Frosch und Co: Umweltanwalt will strenges Auge auf Schwoicher Deponie
Für die geplante Baurestmassendeponie der Rohrdrofer Gruppe wird keine Umweltverträglichkeitsprüfung notwendig sein. Der Landesumweltanwalt kann das nachvollziehen. Er fordert jedoch strenge Maßnahmen für den Naturschutz ein.
Schwoich, Innsbruck – Am Donnerstag Nachmittag rumpelt es wieder in Schwoich. Die Sprengarbeiten im Steinbruch der Rohrdorfer Gruppe gehen weiter. Die Genehmigung dafür hat laut Bezirkshauptmannschaft Kufstein kein Ablaufdatum. Inzwischen wartet das bayerische Unternehmen auf den letzten fehlenden Teil für den Bescheid der Baurestmassendeponie, die künftig rund ein Viertel des in den vergangenen 40 Jahren frei gelegten Areals einnehmen soll.
Wie berichtet beurteilen Sachverständige der Behörde noch die eingereichten Pläne mit Blick auf wasserrechtliche Fragen. Bürgerinitiative und Gemeinde sorgen sich um das Trinkwasser und berichten von Windverfrachtungen Richtung der Quellen. Gleichzeitig muss ein großer Teil des umliegenden Waldes nach dem Unwetter im Juni gefällt werden – Sichtschutz und Filterfunktion entfallen damit. Gemeinde und Bürgerinitiative wollen gegen den bisherigen Bescheid rechtlich vorgehen.
Kein UVP-Verfahren vorgeschrieben
Was inzwischen fest steht: Für die Großdeponie braucht es keine Umweltverträglichkeitsprüfung. Projektgegner hatten auf eine solche gepocht und argumentiert, dass das Projekt im Zusammenhang mit einer weiteren Deponie der Rohrdorfer Gruppe in unmittelbarer Nähe gemeinsam das Gesamtvolumen von mindestens einer Million Kubikmetern überschreiten würde. Damit wäre eine UVP notwendig. Die Behörde sieht das anders und begründet dies damit, dass die beiden Deponien nicht zusammenhängen. Die Deponie Matzen ist eine Inert-Deponie. Die beiden Anlagen seien rechtlich, technisch und wirtschaftlich unabhängig voneinander betreibbar und bedienen unterschiedliche Marktsegmente: Bei der Baurestmassendeponie geht es um Material aus dem Abbruch und der Renovierung von Gebäuden. Bodenaushub- und Inertabfalldeponien sind Erdmaterial aus Tiefbau und Baugrubenherstellung, heißt es im Bescheid.
Landesumweltanwalt sieht Bedarf für Deponie gegeben
Für Landesumweltanwalt Walter Tschon ist diese Argumentation nachvollziehbar. Ob die Landesumweltanwaltschaft ebenso gegen den Bescheid vorgehen wird, lässt er offen. Man sei dabei, den 345 Seiten umfassenden Bescheid zu analysieren, zudem wolle man weiter Gespräche mit Rohrdorfer führen. Tschon will betont wissen, dass die Landesumweltanwaltschaft keine Behörde ist, und im Verfahren ihre Parteistellung für die „Mandanten“ Natur und Umwelt wahrnimmt. Primär bestehe der gesetzliche Auftrag also darin, ökologische Interessen zu vertreten.
Der Bedarf einer Baurestmassendeponie im Unterinntal ist aus dieser Perspektive für Tschon „nachvollziehbar und argumentiertbar.“ In den Bezirken Kufstein, Kitzbühel, Schwaz und in Osttirol gibt es keine Baurestmassendeponie, die nächste liegt mindestens 75 Kilometer entfernt. „Eine Baurestmassendeponie im Bezirk Kufstein ist daher schon aus verkehrsstrategischer Betrachtung und damit in Berücksichtigung von Umweltaspekten zweckmäßig." Bestenfalls, so Tschon, ließe sich im Bauwesen eine Kreislaufwirtschaft durch Recycling mineralischer Baurestmassen oder Wiederverwendung beim Rückbau von Gebäuden einrichten.
Amphibien müssen geschützt werden
Worauf die Landesumweltanwaltschaft aber durchaus achten will: Der Standort für die Baurestmassendeponie ist ein Hotspot für Amphibien. Sechs Arten wurden nachgewiesen, der Lebensraum ist auch in regionaler Hinsicht von Bedeutung. Entsprechend wurden dem Projektwerber zahlreiche Kompensations- bzw. Ausgleichsmaßnahmen vorgeschrieben, darunter Laichgewässer, Amphibienzäune, Geröll- und Asthäufen als Tagesverstecke und ein Schüttbeginn außerhalb der Laichsaison.
Für Tschon sind die Maßnahmen „grundsätzlich zielführend“. Es brauche aber eine gewissenhafte und lückenlose Umsetzung aller Maßnahmen und einer wissenschaftlich begleiteten Baufeldfreimachung. Nur so kann ein Restrisiko des Verlustes von Populationen weitgehend ausgeschlossen werden kann.“
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