Schock in der Schweiz

Trauer um Muriel Furrer: 18-Jährige starb nach Unfall bei Rad-WM

Muriel Furrer wurde nur 18 Jahre alt.
© IMAGO/Fotoreporter Sirotti Stefano

Einen Tag nach ihrem Unfall im Juniorinnen-Rennen erlag die 18-jährige Schweizerin Muriel Furrer am Freitag ihren schweren Verletzungen. Das gaben die Organisatoren und der Radsportverband bekannt.

Zürich – Die Rad-WM in Zürich wird vom Tod der Schweizer Nachwuchsfahrerin Muriel Furrer überschattet. Die 18-Jährige stürzte am Donnerstag im Straßenrennen der Juniorinnen und erlitt ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Am Freitag erlag Furrer ihren Verletzungen, wie die WM-Organisatoren und der Weltverband UCI während des U23-Rennens bekanntgaben. Die noch bis Sonntag anberaumte Großveranstaltung wird dennoch fortgesetzt.

Das Programm rund um die Bewerbe - am Samstag geht das Frauen-Rennen in Szene, die Männer fahren am Sonntag - wird aber zurückgefahren. Die WM-Flaggen in Zürich wehen auf halbmast, Siegerehrungen werden in kleinerem Rahmen abgehalten. Die UCI sagte ihre für Samstagabend anberaumte Gala ab.

Die Entscheidung zur Fortsetzung der WM sei nach Rücksprache und auf Wunsch der Familie von Furrer getroffen worden, hieß es. "Mit dem Tod von Muriel Furrer verliert die internationale Radsport-Gemeinschaft eine Fahrerin, die eine großartige Zukunft vor sich hatte", schrieb die UCI in einer Mitteilung.

"Unsere Gedanken sind bei der gesamten Familie und den Freunden von Muriel. Ruhe in Frieden, liebe Muriel", erklärte das Team Visma des zweimaligen Tour-de-France-Siegers Jonas Vingegaard in den sozialen Medien, in denen von zahlreichen Profis und Teams Beileidsbekundungen gepostet wurden.

Auch Sandra Mäder, die Mutter des im Vorjahr tödlich verunglückten Schweizers Gino Mäder, meldete sich mit bewegenden Worten. "Liebe Familie Furrer, ich fühle mit Euch. Ganz intensiv und ich weiß so sehr, wie es Euch jetzt gehen muss. Haltet Euch fest. Ich wünsch Euch ganz viel Kraft, diese Stunden durchzustehen."

Furrer galt als aufstrebendes Talent. Sie war auf dem Straßenrad, dem Mountainbike und im Cyclocross aktiv. Bei der Mountainbike-EM in Rumänien gewann sie im Mai die Bronzemedaille im Team-Wettkampf. Furrer lebte in unmittelbarer Nähe der WM-Strecke.

Unklarheiten rund um Sturz und Bergung

Wie es genau zum Sturz gekommen war, ist noch unklar. Die Untersuchungen laufen. Die Veranstalter verwiesen auf die Behörden. "Die Staatsanwaltschaft und die Polizei ermitteln. Es gibt im Moment keine gesicherten Informationen", sagte OK-Chef Olivier Senn. Der genaue Sturzort sei nicht bekannt. Die Schweizer Zeitung "Blick" berichtete von angeblich fragwürdigen Umständen der Rettung. Demnach sei ein Helikopter erst eine Stunde nach Rennende in dem Waldstück gelandet, wo Furrer im Unterholz gefunden worden sein soll.

Bekannt ist bisher, dass sie in einem Waldstück auf der Runde auf der Nordseite des Zürichsees zu Fall gekommen war, die in allen Straßenrennen gefahren wird. Für die Absicherung auf der WM-Strecke, eine 27 Kilometer lange Runde durch das Zürcher Umland, bekamen die Organisatoren im Vorfeld durchaus Lob. Nach dem Unfall von Furrer wurden die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal erhöht. "Wir haben in der Abfahrt mehr Streckenposten und haben uns am Morgen die Abfahrt noch einmal angeschaut. Wir geben unser Maximum für die Sicherheit der Fahrer", versicherte Senn. "Wir tun uns alle sehr schwer mit dieser Situation, aber wir müssen und werden weitermachen."

