Vorläufiges Nationalratswahlergebnis wohl erst spätabends
Bei der Nationalratswahl am Sonntag wird es wohl länger als gewohnt dauern, bis das vorläufige Gesamtergebnis veröffentlicht wird. Während die Auszählung bisher meist gegen 21 Uhr abgeschlossen war, rechnet die Bundeswahlbehörde mit dem Ergebnis am 29. September wohl nicht vor 23 Uhr. Grund ist v.a. die Wahlrechtsreform 2023, dank derer erstmals bei einer Nationalratswahl die meisten der Briefwahlstimmen gleich am Sonntag mitausgezählt werden.
Bei den letzten beiden Urnengängen 2017 und 2019 lag das vorläufige Gesamtergebnis (ohne Briefwahlstimmen) jeweils rund um 21 Uhr vor. Mit der 2023 beschlossenen und im Jänner in Kraft getretenen Wahlrechtsreform wird ein Großteil der Briefwahlkarten bereits am Wahlsonntag selbst mitausgezählt. Erstmals der Fall war das bei der EU-Wahl vom 9. Juni. Erfahrungswerte kann man daraus für die Nationalratswahl aber kaum ableiten. Denn anders als bei der Wahl am Sonntag wurden bei der Europawahl die Ergebnisse ohnehin erst um 23 Uhr bekannt gegeben (wegen des EU-weiten späteren Wahlschlusses).
Damals waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits alle Sonntags-Stimmen ausgezählt. Dazu kommt bei der Nationalratswahl, dass die Wahlbehörden mit einer sehr hohen Anzahl von Briefwahlstimmen rechnen - wie viele exakt ausgegeben wurden, wird am Freitagabend vor der Wahl bekannt gegeben.
Dank der Hochrechnungen wird nach dem bundesweiten Wahlschluss um 17 Uhr dennoch ein Bild vom Wahlausgang vorliegen. Allerdings dürften sich die Berechnungen schwieriger gestalten als in den Jahren davor, wie der Leiter der Foresight-Instituts Christoph Hofinger, im Vorfeld der Wahl erörterte.
Foresight erstellt für ORF und APA knapp nach 17 Uhr die erste Hochrechnung. Zu diesem Zeitpunkt liegen nur Ergebnisse jener Gemeinden vor, die schon fertig ausgezählt haben. Deren Zahl dürfte aufgrund der Wahlrechtsänderung kleiner sein als bei den vorangegangenen Wahlen. Denn der Auszählungsvorgang wird aufgrund der nun schon am Sonntag mitauszuzählenden zahlreichen Briefwahlstimmen spürbar länger dauern.
Insgesamt könnten rund 800.000 oder 900.000 Stimmzettel mehr auszuzählen sein als beim Urnengang 2019, da laut Schätzungen der Wahlforscher rund 80 Prozent der ausgestellten Wahlkarten in den Heimatsprengeln der Wähler am Sonntag mitausgezählt werden. Hofinger geht davon aus, dass knapp nach 17 Uhr die Hochrechnungen auf den Resultaten von nur einem Drittel der Stimmen basieren werden.
Die ersten Hochrechnungen werden eine Schwankungsbreite von ca. zwei Prozentpunkten aufweisen, so die Experten. Sollte es knapp hergehen, könnten einzelne Fragen zu diesem Zeitpunkt noch offen bleiben, etwa die Platzierungen der Parteien oder die Frage, ob eine der kleineren Parteien die Vier-Prozent-Hürde für den Nationalratseinzug schafft oder nicht.
Aber auch nach Auszählung aller Sonntags-Stimmen bleibt noch eine - geringe - Restunsicherheit. Inklusive der Wahlkartenprognose haben die Hochrechnungen dann voraussichtlich noch eine Schwankungsbreite von rund 0,3 Prozentpunkten. Vor der Reform lag diese höher - nämlich bei etwa 0,7 Prozentpunkten.
Nach Vorliegen des Urnenergebnisses am Sonntagabend ist die Platzierung der Parteien wohl dann fix, sofern inklusive der Briefwahlprognose ein Abstand von mindestens 0,6 Prozentpunkten vorliegt. Bei der Frage des Einzugs könnten sich Parteien am Abend des 29. September dann ganz sicher sein, wenn das Urnenergebnis plus Briefwahlstimmenschätzung ein Ergebnis von 4,3 Prozent oder höher prognostiziert, so Hofinger.
Die restlichen (Brief-)Wahlstimmen - rund 15 Prozent der ausgestellten Wahlkarten - werden dann am Montag und Donnerstag gezählt. Weitere rund fünf Prozent der Karten werden den Erfahrungen nach nicht verwendet. Die Hochrechnungen werden wie gewohnt auch diese noch ausständigen Briefwahlstimmen mitberücksichtigen, Foresight lässt wieder eine Briefwahlprognose miteinfließen.
Insgesamt werden die am Montag und Donnerstag auszuzählenden Wahlkartenstimmen nur einen Anteil von drei bis vier Prozent der insgesamt gültigen Stimmen ausmachen und damit deutlich weniger als bisher (etwa 20 Prozent).