Politik einfach erklärt

Nicht nur für ErstwählerInnen: Das große 1x1 zur Nationalratswahl

© Apa, Roland Schlager/ canva

Am Sonntag findet die Nationalratswahl in Österreich statt. Nach dieser Wahl wird eine neue Bundesregierung gebildet, die das Land für die kommenden fünf Jahre regieren soll. Aber wie läuft die Wahl ab, was ist der Nationalrat, wie setzt sich die Regierung zusammen? Eine Übersicht zu allem, was man vor der Wahl am Sonntag wissen sollte.

📌 Um was geht es überhaupt?

Am Sonntag schreitet Österreich zur Wahlurne. Deswegen zuerst einmal die Basics.

❓ Was wird überhaupt gewählt?

Bei der Wahl wird der Nationalrat neu gewählt – also die 183 Abgeordneten, die im Parlament, grob gesagt, die Gesetze beschließen. Die WählerInnen müssen sich am Stimmzettel für eine der politischen Parteien entscheiden. In Tirol stehen auf dem Stimmzettel insgesamt elf Parteien.

❓ Wie geht’s nach der Wahl weiter?

Die Sitze im Nationalrat werden dann anteilsmäßig auf die Parteien verteilt. So sollen möglichst alle Interessen der Bevölkerung im Parlament vertreten sein. Damit nicht allzu viele kleine Gruppierungen im Parlament sitzen und sich diese schwieriger auf eine Mehrheit einigen können, gibt es eine Eintrittshürde (vier Prozent aller Stimmen oder besonders viele Stimmen in einem Wahlkreis, die zu einem Grundmandat führen).

❓ Warum ist das wichtig?

Um neue Gesetze zu beschließen, ist im Nationalrat eine einfache Mehrheit notwendig. Da eine Partei alleine üblicherweise nicht mehr als die Hälfte der Sitze im Nationalrat – also mindestens 92 der 183 – bekommt, schließen sich meist zwei Parteien zusammen. Theoretisch können es aber auch drei oder mehr Parteien sein, die in einer Koalition zusammenarbeiten. Bis dato gab es in Österreich nur Zweierkoalitionen.

❓ Wie wird dann eine Regierung gebildet?

Eine wichtige Rolle kommt dabei dem Bundespräsidenten, also Alexander Van der Bellen, zu. Er wird nach der Wahl Gespräche mit den verschiedenen Parteien führen. Je nach Stärkeverhältnis im Nationalrat erteilt der Bundespräsident dann üblicherweise einem oder einer der Parteivorsitzenden den Auftrag zur Regierungsbildung. Meistens ist es der Chef der Partei mit den meisten Sitzen im Nationalrat. Das muss aber nicht sein, etwa wenn sich unter anderem die zweit- und die drittstärkste Partei zusammentun und gemeinsam auf eine Mehrheit kommen. Wenn die Regierung steht, wird sie vom Bundespräsidenten ernannt. Die Regierungsmitglieder – also Bundeskanzler und MinisterInnen – müssen selbst nicht gewählte Abgeordnete aus dem Nationalrat sein.

📌 So läuft die Wahl ab

Nachdem nun klar sein sollte, warum wir wählen, soll es nun um die Frage gehen, was bei der Stimmabgabe am Sonntag alles zu beachten ist.

❓ Wie alt muss man sein, um zu wählen?

Wählen darf, wer am Tag der Wahl 16 Jahre alt oder älter ist. 2007 senkte Österreich übrigens als erstes Land Europas das Wahlalter auf 16 Jahre. Begründet wurde das damit, dass 16- und 17-Jährige bereits reif genug für die Wahlentscheidung sind und ihr Interesse an Politik gefördert wird, wenn sie selbst abstimmen dürfen. Außerdem finden so die Interessen der jungen Menschen mehr Gehör, während die Gesellschaft immer älter wird.

❓ Was ist noch Voraussetzung für das Wahlrecht?

Wählen dürfen alle österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger im Wahlalter und das unabhängig davon, ob sie in Österreich oder im Ausland leben. Die Staatsbürgerschaft muss man nicht erst am Wahltag, sondern schon zum Stichtag – das war der 9. Juli – besitzen.

❓ Wer darf nicht wählen?