In der jüngeren Vergangenheit häuften sich schwere Stürze im Radsport. Im Juni 2023 war Mäder nach einem Sturz bei der Tour de Suisse ums Leben gekommen. Im heurigen Juli stürzte der Norweger André Drege bei der Österreich-Rundfahrt auf der Abfahrt vom Großglockner in den Tod. (TT.com, APA, dpa)

Todesfälle in Straßenrennen:

  • Tom Simpson (England, 1967): Beim Aufstieg auf den Mont Ventoux bricht der Brite bei der Tour de France bei glühender Hitze tot zusammen. Die Autopsie ergibt: Simpson hatte einen Cocktail aus Alkohol und Amphetaminen im Körper.
  • Fabio Casartelli (Italien, 1995): Der Olympiasieger stürzt bei der Tour de France auf der Abfahrt in den Pyrenäen und rast in die Straßenbegrenzung aus Beton. Er erliegt seinen Kopfverletzungen.
  • Andrej Kiwiljow (Kasachstan, 2003): Er stürzt auf der zweiten Etappe der Fernfahrt Paris-Nizza und zieht sich tödliche Kopfverletzungen zu. Danach wird die Helmpflicht für Profis eingeführt.
  • José Maria Jimenez (Spanien, 2003): Der starke Kletterer stirbt mit 32 Jahren überraschend an Herzversagen. Wegen Depressionen hat er sich kurz zuvor aus dem Profi-Radsport zurückgezogen.
  • Fabrice Salanson (Frankreich, 2003): Am Morgen vor dem Start der Deutschland-Tour in Dresden stirbt der 23-Jährige in seinem Hotel an Herzversagen.
  • Wouter Weylandt (Belgien, 2011): Nach einem Sturz beim Giro d'Italia erliegt der 26-jährige Profi seinen Kopfverletzungen.
  • Felix Baur (Schweiz, 2013): Die Schweizer Nachwuchshoffnung verunglückt in einem Trainingslager in Alicante in Spanien schwer und fällt ins Koma. Nach der Rückkehr erliegt er im Alter von nur 21 Jahren im Spital Winterthur seinen schweren Kopfverletzungen.
  • Kristof Goddaert (Belgien, 2014): Er verunglückt bei einem Trainingsunfall tödlich. Der 27-Jährige kommt auf Straßenbahnschienen zu Fall und wird von einem hinter ihm fahrenden Bus überfahren.
  • Antoine Demoitié und Daan Myngheer (Belgien, 2016): Innerhalb weniger Stunden sterben gleich zwei belgische Fahrer. Der 25-jährige Demoitié wird bei Gent - Wevelgem nach einem Sturz von einem Motorrad überrollt und stirbt in der Nacht darauf im Spital. Myngheer erleidet im Alter von 22 Jahren beim Critérium International auf Korsika einen Herzstillstand.
  • Gijs Verdick (Niederlande, 2016): Eine Woche, nachdem er bei einer Rundfahrt in Polen zwei Herzattacken erlitten hat, stirbt der 21-jährige Nachwuchsfahrer in seiner Heimat im Spital.
  • Michele Scarponi (Italien, 2017): Der Sieger des Giro d'Italia 2011 kollidiert im Training in seiner Geburtsstadt Filottrano frontal mit einem Kleintransporter. Der 37-Jährige ist auf der Stelle tot.
  • Michael Goolaerts (Belgien, 2018): Der 23-jährige Belgier erleidet beim Klassiker Paris-Roubaix 148 km vor dem Ziel einen Herzstillstand und verstirbt am Tag danach im Spital.
  • Bjorg Lambrecht (Belgien, 2019): Auf der 3. Etappe der Polen-Rundfahrt prallt der 22-jährige Belgier Bjorg Lambrecht gegen einen Betonpfeiler am Straßenrand. Kurz darauf verstirbt er im Spital an inneren Blutungen und durch einen Herzstillstand.
  • Davide Rebellin (Italien, 2022): Wenige Wochen nach seinem Rücktritt im Alter von 51 Jahren wird der Italiener bei einer Ausfahrt in seiner Heimat von einem LKW überfahren. Rebellin, der 61 Profisiege eingefahren hatte und 2008 des Blutdopings überführt worden war, stirbt noch am Unfallort.
  • Gino Mäder (Schweiz, Juni 2023): Der Schweizer stürzt in der 5. Etappe der Tour de Suisse in der Abfahrt vom Albulapass bei hohem Tempo schwer. Mäder muss vor Ort reanimiert werden. Einen Tag nach dem Unfall stirbt der 26-Jährige im Spital von Chur.
  • 17-jähriger Italiener (Juli 2023): Ein italienischer Teilnehmer der Junioren-Rundfahrt in Oberösterreich erliegt seinen schweren Verletzungen, die er sich am Tag zuvor bei einem Sturz in einer Abfahrt der ersten Etappe zugezogen hatte.
  • André Drege (Norwegen, Juli 2024): Der 25-jährige Profi aus Norwegen stürzt auf der Königsetappe der Österreich-Rundfahrt bei der Abfahrt vom Großglockner nach Heiligenblut schwer und erliegt seinen Verletzungen.
  • Muriel Furrer (Schweiz, September 2024): Für die 18-Jährige endet das WM-Straßenrennen der Juniorinnen nach einem Sturz bei einem Waldstück am Zürichsee tödlich.

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