisende heißt es dann in Salzburg umsteigen auf einen Railjet XPress. Diese fahren von und nach Tirol auch aktuell laut Fahrplan, aber nur bis Salzburg. Zwischen Wien und Salzburg werden derzeit die Tickets beider Bahnbetreiber wechselseitig anerkannt – nicht aber ab Salzburg westwärts, also nicht bis Tirol.
Auf der Pendlerverbindung Tullnerfeld bis Wien (neue Strecke) können bis auf Weiteres keine Züge fahren. Die Bahnstrecke zwischen Tulln a.d. Donau und Herzogenburg bleibt wegen Aufräumarbeiten gesperrt. Zwischen Tulln a.d. Donau und St. Pölten Hbf wurde ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Die Halte in Atzenbruggund Moosbierbaum-Heiligeneich entfallen. Der Güterverkehr bleibt leider weiterhin massiv eingeschränkt.
Ab 10. Oktober sollen es ab Wien wieder mehr Züge sein, hieß es am Montag bei beiden Unternehmen. Zur weiteren Entwicklung gab es vorerst keine Aussagen.
Zumindest derzeit führen die Behinderungen im Bahnverkehr nicht mehr zu einer erhöhten Nachfrage bei den Austrian Airlines. Am Höhepunkt des Hochwassers und unmittelbar danach, von Montag bis Mittwoch voriger Woche, setzte die AUA auf den Morgenflügen nach und von Innsbruck größere Maschinen ein, um die höhere Zahl von Passagieren zu bewältigen. Seither habe sich die Lage aber normalisiert, hieß es. (APA, TT.com)