Nicht wählen dürfen alle Menschen in Österreich, die nicht österreichische Staatsbürger sind. Die Zahl dieser Menschen ist in den vergangenen Jahren sehr stark gestiegen. Zu Jahresbeginn lebten laut Statistik Austria 1,49 Millionen Menschen im Wahlalter mit einer anderen Staatsbürgerschaft in Österreich. Das bedeutet, dass fast jede fünfte in Österreich lebende Person nicht politisch mitbestimmen darf. Nicht wählen dürfen außerdem Kinder und Jugendliche unter 16 und wer wegen einer gerichtlichen Verurteilung vom Wahlrecht ausgeschlossen ist.

❓ Wer darf gewählt werden?

Nicht jeder der wählen darf, darf automatisch auch selbst kandidieren. Zur Wahl antreten und gewählt werden können nur österreichische Staatsbürger, die mindestens 18 Jahre alt sind. Das nennt man passives Wahlrecht. Das Durchschnittsalter im Nationalrat liegt außerdem (Stand 22. Juli) bei knapp 52 Jahren.

❓ Muss ich wählen gehen?

Nein. Wahlpflicht besteht keine.

❓ Ich weiß noch nicht, wen ich wählen soll.

Wer noch unentschlossen ist, der kann eine der zahlreichen Wahlhilfen ausprobieren, die es im Vorfeld der Wahl gibt. Welche das sind? Bitte hier entlang.

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❓ Wie viele Mandate gibt es zu verteilen?

Insgesamt werden 183 Sitze vergeben. Die Verteilung läuft zunächst über 39 Regional- und neun Landeswahlkreise. Die Reststimmen werden dann in einem sogenannten dritten Ermittlungsverfahren auf Bundesebene vergeben. Wie viele Mandate in den Regionalwahlkreisen verteilt werden, richtet sich nach der Einwohnerzahl gemäß der Volkszählung. Jedes Bundesland (und jeder Wahlkreis) bekommt eine Maximalzahl an Mandaten zugewiesen, die dort verteilt werden können. Die meisten stehen dem einwohnerstärksten Bundesland Niederösterreich (nämlich 37) zu, Wien hat 33, Oberösterreich 32, die Steiermark 27, Tirol 16, Kärnten 12, Salzburg 11, Vorarlberg 8 und das Burgenland 7. Dementsprechend unterschiedlich hoch ist auch die Zahl der im Regionalwahlkreis zu vergebenden Mandate.

© APA

❓ Wie werden die Mandate verteilt und was ist ein Direktmandat?

Am Wahltag werden zunächst die auf die Parteien entfallenen Stimmen gezählt. Dann prüft man, ob eine Partei die in einem Wahlkreis für ein Direktmandat nötige Stimmenanzahl erreicht hat. Diese wird durch die sogenannte Wahlzahl bestimmt. Die Wahlzahlen für das erste (Regionalwahlkreis) und das zweite (Landeswahlkreis) Ermittlungsverfahren werden nach dem sogenannten Hare'schen System ermittelt. Dafür wird die Gesamtsumme der im Bundesland abgegebenen gültigen Stimmen durch die in diesem Landeswahlkreis zu vergebenden Mandate geteilt. Im dritten, bundesweiten Ermittlungsverfahren ist es etwas schwieriger. Hier wird die Wahlzahl durch das sogenannte D'Hondtsche Verfahren festgelegt. Dafür werden die jeweils von den Parteien erreichten Stimmen durch zwei, drei, vier, fünf usw. geteilt und in absteigender Reihenfolge sortiert. Die 183-größte Zahl ergibt dann die Wahlzahl für diese Stufe.

❓ Auf dem Wahlzettel kann ich Vorzugstimmen geben. Was ist das?

Bei der Wahl können drei Vorzugsstimmen vergeben werden – je eine auf Bundes-, Landes- und regionaler Ebene. Wählerinnen und Wähler müssen allerdings nicht zwingend Vorzugsstimmen vergeben. Kandidaten aus den Regionalparteilisten können auf dem Stimmzettel angekreuzt werden. Auf Landes- und Bundesebene wird der Name oder die Reihungsnummer auf den Parteilisten eingetragen, dafür gibt es am Stimmzettel eigene Felder. Die Listen werden im Wahllokal ausgehängt. Wer eine Wahlkarte beantragt, bekommt auch Listen mit allen Namen.

❓ Was bringt eine Vorzugsstimme?

