Parteien mit letzter Mobilisierung bei Wahlkampfabschlüssen
Der Nationalratswahlkampf biegt in die Zielgerade: Die meisten Parteien hielten am Freitag ihre Wahlkampfabschlüsse ab und versuchten, vorm Sonntag ein letztes Mal zu mobilisieren. Gleichzeitig zeigten sich die Parteien zuversichtlich - die ÖVP, dass sie die FPÖ auf Platz zwei verweisen wird, die Grünen, dass sie wieder in die Regierung kommen und die NEOS, dass sie erstmals im Bund mitregieren dürfen. Lediglich die SPÖ beendet ihren Wahlkampf erst am Samstag.
Die ÖVP stimmte am Vormittag vor der Bundesparteizentrale auf ein knappes "Foto-Finish" bei der Wahl ein. Man habe eine "enorme Aufholjagd" hingelegt und jetzt zum Überholen angesetzt, war sich Generalsekretär Christian Stocker sicher. Kanzler und Spitzenkandidat Karl Nehammer betonte einmal mehr, wofür die ÖVP unter ihm stehe - nämlich für eine Politik der Mitte, der Stabilität und der Zuversicht. "Wir leben nicht von den Problemen, sondern wir lösen sie", grenzte er sich von "Angstmache" ab, die er in der Vergangenheit etwa FPÖ-Chef Herbert Kickl vorgeworfen hatte. Bis zur letzten Minute vor der Wahl will die ÖVP weiter um Stimmen werben.
Am Nachmittag luden die Grünen dann auf den Maria-Theresien-Platz in der Wiener Innenstadt. Unter dem Motto "Ohne Grüne kein Klimaschutz" warnten Parteichef Werner Kogler und die Ministerinnen Leonore Gewessler und Alma Zadić davor, was drohe, sollten die Grünen nach der Nationalratswahl weniger mitzureden haben. Wieder mitzuregieren war folglich auch das Ziel, für das Kogler zu mobilisieren versuchte. Der Vizekanzler stellte dabei Hoffnung und Miteinander der Hetze, Demokratie der Autokratie, das gemeinsame Europa dem alten Nationalismus und den Klimaschutz der Klimakrise gegenüber. "Entlang dieser Antworten sind wir genau auf der richtigen Seite", zeigte er sich auf der Bühne zwischen den Museen überzeugt.
Für die NEOS wiederum bekräftigte Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger am späten Freitagnachmittag bei einem "Zukunftsfest" auf der Freyung in der Wiener Innenstadt den Regierungswillen ihrer Partei und warb für die Pinken als einzige "Reformkraft". Man werde am Sonntag "Geschichte schreiben", gab sich Meinl-Reisinger selbstsicher. Die Alternative zu einer "Ibiza 2.0-Koalition" zwischen ÖVP und FPÖ und einem "bleiernen Stillstand" unter einer ÖVP-SPÖ-Regierung sei "eine mutige, entschlossene Reformkoalition, und das geht nur mit NEOS", meinte die pinke Frontfrau.
Zeitgleich startete der Wahlkampfabschluss der FPÖ, begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot und einer Gegendemonstration. Ab dem späten Nachmittag wurde auf einer riesigen Bühne vor dem Wiener Stephansdom Stimmung für Spitzenkandidat Herbert Kickl gemacht. Dieser stellte dann vor seinen mit Österreich-Fahnen und blauen Ballons ausgestatteten Fans klar, was er sich von der Wahl erwartet: "Gemeinsam werden wir am Sonntag etwas erreichen, was es in diesem Land noch nie gegeben hat: Eine freiheitliche Nummer Eins und ein freiheitlicher Kanzler." Die Polizei berichtete nach der Veranstaltung von einer "ruhigen Lage". Zu einem dokumentierten Zwischenfall kam es dennoch: So wurde ein Team des Privatsenders PULS 24 mitten in einer Live-Schaltung von offenbar zwei FPÖ-Anhängern körperlich bedrängt und beschimpft.
Die KPÖ hatte sich am Vormittag bei ihrem Wahlkampfabschluss optimistisch für einen Einzug in den Nationalrat gegeben. Es wäre das erste Mal seit 1956. "Die letzten Wahlen haben gezeigt, dass die KPÖ immer besser abschneidet als in den Umfragen vorausgesagt", betonte Spitzenkandidat Tobias Schweiger.
Freitagabend beendete auch die Bierpartei ihre Österreich-Tour und damit ihren Wahlkampf am Wiener Platz der Menschenrechte. Spitzenkandidat Dominik Wlazny gab sich zuversichtlich, dass trotz sinkender Umfragewerte der Einzug in den Nationalrat gelingen werde. Ins Parlament wolle man "die Freude" und "g'scheite Ideen" bringen, wiederholte der Parteichef sein Credo.
Die Liste Madeleine Petrovic lud für den Abend in ihr Parteilokal in der Wilhelm-Exner-Gasse. Die Liste "Keine von denen" (vormals Wandel) verzichtet auf eine offizielle Schlusskundgebung - man gehe am Freitag stattdessen noch einmal auf die Straße, "um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen", hieß es.
Am Samstag folgt dann der Wahlkampfabschluss der SPÖ. Die Sozialdemokraten treffen sich dazu ab 10 Uhr am Viktor-Adler-Markt.