Normalerweise werden die Mandate, die eine Partei erhält, nach der Reihenfolge der Personen auf den Parteilisten vergeben. Geht etwa ein Mandat im Regionalwahlkreis an die NEOS, so würde der erstgereihte NEOS-Kandidat auf der Regionalparteiliste in den Nationalrat einziehen. Wer genug Vorzugsstimmen erhält, wird aber automatisch ganz nach vorne gereiht und erhält das erste Mandat. Mit ausreichend Vorzugsstimmen können es also auch Kandidatinnen und Kandidaten in den Nationalrat schaffen, die auf eigentlich chancenlosen Listenplätzen zu finden sind.

❓ Wie groß ist der Einfluss der Vorzugsstimmen?

Bisher haben Vorzugsstimmen nur selten zu einem Mandat geführt. In der Regel bekommen nämlich die Spitzenkandidaten, die ohnehin an erster Stelle stehen, die meisten Vorzugsstimmen. Tiroler Außnahmne: Im Wahlkreis Unterland, hat der Tiroler Landwirtschaftskammerpräsident Josef Hechenberger (ÖVP) sein Mandat tatsächlich den Vorzugsstimmen verdankte. Der Erste, der über Vorzugsstimmen ins Parlament kam, war übrigens 1983 Josef Cap (SPÖ).

📌 Der Nationalrat

Wie erwähnt wird aus der Wahl der Stimmenanzahl nach die Mandate im Nationalrat verteilt. Deswegen jetzt eine kurze Erklärung, was dieser ist und welche Aufgaben er inne hat.

❓ Was sind die Aufgaben des Nationalrats?

Die wichtigsten Aufgaben des Nationalrats sind das Beschließen von Gesetzen und die Kontrolle der Regierung. Vorschläge für neue Gesetze oder Gesetzesänderungen werden von den Abgeordneten geprüft und diskutiert. Für den Beschluss von Gesetzen muss eine Mehrheit der Abgeordneten dafür stimmen. Bei einigen Gesetzen, sogenannten Verfassungsbestimmungen, braucht es sogar eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Hier ist die Regierung, die zwar die Mehrheit besitzt, fast immer auch von (Teilen) der Opposition abhängig.

Die Kontrolle der Regierung funktioniert etwa durch schriftliche oder dringliche Anfragen. Die Abgeordneten können so Auskünfte von den MinisterInnen über deren Arbeit verlangen. Der Nationalrat kann außerdem die Regierung jederzeit mit einem Misstrauensvotum stürzen. Dafür muss die Mehrheit einem Misstrauensantrag gegen ein Regierungsmitglied oder die gesamte Bundesregierung zustimmen. Ohne einen Partner aus der Koalition ist dies aber rechnerisch nicht möglich.

Bei Bedarf gibt es außerdem Untersuchungsausschüsse, um die politische Verantwortung von Mitgliedern der Bundesregierung und bestimmter Vorgänge in der Bundesverwaltung zu prüfen.

❓ Wer sitzt im Nationalrat?

Im Parlament sollen möglichst alle Interessen der Bevölkerung vertreten sein. Deshalb werden die Sitze im Nationalrat im Verhältnis der bei der Wahl erhaltenen Stimmen auf die politischen Parteien verteilt.

❓ Wie arbeitet der Nationalrat?

Die 183 Abgeordneten treffen sich regelmäßig, meist an zwei oder drei Tagen pro Monat, zu Sitzungen im Parlament. Dabei wird diskutiert und über Gesetzesvorschläge abgestimmt. Bei den Debatten kommen alle Parteien zu Wort. Zur detaillierten Beratung über geplante Gesetze gibt es für einzelne Themen Ausschüsse, die aus kleineren Gruppen von Abgeordneten aller Parteien bestehen. Nachdem es eine Mehrheit für einen Gesetzesvorschlag im Ausschuss gibt, wird im Plenum – der Sitzung mit allen Abgeordneten – noch einmal darüber diskutiert und abgestimmt.

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❓ Und was ist der Bundesrat?

Das Parlament besteht aus zwei Kammern. Der Nationalrat ist eine davon, die zweite, kleinere Kammer heißt Bundesrat. Die Mitglieder werden nicht gewählt, sondern von den Landtagen der neun Bundesländer entsandt. Daher wird er auch Länderkammer genannt. Die Nationalratswahl hat also keinen direkten Einfluss auf die Zusammensetzung des Bundesrats. Der Bundesrat bekommt alle Gesetzesbeschlüsse des Nationalrats übermittelt. Er kann dagegen Einspruch erheben, Gesetzesbeschlüsse aber in der Regel nicht verhindern, sondern nur aufschieben. (TT.com, APA)

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